Daß
ein Mensch ohne zu essen und zu trinken, nicht leben kann, ist eine
unbe-streitbare Tatsache, daß die tapferen Gallier nur den sie
bedrängenden Römer widerstehen können, wenn sie ihren Zaubertrank
zu sich genommen haben,eine dagegen nur literarisch Gebildeten
bekannt, aber wie verhält es sich Essen und Trinken zum ewigen
Leben?
„Jesus
aber sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr das
Fleisch des Menschensohnes nicht essen und sein Blut nicht trinken
werdet, so werdet ihr das Leben nicht in euch haben. Wer mein Fleisch
ißt und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben.“ Joh 6,54f
Der
Sohn Gottes verheißt so nun dem, der sein Fleisch ißt und sein Blut
trinkt,das ewige Leben. Er ist wahrer Gott und wahrer Mensch. Das
Fleisch und das Blut,von dem hier der Erlöser spricht, das kann nur
das Fleisch und das Blut seiner menschlichen Natur sein, denn es gibt
kein göttliches Fleisch und Blut, da Gott und auch der Sohn Gottes
rein geistig sind. Wie kann nun das Essen und Trinken von rein
menschlichen Fleisch und Blut ewiges Leben erwirken? Das kann aber
nur das Fleisch und Blut Christi, nicht jedes Fleisch und Blut.
Eine
mögliche Antwort könnte lauten, daß Gott selbst jedem das ewige
Leben gewährt, wenn er die Bedingung, daß er das Fleisch und das
Blut Christi aufnimmt. Dann wäre nicht dies Essen und Trinken
ursächlich für das ewige Leben, sondern Gott belohnte für dies
Essen und Trinken mit dem ewigen Leben.Das gleiche Problem besteht
bei den Wundern von Heiligen: Gab Gott ihnen das Vermögen, Wunder zu
wirken oder wirkt sie Gott um der Heiligen willen? Das Wunder der
Wandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi wirkt ja
der Priester selbst kraft seiner Vollmacht, die ihm durch die Weihe
vermittelt worden ist.Nicht wirkt es Gott, weil der Priester ihn
darum bittet.
Frägt
der Psalm 15, wie muß der Mensch beschaffen sein, um in das
Heiligtum Gottes eintreten zu dürfen, expliziert Jesus dann diese
Einlaßbedingungen für das Reich Gottes in das ewige Leben in seiner
Bergpredigt, dann würde uns hier eine Alternatívweg in das ewige
Leben offenbart.
Eine
andere mögliche Deutung: wie das Essen und Trinken unser irdisches
Leben ermöglicht, ursächlich, denn ohne dies stürben wir, so wirkt
dies besondere Essen und Trinken das ewige Leben. Der klassische
Ausdruck dafür: daß dies Sakrament die Medizin zur Unsterblichkeit
ist. Durch die „Krankheit“ der Erbsünde sind wir zum
Sterbenmüssen infiziert, und diese Medizin, Jesu Blut und Fleisch
heilt diese Krankheit zum Tode in uns, sodaß wir wieder das ewige
Leben in uns haben, wie es Adam und Eva in sich hatten, bevor sie
durch ihre Sünde dies Leben verloren. Aber wie kann das Fleisch und
das Blut Christi dies erwirken? Als Sohn Gottes, als göttlicher
Logos ist er das „Brot des Lebens“ von „Oben“, von Gott, wie
es das Johannesevangelium sagt, aber sein Fleisch und sein Blut, das
hat er doch nicht von „Oben“, sondern von seiner Mutter Maria.
Kann denn sein rein menschliches Fleisch und Blut das ewige Leben
wirken? Was qualifiziert dann sein Fleisch und sein Blut so, daß es
sich von allem anderen menschlichen Fleisch und Blut distinguiert?
In
Schauerromanen trifft man gelegentlich auf die Vorstellung, daß
Menschen, um eine Art des ewigen Lebens zu erlangen, das Blut
Unschuldiger, oft von Jungfrauen trinken, um so dies Ziel zu
erreichen- eine Negativumkehrung des Glaubens an die Wirkkraft der
Eucharistie, die so wieder ein Licht auf die Ursprungsvorstellung
erlaubt. Das sein Fleisch und sein Blut Qualifizierendes wäre dann
entweder sein Freisein von der Erbkrankheit oder seine Nähe zum
Göttlichen, daß Jesus in einer Person wahrer Gott und wahrer Mensch
ist, oder auch Beides.Das so qualizierte Fleisch und Blut hätte so
diese Wirkkraft.
