Donnerstag, 9. April 2020

Annäherungen an Karfreitag- was das Kreuz Christi uns über das Wesen des Staates offenbart

Jeder meint zu wissen, was der Staat ist. Würde aber nachgefragt, was denn ein Rechts- mit einem Unrechtsstaat gemein habe, denn beides seien doch wohl Staatsformen, die auf einen gemeinsamen Gehalt verweisen, das Staatssein, dann beginnt das Nachdenken. Wird in Geschichtsbüchern geblättert, eine Vielfalt von Staatsformen erblicken wir da, aber was ist das, was diese Mannigfaltigkeit zu Erscheinungen des Staates macht, was die staatliche Substanz?
Davon ist nun zu distinguieren die Frage, ob der Staat sein soll und wie er zu sein hat. Es gibt aber neben dem Raum des Seins: Was etwas ist?, dem Raum des: Wie soll etwas sein?, auch noch den des Wünschens: Wie möge er doch sein?. Das Denken ist eben ein indikativisches, ein imperativisches oder ein optativisches.
Ein Experiment: Was hätte es für die Bedeutung des Karfreitages für Auswirkungen, wenn der Staat in der Gestalt des Pontius Pilatus nicht mitgewirkt hätte, wenn also Jesus Christus etwa wie der erste christliche Märtyrer von einer Menschenmenge in Form der Lynchjustiz gesteinigt worden und wenn er dann drei Tage nach seiner Steinigung auferstanden wäre von den Toten?
Er wäre ein Opfer basisdemokratischer Lynchjustiz geworden und Gott hätte dann dies Opfer dieser Lynchjustiz auferstehen lassen. Er wäre einfach nur ein Opfer des aufgewiegelten Hasses gewesen. Es wäre höchstens noch zu fragen, wie Jesu Verkündigung und Wirken so viel Haß gegen ihn evozieren konnte.
Eines wäre aber ausgeschlossen, daß dieser Steinigungstod irgendetwas mit menschlicher oder gar göttlicher Gerechtigkeit zu tuen hätte. Aber nun spielt der Staat in der Gestalt Pontius Pilatus in dem Karfreitagsdrama eine gewichtige Rolle, wie uns ein Blick in die Passionserzählungen des Neuen Testamentes zeigt. Es wird jetzt Pontius Pilatus nicht in seiner privaten Individualität erörtert, sondern nur als Amtsperson, den hier wirkt er nicht privat sondern als Amtsperson.Und damit wird das Karfreitagsgeschehen in einen ganz anderen Raum hineingestellt, den der staatlichen Gerichtsbarkeit. Es geht um den Staat als Rechtssprechender und Verurteilender.
Das evoziert eine Frage: War es Recht, daß Jesus von Nazareth von dem staatlichen Richter zum Tode verurteilt worden. Damit entsteht eine Frage, die im Falle einer Steinigung zum Tode gar nicht erhoben werden kann, denn die Form der Lynchjustiz schließt die Frage nach der Gerechtigkeit aus. Pilatus stand also vor der Entscheidung, Jesus als schuldig zu verurteilen oder als unschuldig freizulassen, ihn so zu töten oder ihm das Leben zu gewähren.Woher hat der Staat, nicht die Rotte der Lyncher das Recht, so über Leben und Tod eines Angeklagten zu urteilen? Ist das nicht das Vorrecht Gottes, daß er allein der Herr über den Menschen ist, daß er ihn zu Tode verurteilen oder freisprechen darf? Hier muß die christliche Religion eindeutig urteilen, daß das nur Gott als dem Schöpfer und Herren des Menschen zukommt.Aber was Gott allein zukommt, an dieser Vollmacht kann Gott andere als sich selbst partizipieren lassen. So wie Gott, der allein Sünden vergeben kann, an dieser Vollmacht seine Kirche partizipieren lassen kann, in der