Mittwoch, 27. Mai 2020

Glück- das Ziel des postmodernen Menschen?

Es war Nietzsche, der bemerkte >Der Mensch strebt nicht nach Glück;nur der Engländer tut das<-Der globalisierte Hedonismus von heute ist also bloß die Kehrseite des Umstands,dass wir unter den Bedingungen des globalen Kapitalismus ideologisch >alle Engländer< (oder vielmehr angelsächsische Amerikaner)sind.“ Slavoj Zizek, Weniger als nichts, 2016, S.174.
Finkelde ergänzt dazu in seiner Einführung zu Zizek: „Slavoj Zizek zwischen Lacan und Hegel 2009, S.74: „In der modernen Gesellschaft sieht sich das Subjekt eher verpflichtet, sein Leben zu genießen“. Finkelde spricht dabei von einem durch die liberale promiskuitive kontaminierten Über-Ich, dem der Imperativ: Genieße!, eingeschrieben sei, Forderte in vormodernen Gesellschaften das Über-Ich im Namen einer moralischen Ordnung die Unterordnung des Iches, daß es um Größeres willen (Gott, König, Vaterland, Ehre etc) auf privates Begehren zu verzichten habe, so zeichne sich die Gegenwart durch das Über-Ich aus, dem nur ein Leben sinnvoll erscheint, wenn es möglichst viel Lust genossen habe. Dabei bietet der freie Markt unendlich viele Produkte an, die eine Lusterfüllung verheißen. Dem korreliert der nach Genußobjekten Suchende.
Die Pointe ist nun die, daß keine Ware endgültig die Lust befriedigt, sondern immer den Wunsch nach dem Erwerb weiterer Produkte hervorruft, damit der Konsument nicht aufhört zu konsumieren. So ist der postmoderne Genießer gerade der, der nie im Genießen eines Produktes zu seiner Ruhe findet.
M.E. ist die Moderne (vgl Alexander Dugin) noch durch große Ideologien bestimmt, in deren Namen dem Subjekt auch noch ein Verzichten abverlangt wurde, etwa im Namen des Sozialismus/Kommunismus oder Faschismus/Nationalsozialismus und auch die kapitalistiche Ideologie verlangte Sparsamkeit vom Unternehmer, daß er investiere statt den Gewinn zu verkonsumieren und vom Arbeiter, zu verzichten ob seines geringen Lohnes, während erst die Postmoderne all diese Appelle auf ein Verzichten abschaffte, weil nun das Ideal der unbeherrscht kaufende Konsument ist, der nur so die Wirtschaft am Leben erhält.
England galt Nietzsche als das Land, in dem diese Lebenseinstellung beheimatet ist, seinen Ursprung hat. Oswald Spenglers Essay: „Preußentum und Sozialismus“ bestätigt dieses Urteil Nietzsches, indem hier das Preußische der engländischen Lebensauffassung des Primates der Ökonomie entgegengesetzt wird.
Dieser Hedonismus zersetzt natürlich das Fundament der christlichen Erlösungsreligion: Wie muß ich leben, um das Ziel des ewigen Lebens zu erreichen?
Die Maxime, im und für den Augenbllick zu leben, ihn intensivst zu genießen, verklärt ja nur die Verheißung, daß ein erworbenes Produkt, sein Genießen das Begehren des Konsumenten erfüllen wird, indem verdrängt wird, daß die eine konsumierte Ware nur die Sehnsucht nach weiterem Konsumieren erwachsen läßt: Dies Jahr urlaubten wir in...., wo verbringen wir den nächsten Urlaub und den übernächsten?
Zudem: Wenn wirklich jeder Mensch immer nur nach dem Glück, dem Genießen gesucht hätte, warum finden wir dann so wenig glückliche Menschen, weder in Geschichtsbüchern noch in der Gegenwart. Sollte nicht außerdem Schopenhauer recht haben, wenn er urteilt, daß das Glück der Anderen nur eine optische Täuschung aus der Fernperspektive ist: Wenn ich wie der Andere lebte, dann wäre ich glücklich!

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