Im
gesellschaftlichen Leben gab und gibt es immer verschiedene Sphären
des Lebens, die politische, die ökonomische, die kulturelle und
religöse, aber auch die private und familiäre. Was
Gesellschaftsformationen nun voneinander distinguiert,ist die
differente Verhältnisbestimmung dieser Sphären zueinander. Seit
Karl Marx gibt es nun den Versuch, die gesamte Menschheitsgeschichte
vom Primat der Ökonomie zu lesen: Immer war das Bestimmende die
Wirtschaft, die dann letztendlich auch die Sphären des sogenannten
Überbaues, das Wie des Staates, der Religion und der Kultur
bestimme.Auch die Privatsphäre unterliege diesem Primat der
Ökonomie.
Auch wenn
dies gewiß eine Verabsolutierung des Primates der Ökonomie
darstellt, so ist doch etwas zeitdiagnostisch Zutreffendes darin
enthalten: daß die Säkularisierung eben die Absetzung der Religion
mit ihrem Diskurs der Theologie als Primat ist und daß sich so erst
der Primat der Ökonomie abzeichnete in Konkurrenz zu den Ansprüchen
der Politik, daß dieser Diskurs der bestimmende sein solle.
Es wäre
nun reizvoll, dies ins Gespräch zu bringen mit der 3 Stadienlehre
von August Comte, dem theologischen, dem metaphysischen und dem
positivistischen Stadium. Es liegt wohl nahe, das positivistische mit
dem Primat der Ökonomie in Beziehung zu setzen in dem es nur noch
Quantitäten, meß- und zählbare gibt, wohingegen das metaphysische
Denken Qualitäten kennt, daß eben die Qualität eines Kunstwerkes
nicht identisch ist mit dem Preis, für den es verkaufbar ist.Ohne
eine Metaphysik kann es eben ein ästhetisches Qualitätsurteil, das
ist ein großes Kunstwerk!, nicht geben.
Wenn die
Gegenwart eindeutig durch den Primat der Ökonomie bestimmt ist,dann
muß es erstaunen, daß in der jetzigen Coronaepidemie der Primat der
Politik sich plötzlich global durchsetzt: Überall wird um der
Volksgesundheit willen die Wirtschaft heruntergefahren, auf das
Notwendige reduziert, weil nur so das Gut der Gesundheit geschützt
werden kann nach dem Urteil der Gesundheitsexperten. Ja, selbst die
Privatsphäre wird durch drastische staatliche Verordnungen
reglementiert, die Staaten greifen auch in die Sphäre der Religion
ein. Überall bringt so die Ordnung des Staates sich wieder in den
Diskurs der Wiegestaltung des gesellschaftlichen Lebens ein mit dem
Anspruch, daß dieser Ordnung der Primat zukommt, weil nur der Staat
das Organ ist, das das Allgemeinwohl in Konfliktsituationen mit
diversen Partikularinteressen durchsetzen kann. Die Ökonomie wird
plötzlich wieder zurückgedrängt seit dem wieder politisch regiert
wird.
Dies ist
ein genuin conservatives Anliegen, dem sowohl die liberale wie auch
die sozialistische Entscheidung zum Primat der Ökonomie
entgegensteht. Für Liberale wie auch für Sozialisten, zumindest für
radicale wie Lenin gilt, daß schlußendlich es die Sphäre des
Staates gar nicht zu geben bräuchte, wenn nur die Ökonomie liberal
vorgestellt marktwirtschaftlich oder kommunistisch organisiert wird.
Die Existenz des Staates signalisiert dann in beiden Fällen nur, daß
die Ökonomie noch nicht hinreichend sich verselbstständigt habe,
noch staatlicher Hilfe bedürfte.Gerade Lenin war es ja, der in
seinem grundlegenden Werk: „Staat und Revolution“ das Ende des
Staates proklamierte im Endsieg der sozialistischen Bewegung. Die
Emanzipation der Ökonomie von allen Fremdbestimmungen begann ja mit
ihrer Befreiung vom theologischen Diskurs, isb der Frage, ob das
Zinsnehmen moraltheologisch zu rechtfertigen sei. Jetzt nach der
vollzogenen Emanzipation der Ökonomie zeigt sich, daß nun sich auch
der theologische Diskurs dem Primat der Ökonomie unterordnet: Nur
was potentielle Kunden hören wollen, kann als Angebot der Kirche
noch Bestand haben.
Aber
jetzt erleben wir einen Einbruch in diesen schon angewöhnten Primat
der Ökonomie, denn die Politik meldet sich zurück.Wird die Welt
wieder politischer? Wie immer auch diese Coronakrise ausgehen wird,
die Rückkehr des Primates des Staates und des politischen Diskurses
wird nicht leicht wieder revidierbar sein. Das ist die Chance für
eine neue conservative Politik.
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