„Cum
acceperit Deus animam meam,corpus meum sepeli“ (=Wenn
Gott meine Seele zu sich genommen hat,so begrabe meinen Leib“-
besser: zu sich genommen haben wird). So bittet der fromme Tobias
seinen Sohn in Erwartung seines Todes.(4,3) Zuvor hatte er von Gott
seinen Tod gewünscht: denn es ist mir besser zu sterben,
als zu leben. (3,6b)Und für
ihn heißt sterben, daß seine Seele in Gott aufgenommen wird. (3,6).
Unübersehbar
wird hier eine dualistische Anthropologie vorausgesetzt, daß der
Mensch ein Kompositum von Seele und Körper ist und daß diese
Verbindung auflösbar ist. Sie wird durch den Tod aufgelöst, wenn
der menschliche Körper begraben wird und zumindest die Seele der
Frommen von Gott aufgenommen wird. Es war also nicht so, daß erst
ein verhellinisertes Christentum diesen in der griechischen
Philosophie explizerten Dualismus rezipierte, das Alte Testament
kennt und bejaht ihn schon. Wer aufmerksam die Aussagen der Bibel zur
Unterwelt, der Sheul mit ihrer verblüffenden Ähnlichkeit zur
Hadesvorstellung liest, muß einsehen, daß die zwei Aussagen, daß
die Toten begraben werden und in der Unterwelt irgendwie
weiterexistiern auch einen solchen Dualismus voraussetzen.
Wenn
Jesus zu dem reuigen Sünder am Kreuze verheißt, daß er heute noch
in das Paradies eingehen wird (Lk 23,43) ist diese Verheißung nur
möglich, wenn nur der Körper begraben, die Seele aber von Gott in
das Paradies aufgenommen wird. (Meiner Erinnerung nach lehrt Luther,
daß das „heute“ gar nicht heute meint, sondern daß der Mensch
schlafe, bis er mit den Anderen von den Toten auferweckt werden wird,
daß das aber dem Entschlafenen wie heute vorkäme, weil sie
schliefen und so die verstreichende Zeit nicht bemerkten. Also wartet
der reuige Sünder immer noch in seinem Grabe auf das „Heute“. Zu
solch verqueren Vorstellungen verstieg sich Luther, nur um nicht
dualistisch den Menschen zu denken. Die biblizistschen Zeugen Jehovas
übersetzen dann einfach falsch: Heute sagt Jesus, daß der Reuige im
Paradies sein werden wird.
Szenenwechsel:
Wieder begehrt jemand seinen Tod. Menschen, die sich sich ihren Tod
wünschen und sich dann auch töten, werden österreichisch:“Die
Sich-heim-Drehenden“ genannt.
(Roger Willemsen, Der Knacks, 2008,S.28. Gerade Kinder und
Halbwüchsige verstünden so ihren Freitod. Das Daheim ist nun aber
ein „Zu nichts Werden“. (S.42)
Aus dem Nichts wird ein Mensch und dahin kehrt er im Tode zurück.
Wird
jetzt an Gottes Schöpfen aus dem Nichts erinnert (an die Creatio ex
nihilo), dann verwirrt dieser Gedanke nicht mehr so völlig. Es
könnte von einem ontologischen Mangel allen Seienden gesprochen
werden, weil alles aus dem Nichts erschaffen diesem Nichts auch immer
verhaftet bleibt. Das Kreatürliche kann sterben, in Nichts sich
auflösen, weil es aus dem Nichts ist.
Aber
Gott kann sein Geschöpf davor bewahren, indem er die Seele zu sich
heimholt und nur den Körper der Nichtung überläßt. Aber dort, wo
Gott nicht mehr als der Schöpfer geglaubt wird, da kann die
Vorstellung aufkommen, daß das Nichts, aus dem alles geschaffen
worden ist, die Heimat des Menschen sei. Dann verwirrt sich das
Sterben und gerade der Freitod zur ersehnten Heimkehr ins Nichts- die
Grundlage des Nihilismus.
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