Mittwoch, 29. April 2020

Irritierendes: Essen und Trinken und das ewige Leben


Daß ein Mensch ohne zu essen und zu trinken, nicht leben kann, ist eine unbe-streitbare Tatsache, daß die tapferen Gallier nur den sie bedrängenden Römer widerstehen können, wenn sie ihren Zaubertrank zu sich genommen haben,eine dagegen nur literarisch Gebildeten bekannt, aber wie verhält es sich Essen und Trinken zum ewigen Leben?
Jesus aber sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und sein Blut nicht trinken werdet, so werdet ihr das Leben nicht in euch haben. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben.“ Joh 6,54f

Der Sohn Gottes verheißt so nun dem, der sein Fleisch ißt und sein Blut trinkt,das ewige Leben. Er ist wahrer Gott und wahrer Mensch. Das Fleisch und das Blut,von dem hier der Erlöser spricht, das kann nur das Fleisch und das Blut seiner menschlichen Natur sein, denn es gibt kein göttliches Fleisch und Blut, da Gott und auch der Sohn Gottes rein geistig sind. Wie kann nun das Essen und Trinken von rein menschlichen Fleisch und Blut ewiges Leben erwirken? Das kann aber nur das Fleisch und Blut Christi, nicht jedes Fleisch und Blut.
Eine mögliche Antwort könnte lauten, daß Gott selbst jedem das ewige Leben gewährt, wenn er die Bedingung, daß er das Fleisch und das Blut Christi aufnimmt. Dann wäre nicht dies Essen und Trinken ursächlich für das ewige Leben, sondern Gott belohnte für dies Essen und Trinken mit dem ewigen Leben.Das gleiche Problem besteht bei den Wundern von Heiligen: Gab Gott ihnen das Vermögen, Wunder zu wirken oder wirkt sie Gott um der Heiligen willen? Das Wunder der Wandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi wirkt ja der Priester selbst kraft seiner Vollmacht, die ihm durch die Weihe vermittelt worden ist.Nicht wirkt es Gott, weil der Priester ihn darum bittet.
Frägt der Psalm 15, wie muß der Mensch beschaffen sein, um in das Heiligtum Gottes eintreten zu dürfen, expliziert Jesus dann diese Einlaßbedingungen für das Reich Gottes in das ewige Leben in seiner Bergpredigt, dann würde uns hier eine Alternatívweg in das ewige Leben offenbart.
Eine andere mögliche Deutung: wie das Essen und Trinken unser irdisches Leben ermöglicht, ursächlich, denn ohne dies stürben wir, so wirkt dies besondere Essen und Trinken das ewige Leben. Der klassische Ausdruck dafür: daß dies Sakrament die Medizin zur Unsterblichkeit ist. Durch die „Krankheit“ der Erbsünde sind wir zum Sterbenmüssen infiziert, und diese Medizin, Jesu Blut und Fleisch heilt diese Krankheit zum Tode in uns, sodaß wir wieder das ewige Leben in uns haben, wie es Adam und Eva in sich hatten, bevor sie durch ihre Sünde dies Leben verloren. Aber wie kann das Fleisch und das Blut Christi dies erwirken? Als Sohn Gottes, als göttlicher Logos ist er das „Brot des Lebens“ von „Oben“, von Gott, wie es das Johannesevangelium sagt, aber sein Fleisch und sein Blut, das hat er doch nicht von „Oben“, sondern von seiner Mutter Maria. Kann denn sein rein menschliches Fleisch und Blut das ewige Leben wirken? Was qualifiziert dann sein Fleisch und sein Blut so, daß es sich von allem anderen menschlichen Fleisch und Blut distinguiert?
In Schauerromanen trifft man gelegentlich auf die Vorstellung, daß Menschen, um eine Art des ewigen Lebens zu erlangen, das Blut Unschuldiger, oft von Jungfrauen trinken, um so dies Ziel zu erreichen- eine Negativumkehrung des Glaubens an die Wirkkraft der Eucharistie, die so wieder ein Licht auf die Ursprungsvorstellung erlaubt. Das sein Fleisch und sein Blut Qualifizierendes wäre dann entweder sein Freisein von der Erbkrankheit oder seine Nähe zum Göttlichen, daß Jesus in einer Person wahrer Gott und wahrer Mensch ist, oder auch Beides.Das so qualizierte Fleisch und Blut hätte so diese Wirkkraft.

Eine ganz andere Lösung gibt es im Reformiertentum: Hier wird „essen“ und „trinke“ einfach als anderer Ausdruck für den Glauben verstanden. Wer Jesus Christus glaubt, der hat das ewige Leben. Somit habe die Eucharistiefeier mit dem hier von Jesus Expliziertem gar nichts zu tuen. Bultmann, hier dieser „Lösung“ folgend, erklärt nun, daß der johanneische Jesus so wie die Reformierten gelehrt habe, daß dann aber redaktionell diese Aussage 6,54 hinzugefügt worden sei, um die sich im Urchristentum herauskristallisierende Lehre von der Eucharistie als Medizin zur Unsterblichkeit hinzuzufügen. Damit versucht dieser Exeget auch eine Lösung für die Spannung innerhalb des Johannesevangelium, daß einerseits gesagt wird, wer Jesus Christus glaubt, hat das ewige Leben und der Aussage, wer dies Sakrament empfängt, hat das ewige Leben. Soll nun eine der beiden Conditionen hinreichen oder sind beide zu erfüllen: nur wer glaubt und ißt und trinkt sein Fleisch und sein Blut, hat das ewige Leben. Das Problem verschiebt nun Bultmann, indem er für den Jesus des Johannes den Glauben als hinreichend bestimmt (in Ähnlichkeit zur gnostischen Erlösungsvorstellung durch die Erkenntnis des Erlösers als von „Oben“ herkommend),und für die kirchlich-redaktionelle Ergänzung, daß das ewige Leben von diesem Sakrament ahhängig sei. Aber was ist dann die Aussage des Gesamttextes:Hier schweigt der Exeget.

Augenfällig ist ja auch, daß dies Evangelium die Lehre von der Eucharistie im 6.Kapitel expiziert, so weit vom Karfreitag entfernt und daß dann, wo bei Paulus und den anderen Evangelisten die Einsetzung der Eucharistiefeier zu stehen kommt, dies Evangelium den Akt der Fußwaschung erzählt. Das ist kein Zufall: Das Heilbringende der Eucharistie bestimmt dies Evangelium von dem „Woher“ des Erlösers, daß er der von „Oben“ Kommende ist, dagegen die anderen von dem Kreuze Christi her, daß wir Anteil bekommen an ihm als den Aufgeopferten.

Verändert sich nun das Ganze, wenn statt vom Fleische und Blute Christi von ihm als ganzer Person in den konsekrierten Elementen der Eucharistie Gegenwärtigem gesprochen wird: uns begegne in der Eucharistie Jesus oder schwächer: seine Liebe zu uns? Es drängt sich dabei der Verdacht auf, daß, so wie es keine „Blutwurst“ mehr in Verbrauchermärkten zu kaufen gibt, sondern nur noch Rot- oder Fleischwurst aus Rücksicht auf die verzärtelten Nervenkostüme der heutigen Kundschaft (Dekadenz), so auch nicht mehr vom Blute Christi geredet wird. „Da begegnet uns Jesu Liebe“ klingt dagegen doch nach einem schönen Liebesfilm mit „Happy End“ Garantie (Rosamunde Pilcher) Aber bei einer Begegnung bleiben die sich Begegnenden sich äußerlich, es bleibt die Differenz zwischen dem Ich und dem Du, der immer der Andere bleibt. Erst in dem Akt der Liebe verschmelzen die Zwei zu Eins und das ist dann keine Begegnung mehr. Wie könnte dann aber eine Begegnung ewiges Leben wirken? Nur, wenn der, dem Jesus begegnet, an ihn glaubt und so er das ewige Leben bekommt. Das wäre dann die reformierte Auffassung.
Anders verhielte es sich, wenn nun gefolgert würde, daß in der Kommunion das Blut und das Fleisch Christi für den ganzen Jesus Christus stünden und daß der Essende und Trinkende so den Sohn Gottes als Ganzes in sich aufnähme zum ewigen Leben.

In jedem gut sortimentierten Verbrauchermarkt gibt es die „Götterspeise“ zum Ankauf. Kaufte und äße man nun diese mehr als wohlschmeckende Süßspeise nicht, ohne über das Genossene sich Gedanken zu machen, so stieße man auf ein Meer an geradezu metaphysischer Fragen. Ist das eine Speise von oder für Götter? Die Antwort, eine von Göttern könnte uns zu dieser Analogie verhelfen: Weil diese Speise so göttlich ist, mundet sie mehr als jede andere, und so ist auch das, was wir in der Eucharstie empfangen göttlich und bewirkt so Übernatürliches, eben das ewige Leben. Die Eucharistie lebte so von dem Dualismus von: natürlich zu übernatürlich. Essen ud trinken wir Natürliches, verbleiben wir in dem Raum des Sterbenmüssens, essen und trinken wir Übernatürliches, werden wir versetzt in den Raum des Übernatürlichen und leben so ewig. Der Sohn Gottes als Übernatürlicher wurde zu etwas Natürlichem, einem Mensch aus Fleisch und Blut, damit er als Übernatürlicher in seiner Einheit mit dem Natürlichem gegessen und getrunken werden kann zu unserem Heile. 

Zusatz:
Eines sollten wir aber bedenken, daß wir die hl. Kommunion nicht genauso gedankenlos wie die wohlschmeckende "Götterspeise" konsumieren sollten!  

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