Texte
sind eindeutig, so werden sie verfaßt und so sind sie zu verstehen.
Nur, eine Erfahrung spricht dagegen: eine Deutschunterrichtsstunde
mit der allseits bekannten Lehrerliebingsfrage, was uns der Autor
wohl mit diesem Text hat sagen wolle. Läste wer die
Sekundärliteratur zur Kafkas Erzählung: „Der Prozeß“, er fände
so viel verschiedene Antworten, daß sich die Frage aufdrängt, ob
denn wirklich jedem Kommentar der selbe Text zu Grunde gelegen habe.
Luther
legte den Römerbrief und den Jakobusbrief aus mit dem Resultat, daß
beide Briefe sich in dem Punkte der Rechtfertigungslehre so sehr
widersprächen, daß entweder Paulus oder Jakobus die Wahrheit lehre.
Luther entschied sich für Paulus und verurteilte so die „strohernde
Epistel des Jakobus“. Kann es aber sein, daß die hl. Schrift in
einer so grundlegenden Frage zwei miteinander inkompatible Antworten
gibt? Aber Paulus Römerbrief und der Jakobusbrief sind so auslegbar,
daß sie als unvereinbar zueinander zu stehen kommen.
Dies
gründet sich nun nicht einfach in einem Verlesen und Mißverstehen
dieser beiden Texte sondern ist die Folge der Polyinterpretabilität
der Texte, jedes Textes, könnte hinzugefügt werden.Ein Text
emanzipiert sich eben von der Autorenintention, wird so zu etwas
Objektivem und kann dann der Subjektivität des Kommentators
unterworfen werden. (Vgl Roland Barthes: Der Tod des Autors).
Daraus
resultiert die Notwendigkeit einer Auslegungsnorm für die Bibel. Das
ist eine der Funktionen des Glaubensbekenntnisses.
Die Texte
des 2. Vaticanums sind nun auch polyinterpretabel. Zwei
Auslegungstendenzen stehen sich dabei gegenüber als die
dominierenden:
A) Die
Texte dieses Konziles widersprechen in Wesentlichem der bisherigen
Lehre der Kirche und können so nicht anerkannt werden und
B) Die
Texte dieses Konziles stellen einen Bruch mit der Tradition dar und
das sei gut so, denn das wäre der Fortschritt der Theologie.Das Neue
entwertet so die vorkonziliare Theologie.
Papst
Benedikt versuchte nun, einen Ausweg aus dieser Problematik zu
finden, daß entweder um des Neuen willen die vorkonziliare Theologie
entwertet wird oder daß um der Tradition willen das Neue dieses
Konziles reprobiert wird. Die Hermeneutik der Kontinuität sollte
als Auslegungsnorm fungieren,daß wie die hl.Schrift sich nicht
widersprechen könne, so könnten auch Aussagen des 2.Vaticanums
nicht der Tradition widersprechen. Das heißt nun, daß nur eine
solche Interpretation dieser Konzilstexte als wahr gelten kann, die
sie als in der Kontinuität mit der Tradition sic befindend auslegt.0
Genau das
evozierte nun den Widerstand des modernistischen Lagers in der Kirche
mit seiner Hauptthese, daß die Lehre der Kirche immer zeitbedingt
gewesen sei,sodaß sie sich immer wieder neuen Zeiten einzupassen
habe, daß so die Diskontinuität das einzig Kontinuierliche in der
Kirche sei.Deshalb müsse sich die Kirche ja auch im „synodalen
Irrweg“ noch mehr als es schon dies Reformkonzil tat, der neuen
Zeit einzupassen. Kath info zieht am 29.6. :“Als Papst XVI 2005
die Hermeneutik der Kontinuität verkündete“ die
ernüchternde Bilanz, daß auch in diesem Punkte der Papst sich nicht
durchsetzen konnte und nun die Deutung des Bruches mit der Tradition
vorherrscht als Ermächtigung dafür, nun weiter radical die Kirche
zu entkatholisieren.
Corollarium 1
Das Konzept der Entkatholisierung der Kirche verlangt eben notwendig, daß im Prinzip alle bisher gültigen Lehren der Kirche entwertet werden können. Das wird erreicht durch die These der historischen Bedingtheit all ihrer Lehren und der These, daß gerade das 2.Vaticanum den Bruch mit der Tradition vollzogen habe als Akt einer legitimen Weiterentwickelung der Theologie, die eben Veraltetes zu überwinden habe. Nur das sich immer wieder Erneuernde sei wahr, nur Nostalgiker lieben die Tradition.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen