Samstag, 11. April 2020

Was tat Gott am Karfreitag? Oder der wegzensierte Gott

Es ist relativ leicht, zu rekonstruieren, wie es zu der Kreuzigung Jesu kam und die Motive dieser Tat zu eruieren. Zu berücksichtigen ist dabei selbstredend, daß die Verantwortlichkeit von Juden für die Kreuzigung gegen die klaren Aussagen der Evangelien zurückgestellt und die Verantwortlichkeit der Römischen Obrigkeit hervorzuheben sind ob der Verpflichtung der neutestamentlichen Exegese zum Philosemitismus. Als oberster Grundsatz gilt dabei, daß jedes Ereignis in der Geschichte weltimmanent zu erklären sei, daß die Welt also ein in sich geschlossener Kosmos sei, in dem nichts von Außerhalb, nichts Jenseitiges hineinwirken könne. So hat Gott selbst nur die Ermöglichungsgründe für alle kontingenten Ereignisse der Welt gesetzt, aber dann alles dem freien Spiel der Welt überlassen.
So könnte gesagt werden, daß Jesu Verkündigung in Wort und Tat (=sein Evangelium) ihm so wichtig war, daß er auch angesichts der Gefahr, um dieser Verkündigung willen getötet zu werden, aus Neid von den Oberen der Juden und aus einem politischem Mißverstehen heraus durch die Römische Besatzungsmacht, ihn nicht davon abhielt, weiter zu verkündigen. Darum wollten die Mächtigen seiner Zeit seinen Tod, gerade weil er beim Volke ankam, Volksmassen ihm zuströmten. Mit Gott habe das gar nichts zu tuen und warum Jesus, der so wundermächtig war, er war ja Gottes Sohn, sich kreuzigen ließ, bleibt dann auch völlig unbegreiflich. Als Erklärung bleibt da nur übrig, daß auch er nur ein bloßer Mensch war, der erst nach Ostern von den urchristlichen Gemeinden zu einem Gott, zu Gottes Sohn befördert worden sei. Er war eben einfach nicht stark genug, sich der Römischen Staatsgewalt zu entziehen.
Dies Grundmodell läßt sich nun unendlich variieren, mit beliebigen Details ausschmücken,aber im Kern stehen diese 2 Aussagen:
1.Das Kreuz Christi ereignete sich ohne Gott.
2.Jesus starb unfreiwillig am Kreuze.
Ergo, das Kreuz Christi hat eigentlich keine religiöse Bedeutung, es zeigt nur an, wie grausam Mächtige der Welt gegen ihnen nicht Genehme vorgehen können. Das Anliegen ist dabei, weil Gott nur noch als: „Ich hab euch alle lieb Gott“ gedacht werden darf, alles Negative, wie etwa das Kreuz Christi, das Leiden in der Welt oder jetzt auch die Coronaseuche von Gott fernzuhalten und so alles Negative als rein weltimmanent Erklärbares zu qualifizieren. So ist es kein Wunder, daß Anselm von Canterburys Kreuzestheologie, Gott wollte, daß sein Sohn am Kreuze starb für die Genugtuung der Sünden der Menschen in den Karfreitagspredigten die meist diskreditierte Theologie ist.
Aber was tat Gott dann, bevor er seinen Sohn wieder auferweckte am Ostermorgen? Das, was er immer tut, weil er immer nur liebt! Er liebte! Gott soll also seinen Sohn väterlich geliebt haben und ihn dann doch nicht vom Kreuze bewahrt haben, obschon ihm das als Allmächtigem möglich war? Was hielten wir von der Liebe eines Vaters, sähe er, wie seine Tochter vergewaltigt wird vor seinen Augen, er bewaffnet mit einer Pistole daneben stehend aber den Vergewaltiger seine Tochter töten ließ, um nur zu murmeln: „Meine Tochter liebe ich!“? Wäre das nicht unvereinbar mit jeder väterlichen Liebe? Aber die zeitgenössische Liebestheologie mutet uns zu, Gottes Nichtrettung seines eigenen Sohnes als Akt seiner Liebe zu beurteilen.
Oder warum sollte es seitens Jesu ein Akt seiner Liebe sein, sich töten zu lassen? Aber dieser Kreuzestod ist noch abstruser, wenn davon auszugehen wäre, daß der Gott Jesu diesen Kreuzestod seines Sohnes gar nicht gewollt habe. Als Sohn Gottes war Jesus wie sein Vater allmächtig. Wenn er so den Kreuzestod erlitt, konnte er ihn gar nicht gegen seinen Willen erleiden, denn wie vermöchten Menschen etwas gegen den göttlichen allmächtigen Willen? Er erlitt das Kreuz also freiwillig. Darf ein Mensch den den Tod freiwillig erleiden wollen, wenn er die Möglichkeit hätte, sein Leben zu retten? Imaginiere man sich diesen Fall: Ein Mann, stark gehbehindert, humpelt auf einen anderen Mann zu, mit einem Dolch in der Hand: „Jetzt töte ich dich!“ und der bliebe stehen und ließe sich abstechen. Verbietet nicht schon das Gebot der Selbstliebe, sich so ermorden zu lassen und verlangte nicht das Gebot der Nächstenliebe, den Mann an der Ermordung zu hindern, ihn von dieser Sünde abzuhalten? Aber bei Jesus soll es ein Akt der Liebe sein, sich freiwillig töten zu lassen und die Anderen nicht daran zu hindern, ihn zu töten? Ist das nicht mehr als absurd?
Das Kreuz Christi muß zu einem völlig absurden Ereignis werden, wenn präsumiert wird, daß Gott als Allmächtiger und Liebender nur vom Himmel zuschaut, wie sein Sohn getötet wird und wenn gesagt wird, daß sein Sohn, obgleich allmächtig, sich freiwillig von Menschen töten ließ und wozu das alles? Mit irgendeiner irgendwie gearteten Liebe kann das gar nichts zu tuen haben.
Der Irrtum ist der des Anfanges, daß Gott eben nicht nur der der Liebe sondern auch der der Gerechtigkeit ist.Nicht die göttliche Liebe sondern die göttliche Gerechtigkeit verlangt die Strafe für die Sünden, daß aber Gottes Sohn am Kreuze starb und nicht die ganze Menschheit Gott zum ewigen Tode verurteilte, das ist die Tat der göttlichen Liebe. So wolle Gott den Kreuzestod seines Sohnes, darum wurde er Mensch und diente Gott als der wahre Hohepriester, der sich selbst Gott als Sühnopfer darbrachte auf seinem Kreuzesaltar.

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