Donnerstag, 16. April 2020

Über die neue Tugend der Denunziantion

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben wird dieses Zitat zugeschrieben: Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant. Aber darf dem der heutige Staatsbürger einfach so zustimmen? Ist das in einer Demokratie nicht alles ganz anders? Ich erinnere mich noch so ungefähr an eine Beilage einer großen seriösen Tageszeitung für Studienanfänger, also für Erstsemester: Meine ersten Tage an der Uni- Was tun? Da stand viel Nützliches, manches Überflüssige,s als seien Ertsemester wie Tafelkläßler zu behandeln, aber auch wirklich Relevantes: Was unternehmen, wen ein Studiosus neben mir was politisch Rechtes äußert? Sollte es wirklich rechte Studenten geben? Die Broschüre rechnete damit. Also: Was tun?

Erstens solle der zuständige Dozent über diese rechte Äußerung informiert werden: Der hat das gesagt.
Zweitens sollte man vertrauensvoll sich an den ASTA (Allgemeiner Studentenausschuß) bzw. sofern vorhanden an das Antifareferat wenden: Der hat das gesagt.
Drittens sollte die Polizei kontaktiert werden, wenn der Verdacht bestünde, daß es sich hierbei um eine strafbare Meinungsäußerung handeln könnte.
Ist das nun ein denunziatorischer Akt? Mitnichten, das ist in der Demokratie praktizierte Zivilcourage. Einen ähnlichen Maßnahmenkatalog im Kampfe gegen Rechts diskutierte auch eine Gewerkschaft , nur daß dann eben der Betriebsrat und der Chef der Firma zu informieren sei, wenn ein Arbeitskollege etwa nichterlaubte Witze erzählt.
Nach einer repräsentativen Umfrage sollen 60 Prozent der Deutschen urteilen, daß man hier nicht freimütig seine Meinung über so heikle Themen wie Asylanten, dem Islam äußern kann. Warum nicht? Weil eben überall mit Mithörern zu rechnen ist, die abweichende Meinungen als rechts= uneraubt denunzieren. Nur,daß das dann keine Denunziation ist, sondern praktizierte Zivilcourage. So konnte man schon am 26.Oktober 2013 in der „Stuttgarter Zeitung“ lesen:

Kampf gegen Rechtsextremismus LKA setzt auf anonyme Hinweise“. Die Möglichkeit zu einer anonymen Denunzination, als praktizierte Ziivilcourage gefeiert, fällt sicher immer auf einen fruchtbaren Boden, denn wer hätte nicht mindestens einen Nachbarn oder Arbeitskolegen, dem man mal eins auswischen möchte. Das Schöne dabei, daß nun solche Gehässigkeiten wider den Nächsten bemäntelt werden können mit dem Gefühl., doch nur seinen staatsbürgerlichen Pflichten nachzukommen.

Davon zu distinguieren ist selbstredend der Überzeugungstäter, der es wirklich als seine Pflicht ansieht, falsche unerlaubte Meinungsäußerungen zu bekämpfen. Bedeutsam ist dabei aber nun, wer wie festsetzt, was eine erlaubte und was eine unerlaubte Menungsäußerung ist. Offensichtlich reicht dazu die Kenntnis des Deutschen Strafgesetzbuches nicht aus! Es sind die ungeschriebenen Gesetze der Politischen Korrektheit, die den öffentlichen Diskurs bestimmen, was wie in ihm geäußert werden darf und was nicht. Auch wenn es keinen Benimmknigge gibt, auf dem Schwarz auf Weiß nun fixiert ist, was erlaubt und was nicht erlaubt ist, so weiß doch jedermann um diese Verbotstafel und hält sich an sie. Wie werden diese Gebotstafeln von wem geschrieben, sodaß sie so allgemein eingehalten werden? Eines ist aber gewiß: Die Bereitschaft zur Denunziation ist eines der Praktiken, die diesen Verbotstafeln ihre Durchsetzung ermöglicht. Eingeräumt wird dabei, daß dissidentische Meinungen nicht überwunden werden können, indem sie argumentativ widerlegt werden, sondern es gilt, die Oppositionellen zu isolieren, als wären es von Viren Befallene, damit sie nicht ihre Ansichten ansteckend weiter verbreiten können. Abweichendes darf eben nicht geäußert werden- darum die Androhung der Denunzination. 

Aber solche Verbotstafeln wirken auch kontraproduktiv, denn sie evozieren auch die Lust am Unerlaubten. Und so erwirkt gerade das Verbot subkuntane Diskurse des Ausgegrenzten, des Nichterlaubten. Wo diese sich selbst anfangen, zu vernetzen, entsteht so der Rechtspopulismus als die Stimmen des Ausgegrenzten.



 

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