Samstag, 4. April 2020

Ein Kampf um Gott! Seele, Volksseele und Gott

Nicht mit einem Gedanken ist erwogen worden, dass wie der Mensch, so auch die Nation eine Seele hat, und dass am letzten Ende bei Individuen wie bei Nationen diese Seele das allein Wertvolle ist.“ Paul Lagarde, zitiert nach:Hermann Heller, Sozialismus und Nation 1925 (2019, S.43). Ein Gedanke, der irritiert, dem aber spontan gern zugestimmt werden möchte. Daß die Seele das Wesentliche des Menschen ist,diese Vorstellung gehört zum Kernbestand der christlichen Religion. Daß diese Aussage dann auch noch philosophisch fundiert werden konnte durch den wohl bedeutendsten Philosophen des Abendlandes, durch Platon,bestärkte dann noch die Glaubwürdigkeit dieser christlichen Lehre vom Menschen in ihrer Kaprizierung auf den Seelenbegriff. Die christlich-platonische Weltdeutung fundierte so das Abendland. Aber ist mit seinem Untergang nicht auch dieser Diskurs über den Menschen als wesentliches Seelenleben untergegangen?
Paul Lagarde regt nun an, aufzuzeigen, wie tragfähig diese Seelenlehre sein könnte, versuchte man, dem Begriff der Nation, des Volkes durch eine Seelenlehre zu erweitern.Was konstituiert eine Nation, ein Volk zu einer Nation, einem Volke.Hier bietet der Begriff der Volksseele nun eine Alternative zu einem rein biologistischen Verständnis des Volksbegriffes und einem rein kulturellem.Die Volkssseele gehörte zur natürlichen Ausstattung eines Volkes und würde das Volk zugleich als etwas Geistiges fundieren. Das Geistesleben als Frucht der Volksseele gehörte so konstitutiv zum Leben des Volkes dazu, wäre also nichts Sekundäres.
Wie es das Menschsein nur immer als Frau- und Mannsein erscheint und doch etwas Reales ist, so könnte analog dazu die Volksseele zwar nur als individuelle Seele erscheinen,aber doch auch etwas Reales sein.Ob man die Volkssseele als die Färbung der individuellen Seele betrachten kann? Dann wäre die Volksseele nur etwas Akzidentielles der Seele.Oder sollte die Seele als eine Individuation der Volksseele begriffen werden und die wiederum als eine Konkretion der Seele, daß wir hier eine Abstufung vom Allerallgemeinsten, der Idee der Seele über die Volksseele zur individuellen Seele zu denken hätten?
Ein Gedanke allein wird so wahrlich nicht ausreichen, um diese Idee Lagardes zu durchdenken. Aber es ist eine sehr fruchtbare Anregung Lagardes. Eines liegt nun aber auf der Hand, daß diese Vorstellung der Volksseele ein besonderes Verständnis der jeweiligen Volkskultur ermöglicht, ja erst das Besondere dieser Kultur zu begreifen weiß.
Damit ist aber auch ein grundlegendes Problem für die christliche Religion angesprochen, das ihres Verhältnisses zur Volkskultur der Nationen. In dem Roman:“Die Daimonen“ von Dostojewskij, 2.Teil: Die Nacht, 7. wird das Verhältnis von Religion und Volk aus panslawisticher Sicht diskutiert. Ich entnehme hier diesem sehr vielschichtigem Dialog nur die Kerngedanken:Jedes Volk habe seinen besonderen Gott.Aus der jeweiligen daraus resultierenden Religion lebe jedes Volk. „Es ist ein Anzeichen des Hinschwindens der Nationalitäten, wenn die Götter anfangen, allgemein zu werden. Sobald aber die Götter sich zu gemeinschaftlichen Göttern angleichen, dann sterben die Götter ab, und mit ihnen stirbt der Glaube an sie, und zugleich mit dem Glauben sterben auch die Völker selbst.“ Die Religion wird so zum Akzidentiellem am Leben der Völker, von einem bloßem Attribut der Nationalität, lautet dann der nicht zutreffende Einwand. Denn der besondere Nationalgott soll ja zur Substanz des jeweiligen Volkslebens gehören, sodaß mit dem Verlöschen der Nationalreligion auch das jeweilige Volk unterginge. So verwundert es den Leser nicht, wenn dann hier die Katholische Kirche als die negative Kraft der Völkerzerstörung kritisiert wird. Nur in und durch eine Nationalreligion lebten die Völker. (Auch Paul Lagarde war ja nicht frei von so gearteten Sympathien für eine Deutschnationale Religion.)
Nebenbei: Es gibt auch die Vorstellung, daß sich die Religionen „evolutionär entwickelt hätten, von der Mikroebene des Familien/Hausgottes über den Stammes- zum Volksgott, dann zum einen Universalgott, der sozusagen aller Götter der niederen Stufen in sich aufgenommen habe, bis dann schlußendlich nur noch ein abstrakter Universalgott übrigbliebe- als Vorstufe zum Atheismus?.
Sollte hier, in diesem Dialog etwas Wahres wahrgenommen worden sein? Nein, denn die implizite Voraussetzung diese Verurteilung des Monotheismus ist ja die Vorstellung, daß der universalistisch ausgelegte Gott dann die Ordnung der Völker auflösen, auch veruniversalisieren würde, daß also die Gnade die Natur(Ordnung) zerstöre. In dem wahren einen Gott finden die Völker mit ihren besonderen Kulturen ihre Vollendung, denn die Gnade vollendet die Natur, Also, wie auch die individuelle Seele der Erlösung bedarf und sie nicht durch ihre Erlösung genichtet wird, so wird auch die Volksseele vollendet und nicht genichtet durch die Wahrheit.
Nur wenn der eine Gott als die Nichtung alle innerweltlichen Differenzen vorgestellt wird, kann der Gott Jesu Christi als der Gott einer uniformen Einheitswelt vertreten werden. 

Corollarium 1

Es steht geschrieben: Als der Höchste (den Göttern)die Völker übergab, als er die Menschheit aufteilte,legte er die Gebiete der Völker nach der Zahl der Götter fest, der Herr nahm sich sein Volk als Anteil, Jakob wurde sein Erbteil. (5.Mose,32,8f)Götter stehen hier für die Engel Gottes, um ihre besondere Nähe zu Gott auszudrüken; sie sind Gott ähnlich, ähnlicher als der Mensch.Nach der Zahl der Völkerengel teilte Gott nun die Menschheit auf in Nationen. Diesen Nationen korrelieren dann die Volksseelen und der jeweilige Volksgott, der ein Engel Gottes ist. Dann wäre zu folgern, daß der Volksgott sozusagen der Vermittler zur wahren Religion des einen Gottes ist. Damit ist die Wahrheit der Volksreligon ihre Bestimmung ihrer Aufhebung in die wahre Religion, die als die wahre nicht die dem Menschen unmittelbar gegebene ist, sondern nur als die durch die Volksreligon vermittelte. Wenn Jesus Christus als der Sohn Gottes verkündigt werden soll, muß diese Verkündigung an ein Vorwissen von Gott anknüpfen können, damit  die Botschaft überhaupt verstanden werden kann. 

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