Priesterweihe überträgt Gott dem Weihekandidaten diese Partizipation an dieser Vollmacht, so läßt Gott auch den Staat an seiner Vollmacht, zu Tode verurteilen zu können und zu dürfen, partizpieren. Darum sagt der angeklagte Jesus zum weltlichen Richter, daß der keine Macht über ihn hätte, ihn zum Tode zu verurteilen, wenn er sie nicht von Gott bekommen hätte.Gott gab die Vollmacht zum Richten dem Staat und so ist er ein Rechtsstaat, er urteilt im Auftrage Gottes. Sein Ur-und Verurteilen findet im Raum des Rechtes statt.
Verurteilte der staatliche Richter Jesus Christus zu Recht zu Tode? Die spontane Antwort: natürlich nicht, denn dieser Angeklagte war ganz frei von jeder Schuld. Pilatus erklärte das ja selbst, daß er an diesem Angeklagten nichts Verbrecherisches fände. Ein Unschuldiger wird so zu Tode verurteilt, aber Gott erweckt ihn dann vom Tode. Ist das die Kernaussage von Karfreitag und Ostern? Mitnichten:Ostern sagt nicht, daß Gott zu Unrecht zu Tode Verurteilte die Hoffnung auf eine Auferstehung gibt!
Jesus Christus ist nämlich nicht der Unschuldige, hat er doch alle Sünde der Welt auf sich genommen, hat er die Strafe erlitten wollen, die die ganze Menschheit hätte erleiden müssen. Gottes Strafgerechtigkeit verlangt eben die Strafe für das Sündigen gegen ihn, also die Bestrafung der Sünder.Nur, daß jetzt anstatt der sündigen Menschheit Jesus am Kreuze hängt, damit er die uns geltende göttliche Strafe abbüßt.Wenn hat Pontius Pilatus also zu Tode verurteilt? Den, den Gott dazu bestimmt hatte, stellvertretend für alle Menschen den ihr geltenden Straftod zu erleiden.
So paradox auch klingen muß: Indem der staatliche Richter den Unschuldigen zu Tode verurteilte, verurteilte er denn, den er nach dem Willen Gottes zu Tode verurteilen sollte, weil dieser als Unschuldiger die Schuld aller auf sich nahm und so die Strafe aller selbst erlitt.
Der Staat diente so der göttlichen Gerechtigkeit,dazu hat ihm Gott die Vollmacht gegeben. Daß der Kreuzestod Jesu Christi eine Akt im Raume der Gerechtigkeit war, das zeigt uns Pontius Pilatus Mitwirken an der Kreuzigung. Daß hier recht geurteilt worden ist- wider dem spontanen unmittelbaren Eindruck eines Willkürurteiles staatlicher Justiz-das offenbart sich erst, wenn begriffen wird, daß hier der Sohn Gottes das göttliche Strafgericht auf sich nimmt, daß der Gerechtigkeit halber allen Menschen gegolten hätte.
Die metaphysische Substanz des Staates ist so, daß er von Gott her bevollmächtigt ist, als Schwertgewalt Recht zu sprechen, freizusprechen, aber auch zu verurteilen, ja auch um der göttlichen Strafgerechtigkeit willen zu Tode zu verurteilen. Und Pilatus zeigt so, daß am Kreuze göttliches Recht gesprochen wurde. Denn wie stünde es um uns, wenn Pontius Pilatus den angeklagten Jesus Christus freigesprochen hätte? Wir wären nicht erlöst, lebten weiter unter dem Zorne Gottes! 

Corollarium 1
Was immer wir Christen schon meinen, über den Staat zu wissen, was er ist, worum er ist etc, letzte Klarheit verschafft uns erst die Betrachtung von Pontius Pilatus, denn er tat, wozu der Staat von Gott her ist. Es zeigt aber auch einen bedenkliche Degeneration des Staates, verzichtet er auf das Recht der Todesstrafe. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen