Anselm
von Canterbury: Das, worüber hinaus nichts Größeres
gedacht werden kann, könne nicht nur im Verstand existieren, da
sonst gedacht werden könne, dass es auch in Wirklichkeit existiere
(esse in re), was größer wäre. Das, worüber hinaus nichts
Größeres gedacht werden kann, wäre dann nicht das, worüber hinaus
nichts Größeres gedacht werden kann. Daraus folgert Anselm, dass
das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, auch in
Wirklichkeit existieren muss. (zitiert
nach Wikipedia, Proslogion).
Diesen
brillanten Gedanken führt nun Anselm vor, um zu beweisen, daß Gott
ist. Wenn Gott das Größte ist, worüber nichts Größeres gedacht
werden kann, dann wäre Gott nicht als Gott gedacht, wenn er nur als
in dem menschlichen Denken existierend gedacht würde. Aber der
Gedanke, daß Gott als außerhalb unseres Denkens seiend zu denken
sei, ist erstmal auch nur ein Gedanke, der es aber ausschließt, zu
denken, daß er realiter nur in unserem Denken ist. Denn auch die
Aussage, Gott existierte nur in unserem Denken und nicht in der
Realität, ist auch nur ein Gedanke. Auch das Insisteren auf die
Objektivität der Wirklichkeit unabhängig von unserem Denken ist
auch nur ein Gedanke. Ernsthaft kann dieser Einsicht nicht
widersprochen werden, daß das Höchste, über das nichts Höheres
gedacht werden kann, denknotwendig auch als außerhalb unseres
Denkens existierend zu denken ist.
Aber
was, wenn nun angefragt würde, wie wahr den die These sei, daß Gott
das Größte sei, über das nichts Größeres gedacht werden kann?
Würde nicht jeder Materialist (vgl etwa Lenin, Materialismus und
Empiriokritizismus) urteilen, daß die Materie und nicht Gott das
Größte sei, weil Gott nur ein Produkt der religösen Phantasie sei,
die Materie aber mehr sei, denn sie existiere auch außerhalb unseres
Denkens?
Horst
Mahler nun konfundiert Anselms so: „daß Gott und Mensch
getrennt sind, d.h.Gott nur Gott und nicht zugleich auch Mensch ist“
als den Ermöglichungs-grund
des Atheismus. (Das Ende der Wanderschaft, 2018, S. 220). Daß was
Anselm beweisen will, daß Gott außerhalb unseres Denkens existiert
und so unser Denken von ihm, daß er ist, wahr ist, weil er objektiv
sei, ist nun für Mahler den Emergenzpunkt des Atheismus , indem das
menschliche Denken als unabhängig von Gott seiend Gott zum Produkt
dieser Unabhängigkeit werden läßt.
Was
versteht nun Mahler, hier hegelisch denkend (?) unter der Aussage,
daß Gott nicht nur Gott sondern zugleich auch Mensch ist? Meint das,
trinitätstheologisch gedacht, daß Gott als Sohn Gottes wahrer Gott
und wahrer Mensch ist, dem dann aber auch der Gott als Vater
gegenübersteht und daß doch sie ein Gott sind, oder, daß Gott so
Mensch wurde, daß Gott sich nur noch im Bewußtsein des Menschen
weiß? Letzteres scheint auf ein verdoppeltes oder gespaltenes
Bewußtsein hinauszulaufen, daß im menschlichen Denken Gott sich
selbst denkt. Hieße das, das zwei Subjekte die Subjekte des Denkens
des Menschen wären? Und wie sollte dann der Einwand erwidert werden,
daß so sich das menschliche Denken nur ein zweites Subjekt in sich
erdenke- oder soll das Denken pantheistisch aufgelöst werden, daß
der Mensch nicht als von Gott Verschiedenem Gott denke, sondern daß
Gott so sich selbst denke.
Anders
verhielte es sich, würde das menschliche Denken Gottes als ein durch
den Hl. Geist selbst erst ermöglichtes Denken vorgestellt. Dann
steht man aber wiederum vor dem Problem: Wer denkt, wenn ich Gott
denke? Ich oder der Hl. Geist oder Ich und der Hl. Geist zusammen?
