Es
ist relativ leicht, zu rekonstruieren, wie es zu der Kreuzigung Jesu
kam und die Motive dieser Tat zu eruieren. Zu berücksichtigen ist
dabei selbstredend, daß die Verantwortlichkeit von Juden für die
Kreuzigung gegen die klaren Aussagen der Evangelien zurückgestellt
und die Verantwortlichkeit der Römischen Obrigkeit
hervorzuheben sind ob der Verpflichtung der
neutestamentlichen Exegese zum Philosemitismus. Als oberster
Grundsatz gilt dabei, daß jedes Ereignis in der Geschichte
weltimmanent zu erklären sei, daß die Welt also ein in sich
geschlossener Kosmos sei, in dem nichts von Außerhalb, nichts
Jenseitiges hineinwirken könne. So hat Gott selbst nur die
Ermöglichungsgründe für alle kontingenten Ereignisse der Welt
gesetzt, aber dann alles dem freien Spiel der Welt überlassen.
So
könnte gesagt werden, daß Jesu Verkündigung in Wort und Tat
(=sein Evangelium) ihm so wichtig war, daß er auch angesichts der
Gefahr, um dieser Verkündigung willen getötet zu werden, aus Neid
von den Oberen der Juden und aus einem politischem Mißverstehen
heraus durch die Römische Besatzungsmacht, ihn nicht davon abhielt,
weiter zu verkündigen. Darum wollten die Mächtigen seiner Zeit
seinen Tod, gerade weil er beim Volke ankam, Volksmassen ihm
zuströmten. Mit Gott habe das gar nichts zu tuen und warum Jesus,
der so wundermächtig war, er war ja Gottes Sohn, sich kreuzigen
ließ, bleibt dann auch völlig unbegreiflich. Als Erklärung bleibt
da nur übrig, daß auch er nur ein bloßer Mensch war, der erst nach
Ostern von den urchristlichen Gemeinden zu einem Gott, zu Gottes
Sohn befördert worden sei. Er war eben einfach nicht stark genug,
sich der Römischen Staatsgewalt zu entziehen.
Dies
Grundmodell läßt sich nun unendlich variieren, mit beliebigen
Details ausschmücken,aber im Kern stehen diese 2 Aussagen:
1.Das
Kreuz Christi ereignete sich ohne Gott.
2.Jesus
starb unfreiwillig am Kreuze.
Ergo,
das Kreuz Christi hat eigentlich keine religiöse Bedeutung, es zeigt
nur an, wie grausam Mächtige der Welt gegen ihnen nicht Genehme
vorgehen können. Das Anliegen ist dabei, weil Gott nur noch als:
„Ich hab euch alle lieb Gott“ gedacht werden darf, alles
Negative, wie etwa das Kreuz Christi, das Leiden in der Welt oder
jetzt auch die Coronaseuche von Gott fernzuhalten und so alles
Negative als rein weltimmanent Erklärbares zu qualifizieren. So ist
es kein Wunder, daß Anselm von Canterburys Kreuzestheologie, Gott
wollte, daß sein Sohn am Kreuze starb für die Genugtuung der Sünden
der Menschen in den Karfreitagspredigten die meist diskreditierte
Theologie ist.
Aber
was tat Gott dann, bevor er seinen Sohn wieder auferweckte am
Ostermorgen? Das, was er immer tut, weil er immer nur liebt! Er
liebte! Gott soll also seinen Sohn väterlich geliebt haben und ihn
dann doch nicht vom Kreuze bewahrt haben, obschon ihm das als
Allmächtigem möglich war? Was hielten wir von der Liebe eines
Vaters, sähe er, wie seine Tochter vergewaltigt wird vor seinen
Augen, er bewaffnet mit einer Pistole daneben stehend aber den
Vergewaltiger seine Tochter töten ließ, um nur zu murmeln: „Meine
Tochter liebe ich!“? Wäre das nicht unvereinbar mit jeder
väterlichen Liebe? Aber die zeitgenössische Liebestheologie mutet
uns zu, Gottes Nichtrettung seines eigenen Sohnes als Akt seiner
Liebe zu beurteilen.
Oder
warum sollte es seitens Jesu ein Akt seiner Liebe sein, sich töten
zu lassen? Aber dieser Kreuzestod ist noch abstruser, wenn davon
auszugehen wäre, daß der Gott Jesu diesen Kreuzestod seines Sohnes
gar nicht gewollt habe. Als Sohn Gottes war Jesus wie sein Vater
allmächtig. Wenn er so den Kreuzestod erlitt, konnte er ihn gar
nicht gegen seinen Willen erleiden, denn wie vermöchten Menschen
etwas gegen den göttlichen allmächtigen Willen? Er erlitt das Kreuz
also freiwillig. Darf ein Mensch den den Tod freiwillig erleiden
wollen, wenn er die Möglichkeit hätte, sein Leben zu retten?
Imaginiere man sich diesen Fall: Ein Mann, stark gehbehindert,
humpelt auf einen anderen Mann zu, mit einem Dolch in der Hand:
„Jetzt töte ich dich!“ und der bliebe stehen und ließe sich
abstechen. Verbietet nicht schon das Gebot der Selbstliebe, sich so
ermorden zu lassen und verlangte nicht das Gebot der Nächstenliebe,
den Mann an der Ermordung zu hindern, ihn von dieser Sünde
abzuhalten? Aber bei Jesus soll es ein Akt der Liebe sein, sich
freiwillig töten zu lassen und die Anderen nicht daran zu hindern,
ihn zu töten? Ist das nicht mehr als absurd?
Das
Kreuz Christi muß zu einem völlig absurden Ereignis werden, wenn
präsumiert wird, daß Gott als Allmächtiger und Liebender nur vom
Himmel zuschaut, wie sein Sohn getötet wird und wenn gesagt wird,
daß sein Sohn, obgleich allmächtig, sich freiwillig von Menschen
töten ließ und wozu das alles? Mit irgendeiner irgendwie gearteten
Liebe kann das gar nichts zu tuen haben.
Der
Irrtum ist der des Anfanges, daß Gott eben nicht nur der der Liebe
sondern auch der der Gerechtigkeit ist.Nicht die göttliche Liebe
sondern die göttliche Gerechtigkeit verlangt die Strafe für die
Sünden, daß aber Gottes Sohn am Kreuze starb und nicht die ganze
Menschheit Gott zum ewigen Tode verurteilte, das ist die Tat der
göttlichen Liebe. So wolle Gott den Kreuzestod seines Sohnes, darum
wurde er Mensch und diente Gott als der wahre Hohepriester, der sich
selbst Gott als Sühnopfer darbrachte auf seinem Kreuzesaltar.
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