Eine
ganz andere Lösung gibt es im Reformiertentum: Hier wird „essen“
und „trinke“ einfach als anderer Ausdruck für den Glauben
verstanden. Wer Jesus Christus glaubt, der hat das ewige Leben. Somit
habe die Eucharistiefeier mit dem hier von Jesus Expliziertem gar
nichts zu tuen. Bultmann, hier dieser „Lösung“ folgend, erklärt
nun, daß der johanneische Jesus so wie die Reformierten gelehrt
habe, daß dann aber redaktionell diese Aussage 6,54 hinzugefügt
worden sei, um die sich im Urchristentum herauskristallisierende
Lehre von der Eucharistie als Medizin zur Unsterblichkeit
hinzuzufügen. Damit versucht dieser Exeget auch eine Lösung für
die Spannung innerhalb des Johannesevangelium, daß einerseits gesagt
wird, wer Jesus Christus glaubt, hat das ewige Leben und der Aussage,
wer dies Sakrament empfängt, hat das ewige Leben. Soll nun eine der
beiden Conditionen hinreichen oder sind beide zu erfüllen: nur wer
glaubt und ißt und trinkt sein Fleisch und sein Blut, hat das ewige
Leben. Das Problem verschiebt nun Bultmann, indem er für den Jesus
des Johannes den Glauben als hinreichend bestimmt (in Ähnlichkeit
zur gnostischen Erlösungsvorstellung durch die Erkenntnis des
Erlösers als von „Oben“ herkommend),und für die
kirchlich-redaktionelle Ergänzung, daß das ewige Leben von diesem
Sakrament ahhängig sei. Aber was ist dann die Aussage des
Gesamttextes:Hier schweigt der Exeget.
Augenfällig
ist ja auch, daß dies Evangelium die Lehre von der Eucharistie im
6.Kapitel expiziert, so weit vom Karfreitag entfernt und daß dann,
wo bei Paulus und den anderen Evangelisten die Einsetzung der
Eucharistiefeier zu stehen kommt, dies Evangelium den Akt der
Fußwaschung erzählt. Das ist kein Zufall: Das Heilbringende der
Eucharistie bestimmt dies Evangelium von dem „Woher“ des
Erlösers, daß er der von „Oben“ Kommende ist, dagegen die
anderen von dem Kreuze Christi her, daß wir Anteil bekommen an ihm
als den Aufgeopferten.
Verändert
sich nun das Ganze, wenn statt vom Fleische und Blute Christi von ihm
als ganzer Person in den konsekrierten Elementen der Eucharistie
Gegenwärtigem gesprochen wird: uns begegne in der Eucharistie Jesus
oder schwächer: seine Liebe zu uns? Es drängt sich dabei der
Verdacht auf, daß, so wie es keine „Blutwurst“ mehr in
Verbrauchermärkten zu kaufen gibt, sondern nur noch Rot- oder
Fleischwurst aus Rücksicht auf die verzärtelten Nervenkostüme der
heutigen Kundschaft (Dekadenz), so auch nicht mehr vom Blute Christi
geredet wird. „Da begegnet uns Jesu Liebe“ klingt dagegen doch
nach einem schönen Liebesfilm mit „Happy End“ Garantie
(Rosamunde Pilcher) Aber bei einer Begegnung bleiben die sich
Begegnenden sich äußerlich, es bleibt die Differenz zwischen dem
Ich und dem Du, der immer der Andere bleibt. Erst in dem Akt der
Liebe verschmelzen die Zwei zu Eins und das ist dann keine Begegnung
mehr. Wie könnte dann aber eine Begegnung ewiges Leben wirken?
Nur, wenn der, dem Jesus begegnet, an ihn glaubt und so er das ewige
Leben bekommt. Das wäre dann die reformierte Auffassung.
Anders
verhielte es sich, wenn nun gefolgert würde, daß in der Kommunion
das Blut und das Fleisch Christi für den ganzen Jesus Christus
stünden und daß der Essende und Trinkende so den Sohn Gottes als
Ganzes in sich aufnähme zum ewigen Leben.
In
jedem gut sortimentierten Verbrauchermarkt gibt es die „Götterspeise“
zum Ankauf. Kaufte und äße man nun diese mehr als wohlschmeckende
Süßspeise nicht, ohne über das Genossene sich Gedanken zu machen,
so stieße man auf ein Meer an geradezu metaphysischer Fragen. Ist
das eine Speise von oder für Götter? Die Antwort, eine von Göttern
könnte uns zu dieser Analogie verhelfen: Weil diese Speise so
göttlich ist, mundet sie mehr als jede andere, und so ist auch das,
was wir in der Eucharstie empfangen göttlich und bewirkt so
Übernatürliches, eben das ewige Leben. Die Eucharistie lebte so von
dem Dualismus von: natürlich zu übernatürlich. Essen ud trinken
wir Natürliches, verbleiben wir in dem Raum des Sterbenmüssens,
essen und trinken wir Übernatürliches, werden wir versetzt in den
Raum des Übernatürlichen und leben so ewig. Der Sohn Gottes als
Übernatürlicher wurde zu etwas Natürlichem, einem Mensch aus
Fleisch und Blut, damit er als Übernatürlicher in seiner Einheit
mit dem Natürlichem gegessen und getrunken werden kann zu unserem
Heile.
Zusatz:
Eines sollten wir aber bedenken, daß wir die hl. Kommunion nicht genauso gedankenlos wie die wohlschmeckende "Götterspeise" konsumieren sollten!
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