Montag, 15. Juni 2020

Ein protestantisches Narrativ als eine der Grundlagen des „synodalen Irrweges“


Große Erzählungen bestimmen oft unser Weltbild und so auch unsere Wahrnehmung der heutigen Kirche. Eine der meistverbreiteten Narrative ist wohl die Erzählung vom Urchristentum, das völlig hierarchiefrei gewesen sein soll, daß es dort rein geschwisterlich zugegangen sei, daß es keine Priester und Vorstände gegeben hätte und die Frauen hundertprozentig gleichberechtigt gewesen wären. Ein bißchen ging es in den Urgemeinden so zu wie im gallischen Dorf von Asterix und Obelix, nur daß eben statt eines Zaubertrankes der Heilige Geist, auf alle gleichermaßen ausgeteilt, das Leben der Gemeinden ausmachte.
Dann kam eine große Korruption, aus den basisdemokratisch gestalteten Urgemeinden entwuchs eine hierarchisch strukturierte Kirche, bis dann Luther die Kirche zu ihrer Ursprungsgestalt zurückführen wollte. Spätestens zur Zeit Kaiser Konstantins wäre dann die Kirche völlig deformiert gewesen, sie war katholisch geworden. Das müsse nun rückgängig gemacht werden. Dies Narrativ bildet so eines der Säulen, auf der dann der synodale Irrweg sich auferbaut.

Früge man nun, ob diese Narration den sich auch geschichts-wissenschaftlich verifizieren, müßte enttäuscht abgewunken werden: Die Quellen lassen diese Deutung nicht zu. Aber das stellt für dies Narrativ kein Problem dar, denn per Quellenkritik läßt sich ja leicht nachweisen, daß die Quellen selbst tendenziös perspektivisch das Urchristentum darstellen, sodaß wir erst die wahre Geschichte hinter den Quellen zu eruieren haben. So konstituiert sich dann das Reich unsere Phantasie, daß Phantasmata über das Urchristentum so ermöglicht werden.
Wie desillusionierend fallen dagegen die Texte der Bibel aus! Jesus von Nazareth, der autokratisch 12 seiner Schüler zu Aposteln erwählt, ohne überhaupt seine „Jünger“ zu befragen, ohne daß eine Wahl stattfand! Ja ganz autokratisch setzte Jesus Petrus als den Hirten seiner Kirche ein. Die Beauftragung: „Weide!“ zitiert ein wesentliches Moment der Königsideologie, daß ein König wie ein guter Hirte sein Volk regiere und so den Anspruch zu erheben hat, daß ihm das Volk zu gehorchen habe.
Weiden“ heißt monarchisch regieren! Im ersten Apostelkonzil entschieden über die theologische Sachfrage die Apostel und die Ältesten allein in der Kraft des Heiligen Geistes, die Laien wurden dann erst hinzugezogen, als es um die Frage ging, wie nun die Beschlüsse in dieser Causa bekannt zu machen sind.
So ist es wohl kein Zufall, daß trotz dieses Narratives auf dem synodalen Weg mehr wert gelegt wird auf die Vorstellung, daß die Kirche so etwa sich der Welt anzupassen habe und daß so für sie der Frauenwunsch nach der Einführung eines Frauenpriestertumes relevanter sei als biblische theologische Begründungen. Trotzdem darf aber die Suggestivkraft dieses Narratives nicht unterschätzt werden, ja dieses urprotestantische Narrativ fällt eben auf so fruchtbaren Boden, weil so viele Katholiken nicht nur dieses Irrweges im Geiste schon gute Protestanten sind.  

Zusatz:
Es fällt aber auch auf, daß im Trend der Selbtverweltlichung der Kirche zusehens auf biblische und theologische Begründungen für die Modernisierung der Kirche verzichtet wird: Weil es in der Welt so ist, hat es auch in der Kirche so zu sein: 
"Ihre Forderungen begründet die kfd unter anderem mit dem im Grundgesetz und der UN-Menschenrechtscharta verankerten Recht auf Gleichberechtigung von Mann und Frau. Es sei weder nachvollziehbar noch akzeptabel, dass Frauen bestimmte Leitungspositionen, Dienste und Ämter innerhalb der Kirche aufgrund ihres Geschlechtes verwehrt werden. "Der Ausschluss von Frauen widerspricht unserer Gesellschaft im Hinblick auf Gleichberechtigung und Demokratie und muss korrigiert werden", heißt es in dem Papier." Kath de 21.6.2019.



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