Spontan
könnte gemeint sein, daß damit die Vorstellung des Berufenseins
oder Berufenwerdens verbunden sei, daß eben Politik professionell
betrieben würde, ja das der Begriff des Berufes auch eine Ausbildung
in zu diesem Berufe impliziere. Sogenannte Anlernkräfte üben keinen
Beruf aus, sondern eine Tätigkeit, die leicht erlernbar sei und die
keine besondere Qualifikation bedürfe: Die kann im Prinzip jeder.
Aber es
kommen doch Bedenken: Warum heißen heutzutage die Arbeitsämter
Jobcenter? Die Antwort fällt
nicht schwer: Der Begriff des Berufes ist eine Vorstellung aus dem
Vorstellungsraum der Religion, daß Gott Menschen zu etwas bestimme.
Als erstes ist da an Berufungen zum Propheten- und Königsamt zu
denken, aber unüblich wäre es, von der Berufung des Jüdischen
Volkes zu sprechen, Gott hat es erwählt, nicht berufen. Jesus
Christus beruft dann Menschen zu seinen Schülern (Jünger), er
beruft isb die 12 zu Aposteln. Im Sinne des Apostelfürsten Paulus
kann gesagt werden, daß Gott zu verschiedenen Berufen in der Kirche
zum Aufbau der Kirche beruft.
Wahrscheinlich
stammt die Vorstellung, daß jede Erwerbstätigkeit eine Berufung
dazu durch Gott impliziere, auf Luther, auf die Reformation zurück,
zumindest wenn die dialektische Einheit der Aufwertung jeder
Erwerbstätigkeit zu einem Beruf mit der Abwertung des Priestertumes
zu, daß sei auch nur ein Beruf wie jeder weltliche, mitbedacht wird.
Das Priestertum wird säkularisiert und das Berufsleben geheiligt.
Dieser Bruch findet seinen signifikanntesten Ausdruck in der
Auflösung der Klöster, daß nun die Mönche zu weltlich
Berufstätigen werden mußten und die Nonnen verheiratet wurden: ein
großer Schritt zur Verweltlichung der Kirche.
Aber
dem steht konträr gegenüber die religiöse Deutung und Aufladung
des weltlichen Erwerbslebens: Der Beruf avanciert zu dem Ort der
Heiligung, dem aktiven Leben, das den bisherigen religiösen Primat
des contemplativen Lebens überwand. (So ist es selbstverständlich
geworden, daß von der Nächstenliebe praktizierenden Marta gesagt
wird, daß sie und nicht die contemplative Maria- gegen Jesu
eindeutige Aussage- das bessere Teil gewählt hat. Lk, 11, 38-42)
So
gesehen stellt der Begriff des Berufspolitikers einen Fremdkörper in
der postchristlichen Gesellschaft dar: In ihr beruft Gott nicht mehr
und wir haben Jobs, deren Ausübung uns Spaß zu machen hat, denn nur
wem sein Arbeiten Spaß mache, der arbeite auch gut, so eines der
Dogmen der postmodernen Spaßgesellschaft. Aber der Begriff des
Berufes für weltliche Erwerbstätigkeiten ist auch ein Ausdruck
einer Säkularisierung, der der Verweltlichung der Kirche durch
Luther,
Aber
seit dem die Staaten nicht mehr von Gott zum Regieren Berufener
geleitet werden, sondern durch zum Volke dazu Gewählter, wir leben
in der Epoche der Demokratie, heißt jetzt Berufspolitiker, zum
Politiker Gewählte durch demokratisch durchgeführte Wahlen. Berufen
ist, wer so gewählt wird in Parlamente oder in Vorstandsschaften von
politischen Parteien. Ein Berufspolitiker ist nun der, der seinen
Lebensunterhalt durch den Beruf des Politikers erwirtschaftet.
Es
soll nun als Antityp die Vorstellung des idealistischen Politikers
konstruiert werden, um nun das Besondere des Berufspolitikers zu
erfassen. Der idealistische Politiker ist ein Anhänger politischer
Ideen, und will diese realisieren. Seine politische Praxis ist die
der Umsetzung von politischen Ideen, eingeschrieben in eine
politische Ideologie, etwa der conservativen oder der sozialistischen
etc. Ein Berufspolitiker dagegen will gewählt werden, um ein
politisches Amt im Parlament oder in einer Partei zu bekommen, um so
seinen Lebensunterhalt zu erarbeiten. Hier sind nun die politischen
Ideen und Programme ein Mittel, um ob dieser gewählt zu werden. „Was
sollte ich vertreten und was nicht, damit ich gewählt werde?, ist
nun seine Lebensfrage. So eigentümlich es auch klingt: Dem
Berufspolitiker wird die Politik zum bloßen Mittel, während dem
idealistischen Politiker er sich als Mittel der Realisierung von
politischen Ideen versteht. Das Sachgemäße konzipiert der
idealistische Politiker aus seinen politischen Ideen, der
Berufspolitiker aus dem, von dem er sich verspricht, daß es beim
Wähler ankommt. Die Demoskopie ersetzt so beim Berufspolitiker die
politischen Ideen, das ist dann der Pragmatismus des professionellen
Berufspolitikers. Dazu bedarf er nun auch keiner spezifischen
Berufsausbildung, er muß nur lernen, wie eine Anlernkraft, Menschen
für sich gewinnen zu können! Wird er dann von genügend vielen
gewählt in ein Amt, mit dem er sein Geld verdient, darf er sich
Berufspolitiker nennen.
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