Mittwoch, 1. April 2020

Zum Kampf um das Primat in der Gesellschaft: Staat, Kirche und Ökonomie

Im gesellschaftlichen Leben gab und gibt es immer verschiedene Sphären des Lebens, die politische, die ökonomische, die kulturelle und religöse, aber auch die private und familiäre. Was Gesellschaftsformationen nun voneinander distinguiert,ist die differente Verhältnisbestimmung dieser Sphären zueinander. Seit Karl Marx gibt es nun den Versuch, die gesamte Menschheitsgeschichte vom Primat der Ökonomie zu lesen: Immer war das Bestimmende die Wirtschaft, die dann letztendlich auch die Sphären des sogenannten Überbaues, das Wie des Staates, der Religion und der Kultur bestimme.Auch die Privatsphäre unterliege diesem Primat der Ökonomie.

Auch wenn dies gewiß eine Verabsolutierung des Primates der Ökonomie darstellt, so ist doch etwas zeitdiagnostisch Zutreffendes darin enthalten: daß die Säkularisierung eben die Absetzung der Religion mit ihrem Diskurs der Theologie als Primat ist und daß sich so erst der Primat der Ökonomie abzeichnete in Konkurrenz zu den Ansprüchen der Politik, daß dieser Diskurs der bestimmende sein solle.
Es wäre nun reizvoll, dies ins Gespräch zu bringen mit der 3 Stadienlehre von August Comte, dem theologischen, dem metaphysischen und dem positivistischen Stadium. Es liegt wohl nahe, das positivistische mit dem Primat der Ökonomie in Beziehung zu setzen in dem es nur noch Quantitäten, meß- und zählbare gibt, wohingegen das metaphysische Denken Qualitäten kennt, daß eben die Qualität eines Kunstwerkes nicht identisch ist mit dem Preis, für den es verkaufbar ist.Ohne eine Metaphysik kann es eben ein ästhetisches Qualitätsurteil, das ist ein großes Kunstwerk!, nicht geben.
Wenn die Gegenwart eindeutig durch den Primat der Ökonomie bestimmt ist,dann muß es erstaunen, daß in der jetzigen Coronaepidemie der Primat der Politik sich plötzlich global durchsetzt: Überall wird um der Volksgesundheit willen die Wirtschaft heruntergefahren, auf das Notwendige reduziert, weil nur so das Gut der Gesundheit geschützt werden kann nach dem Urteil der Gesundheitsexperten. Ja, selbst die Privatsphäre wird durch drastische staatliche Verordnungen reglementiert, die Staaten greifen auch in die Sphäre der Religion ein. Überall bringt so die Ordnung des Staates sich wieder in den Diskurs der Wiegestaltung des gesellschaftlichen Lebens ein mit dem Anspruch, daß dieser Ordnung der Primat zukommt, weil nur der Staat das Organ ist, das das Allgemeinwohl in Konfliktsituationen mit diversen Partikularinteressen durchsetzen kann. Die Ökonomie wird plötzlich wieder zurückgedrängt seit dem wieder politisch regiert wird.
Dies ist ein genuin conservatives Anliegen, dem sowohl die liberale wie auch die sozialistische Entscheidung zum Primat der Ökonomie entgegensteht. Für Liberale wie auch für Sozialisten, zumindest für radicale wie Lenin gilt, daß schlußendlich es die Sphäre des Staates gar nicht zu geben bräuchte, wenn nur die Ökonomie liberal vorgestellt marktwirtschaftlich oder kommunistisch organisiert wird. Die Existenz des Staates signalisiert dann in beiden Fällen nur, daß die Ökonomie noch nicht hinreichend sich verselbstständigt habe, noch staatlicher Hilfe bedürfte.Gerade Lenin war es ja, der in seinem grundlegenden Werk: „Staat und Revolution“ das Ende des Staates proklamierte im Endsieg der sozialistischen Bewegung. Die Emanzipation der Ökonomie von allen Fremdbestimmungen begann ja mit ihrer Befreiung vom theologischen Diskurs, isb der Frage, ob das Zinsnehmen moraltheologisch zu rechtfertigen sei. Jetzt nach der vollzogenen Emanzipation der Ökonomie zeigt sich, daß nun sich auch der theologische Diskurs dem Primat der Ökonomie unterordnet: Nur was potentielle Kunden hören wollen, kann als Angebot der Kirche noch Bestand haben.
Aber jetzt erleben wir einen Einbruch in diesen schon angewöhnten Primat der Ökonomie, denn die Politik meldet sich zurück.Wird die Welt wieder politischer? Wie immer auch diese Coronakrise ausgehen wird, die Rückkehr des Primates des Staates und des politischen Diskurses wird nicht leicht wieder revidierbar sein. Das ist die Chance für eine neue conservative Politik.

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