Nun
kann uns Slavoj Zizek noch mehr irritieren, wenn er, Schelling
aufnehmend schreibt, daß in Gott mehr ist als Gott selbst, ja gar
von einem dunklen Grund in Gott sei zu sprechen. (Zizek, Weniger als
nichts, 2016, S.26). Schelling versucht so, daß Böse in der Welt zu
erklären. Aber fragen wir nun erstmal, wie könnte Anselms Gedanke,
daß Gott das Größte ist, über das nichts hinaus gedacht werden
kann, mit diesem Gedanken, daß Gott mehr ist als Gott in einen
sinnvollen Zusammenhang gebracht werden.
Wenn
Gott als das Größte zu denken ist, über das nichts Größeres
denkbar ist, dann darf Gott nicht als etwas Bestimmtes gedacht
werden, denn jede Bestimmung ist notwendigerweise eine Begrenzung.
Ist Gott als die Liebe gedacht, dann ist er als nicht die Nichtliebe
und somit schon als begrenzt gedacht. Ist Gott als A gedacht, ist er
notwendig auch als Nicht-A gedacht. Gott wäre nur als das Größte
gedacht, wenn er auch noch als die Einheit aller sich wechselseitig
ausschließenden Bestimmungen gedacht würde. Wenn nun Gott sich frei
bestimmt zu einem bestimmten Gottsein, dann schließt Gott selbst
dadurch Möglichkeiten aus. Alles, was ist, ist immer auch der
Ausschluß der nicht realisierten Möglichkeiten. Könnte dies
Nichtrealisierte das Mehr sein als Gott ist, da das Sein, auch Gottes
Sein das Nichtreallisierte ausschließt. Zizek unterscheidet ,
Parmenides folgend (S.79-89) zwei Aussagen;
a)
Es gibt das Eine, und
b) Das Eine ist.
Ersteres soll besagen, daß das Eine, (wie Gott?) „ein
vollkommen unsagbares/unvorsehbares Eine ohne Sein, ein Eines, das
weder wahr noch falsch ist“ (S.80),
das Zweitere, das Eine ist etwas, das prädiziert werden kann, von
ihm kann etwas ausgesagt werden, daß es ist und daß es somit nicht
nicht ist. (S.80)
Wenn
Gottes Existenz nicht, um es mit Sartre zu sagen, in Aufnahme von
Wilhelm Ockham seine Essenz vorausgeht-Sartre meint dann ja
anthropozentrisch atheistisch gewendet, daß auch beim Menschen keine
Essenz seinem Existenzentwurf vorausginge und den Entwurf so
determiniere, dann muß Gott als reine Unbestimmtheit gedacht werden,
um sein bestimmtes Sein als Gott als Gottes Selbstbestimmung zu
denken, denn sonst ginge Gott ja eine göttliche Natur voraus, die er
selbst als Erkennender und Wollender vorausgesetzt erkennt und dann
nur noch bejaht. Unter Gottes Geschöpfen ist das die Idee, die Gott
von dem jeweiligen Geschöpf erdacht hat und als Natur der Geschöpfe
erscheint, aber so eine in Gott erscheinende Idee als seine Natur
kann es bei Gott nicht geben. Gott hat sie als causa sui selbst
hervorgebracht. So erst würde Gott als das Größte,über das nichts
Größeres gedacht werden kann, gedacht.
Daraus
ergäbe sich nun eine bedenkenswerte Anfrage an einen
materialistischen Standpunkt: Kann sie die Materie als das Größte
denken, da ihr kein Vermögen zur Selbstbestimmung zuschreibbar ist,
wenn es plausibel ist, daß das Denken notwendig den Gedanken des
Größten, über das nichts Größeres hinaus gedacht werden kann,
hervorbringen muß?
Zusatz:
Es könnte gesagt werden (Konjunktiv dubitationis), daß das von Gott Nichtrealisierte als das Mögliche weiterexistiert und so die immerwährende Möglichkeit ist, daß das Nichtgesollte Wirklichkeit wird dann als das Böse in der Welt.
Zusatz:
Es könnte gesagt werden (Konjunktiv dubitationis), daß das von Gott Nichtrealisierte als das Mögliche weiterexistiert und so die immerwährende Möglichkeit ist, daß das Nichtgesollte Wirklichkeit wird dann als das Böse in der Welt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen