Montag, 6. April 2020

Gerecht und barmherzig ist Gott- Konfusionen in der nachkonziliaren Kirche


Auch auf die Gefahr hin, biblizistisch zu wirken,muß die Katholische Theologie, solange sie noch Katholische Theologie sein will und sie nicht einen Phantasiegott kreieren will, einem Gott nach unserem Geschmack, sich in erster Linie von der hl. Schrift über Gott belehren lassen. Das Christentum ist nämlich eine Buchreligion, in ihrem heiligen Buch ist Gott für uns, lesen und verstehen wir sie auch, offenbar.
Es steht geschrieben (ich zitiere wieder nach:Die heilige Schrift des Alten und Neuen Testamentes mit dem Urtexte der Vulgata, Arndt S.J. 1903):
Werdet nicht wie eure Väter und Brüder,welche von dem Herrn,dem Gott ihrer Väter, abfielen, und die er dem Untergange preisgab, wie ihr selbst seht. (2.Chronik 30,7). Kurz und prägnant wird hier die Gerechtigkeit Gottes veranschaulicht: Das Volk fiel von dem Glauben ab, von seiner Religion und darum strafte Gott das Volk. Der darauf folgende Vers 8 konkretisiert das in zwei Hinsichten: Was ist jetzt zu tuen und was bedeutet dies Preisgeben zum Untergang?
Seid nicht so halsstarrig, wie eure Väter;bietet dem Herrn die Hand, und kommet zu seinem Heiligthume, das er auf immerdar geheiligt hat, dienet dem Herrn, dem Gott eurer Väter, so wird sein grimmiger Zorn sich von euch wenden.
Der Untergang des Volkes ist es, daß der Zorn Gottes sich gegen es wendet.Der Gott Israels ist nicht nur die Quelle des Lebens dieses Volkes, er kann auch als Zorn die Quelle des Unterganges seines Volkes sein.Wo der Mensch in eine religiöse Beziehung zu Gott eingeht, da liegen Leben und Tod nahe beianander. Gott kann segnen aber auch verfluchen. Der Gott der christlichen Religion ist aber kein Willkürgott: Er hat -allerdings frei- eine Ordnung gesetzt, an die er sich selbst hält.Die Treue seines Volkes belohnt er, die Untreue bestraft er. Das ist die göttliche Ordnung der Gerechtigkeit. Aber er ist auch gnädig und barmherzig (9):
Denn wenn ihr zu dem Herrn zurückkehrt, so werden eure Brüder und Söhne bei ihren Herren,die sie gefangen weggeführt haben, Erbarmen finden, und werden in dieses Land zurückkehren;denn der Herr, euer Gott, ist gnädig und barmherzig, und wird sein Angesicht nicht von euch abwenden, wenn ihr zu ihm zurückkehrt.
Was war geschehen. Militärpolitisch gesprochen: Nach einer militärischen Niederlage hat der Sieger als Kriegsbeute große Teile des Volkes in sein Land geführt, damit es da der Siegermacht diene. Aber so oberflächlich beurteilt hier die hl. Schrift dies militärisch-politische Ereignis: Die militärische Niederlage und die Verschleppung der Kriegsgefangenen, das ist das Strafgericht Gottes , so zürnte Gott wider sein eigenes Volk, weil es Gott als seinen Herrn verlassen hatte, indem es sich anderen Göttern zuwandte. Zu allen Zeiten gab und wird es Pachamamas geben, die die Gläubigen zum Götzendienst verführen.
Aber das ist nicht das letzte Wort. Es gibt nun für das Volk die Möglichkeit der Umkehr, der Rückkehr zur Verehrung des wahren Gottes.Diese Möglichkeit ist mit einer göttlichen Verheißung verbunden: Wenn ihr umkehrt, dann wird auch Gott sich wieder zu euch umkehren. Das ist Gottes Gnade und Barmherzigkeit.
Mit zwei grundverschiedenen Ordnungen Gottes konfrontiert die hl. Schrift hier den Leser.die Ordnung der Gerechtigkeit und die der Gnade und Barmherzigkeit. Beide Ordnungen sind von Gott frei gesetzte, denn es muß weder die Ordnung der Gerechtigkeit noch die der Gnade und Barmherzigkeit geben. Aber Gott hat sie so gsetzt. Gerecht ist Gott, wenn er den Abfall von der wahren Religion bestraft. Gnade ist es, wenn Gott, weil sein Volk sich wieder zu ihm hinwendet, den Zorn, den gerechten von seinem Volke hinwegnimmt und wieder für es ist. Das heißt nun auch, daß Gott die Herzen der Siegermacht den Kriegsgefangenen seines Volkes zuwendet, sodaß sie heimkehren können aus ihrer Gefangenschaft. Nicht darf das so verstanden werden, als hätte nun Gottes Volk die ihm gebührende Strafe abgebüßt und darum wendet sich Gott ihm wieder zu. Dann verhielte sich Gott hier nicht gnädig und barmherzig sondern allein gerecht. Dann wäre Gottes Umkehr zu seinem Volke eine Handlung Gottes in der Ordnung seiner Gerechtigkeit.Wenn nun die Umkehr des Volkes zu seinem Gott ein so gutes Werk wäre, daß Gott darum sich wieder ihm zuwendet, dann wäre auch dies eine Handlung in der Ordnung der göttlichen Gerechtigkeit und somit kein Akt der Gnade und der Barmherzigkeit.
Eine Handlung der göttlichen Ordnung der Gnade und der Barmherzigkeit ist diese Umkehr Gottes zu seinem Volke nur, weil Gott anläßlich der Umkehr des Volkes zu ihm, ihm seine Sünde verzeiht, er aufhört, das Volk zu strafen und er so sich dem Volke wieder zuwendet. Gott handelt jetzt also in seiner Ordnung der Barmherzigkeit und Gnade.
Damit stellt uns dieser Text vor ein gravierendes Problem: Wie kommt es, daß in Gott es zwei verschiedende Ordnungen gibt und wann handelt er nach der einen und wann nach der anderen?
Die Ordnung der Gerechtigkeit ist die allgemeine göttliche Ordnung, so wie er sich zu allen Menschen verhält.Die Ordnung der Gnade und Barmherzigkeit ist dagegen die Ausnahmeordnung. Es ist Gottes Freiheit, gnädig und barmherzig sein zu können,und dem Sünder, wenn er umkehrt, wieder sich zuzuwenden, indem er seinen göttlichen Zorn von dem Umkehrer wieder abwendet. Gnade und Barmherzigkeit ist so kein Anspruch, den der Sünder Gott gegenüber gelten machen kann, auch ist es nicht die Natur Gottes, gnädig und barmherzig zu sein, sondern das ist eine reine Ausnahmeordnung der Gerechtigkeitsordnung gegenüber, die Gott ganz frei mitgesetzt hat zur Ordnung der Gerechtigkeit. Es gibt keinerlei Ordnung, die Gott nicht frei gesetzt hat, das heißt, er hätte sie auch ganz anders setzen können! (Vgl hierzu die Gotteslehre Wilhelm von Ockhams, der als erster Gott konsequent als Freiheit dachte.)Weder ist die Gerechtigkeitsordnung das Fundament der Gnadenordnung noch ist aus der Gnadenordnung die göttliche Gerechtigkeitsordnung deduzierbar. Gottes Freiheit ist eben gerade sein Über-den-Ordnungen-Stehen, sodaß er gemäß der einen wie auch gemäß der anderen agieren kann. Und diese Differenz Gottes zu seinen eigenen Ordnungen bildet nun den Raum für den religiösen Kult mit der Bitte, sei uns ein gnädiger Gott. Und darum das 30.Kapitel dann von V12-27 von dem erneuerten kultischen Gottesdienst.
In den nachkonzliaren Zeiten herrscht nun die Tendenz vor, Gott auf die Gnaden- und Barmherzigkeitsordnung zu reduzieren und diese als göttliche Ordnung zu beseitigen, weil es nun die Natur Gottes sein soll, gnädig und barmherzig zu sein. Etwas von Gott Geschaffenes, diese symbolische Ordnung wird zu vergöttlicht als die Natur Gottes- Gott kann gar nicht anders als gnädig und barmherzig zu sein. Da aber Gottes Gnade und Barmherzigkeit notwendig die Differenz zur Gerechtigkeitsordnung Gottes voraussetzt, nichtet die Vernaturalisierung der Gnade und Barmherzigkeit diese Ordnung selbst, sodaß nur noch die Rede vom lieben Gott übrigbleibt, der eben nur lieb ist und der so auch kein gerechter Gott mehr sein kann, aber auch kein gnädiger. Oder würde jemand die natürliche Liebe der Mutter zu ihren eigenen Kindern als Gnadenakt oder als Barmherzigkeitsakt bezeichnen?

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