Mittwoch, 17. Juni 2020

Vorsicht: eine nicht mehr zitierbare Bibelaussage

Existieren in der hl. Schrift nicht mehr zitierbare Stellen, oder dürften sie dann nur noch zitiert werden, wenn hinzugefügt wird, daß das heute nicht mehr so gesagt werden darf? Wie selbstverständlich ist uns diese Selbstzensur geworden, daß wir es tatsächlich als Skandal empfänden, würde eine dieser Bibelaussage zitiert, ohne daß sofort eine energische Distanzierung erfolgte. 
Ein Beispiel: 
In der Johannesoffenbarung steht geschrieben: Scio tribulationem tuam, sed dives es: et blasphemaris ab his, qui se dicunt Judaeos esse, qui non sunt, sed sunt synagoge satanae. (= Ich kenne deine Bedrängniß, und deine Armuth, doch du bist reich, und du wirst gelästert von denen,die sich selbst Juden nennen und es nicht sind,sondern eine Synagoge des Satans) (2,9) In dem blasphemaris klingt aber immer mit: gottlästerlich lästern, sodaß die hier von Augustin Arndt (Die Heilige Schrift Alten und Neuen Testamentes mit dem Urexte der Vulgata 1903) nicht ganz das Ausgesagte trifft.
Der Skandal ist unverkennbar die Qualifizierung der jüdischen Synagoge als Synagoge des Satans. Arndt kommentierte diese Aussage noch so (S.941, Fußnot 23):
 "Woher die Trübsal kommt, zeigt das Folgende:aus der Verlästerung der Juden. Mit Absicht nennt der Apostel eine Synagoge (griech nicht ecclesia)des Satans, nicht sie sind das Volk Gottes, sondern die Christen.“
Die Einheitsübersetzung aus dem Jahre 1999 kommentiert diese Stelle so:Johannes betont stärker als Paulus, dass nur die christliche Gemeinde >das Israel Gottes <(Gal 3,16) ist. Die Juden, die Jesus als den Messias ablehnen, sind nicht mehr >Gemeinde Gottes< (Num 16, 3 u ö)sondern >Synagoge< (=Gemeinde) des Satans.“
Nicht sicher bin ich mir, ob das Zitieren dieser Stelle schon eine strafbare Handlung sein könnte, etwa eine Volksverhetzung?, aber der jüdisch-christliche Dialog und die Politische Korrektheit verbieten, dies zu zitieren. Die Bibel ist eben nicht immer politisch korrekt, deshalb wird sie selbst einer Zensur unterworfen. Da zudem man in der Kirche schon längst Abschied vom Teufel genommen hat, hat sich diese Aussage sowieso erledigt. Und wie konnte eine solche unerlaubte Aussage in die hl. Schrift kommen? Auch hier findet die zeitgenössische Exegese eine klare Antwort: Das sei eben nur die Privatmeinung des Verfassers dieser Apokalypse und so, wie eigentlich dieser ganze Text, unverbindlich. So entsorgt man eben unliebsame Bibelaussagen.


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