Verdrängte
Wahrheiten- was wir nicht mehr lesen möchten!
„Wir kämpfen nicht gegen
Menschen.Wir kämpfen gegen unsichtbare Mächte und Gewalten,gegen
die bösen Geister zwischen Himmel und
Erde,die jetzt die dunkle Welt beherrschen.“ (Epheserbrief,
6,12). Armin Risi zitiert gerade diese Epheserbriefstelle
(Machtwechsel auf der Erde, 1999, S.229) um seine breit entfaltete
Weltdeutung biblisch zu fundieren, daß die Erde ein umkämpfter Ort
ist, wo gerade dunkle Mächte um die Weltherrschaft kämpfen, daß
hier Paulus ernst zu nehmen ist, daß hier übernatürliche Geister
kämpfen, die in der christlichen Religion als gefallen Engel
begriffen werden, die aber auch nach ihrem Fall nicht ihre
übernatürlichen Kräfte verloren haben, wie ja auch Adam seine
natürlichen Kräfte behielt nach seinem Sündenfall.
Anders
gesagt. Die Menschheitsgeschichte ist nicht verstehbar, wenn sie nur
als das Produkt menschlichen Wirkens verstanden wird. Das muß dann
gerade auch für die Geschichte der Kirche gelten: „In
der Predigt
beim Pontifikalamt am Hochfest der Apostelfürsten, dem 29. Juni
1972, geht Papst Paul nun auf den Teufel
in Beziehung zum aktuellen Geschehen in der Kirche ein. Er sagt: „Wir
haben das Gefühl, dass durch irgendeinen Spalt der Rauch des Satans
in den Tempel Gottes eingedrungen ist... Es ist zum Eingriff einer
feindlichen Macht gekommen, ihr Name ist ,Teufel‘
(diavolo)... Wir glauben, dass etwas Außernatürliches in die Welt
gekommen ist, nur um zu stören, die Früchte des Konzils
zu ersticken.“ (Kathpedia,
Ansprache
von Papst
Paul VI.
über den Teufel
15.
November 1972)
Szenenwechsel:
„Die
größte Gnade auf dieser Welt ist, so scheint es mir, das
Nichtvermögen des menschlichen Geistes, all ihre inneren
Geschehnisse miteinander in Verbindung zu bringen. Wir leben auf
einem friedlichen Eiland des Unwissens inmitten schwarzer Meere der
Unendlichkeit, und es ist uns nicht bestimmt, diese zu bereisen. Die
Wissenschaften - deren jede in eine eigene Richtung zielt - haben uns
bis jetzt wenig bekümmert: aber eines Tages wird das Zusammenfügen
der einzelnen Erkenntnisse so erschreckende Aspekte der Wirklichkeit
eröffnen, daß wir durch diese Enthüllung entweder dem Wahnsinn
verfallen oder aus dem tödlichen Licht in den Frieden und die
Sicherheit eines neuen, dunklen Zeitalters fliehen werden.
(Lovecraft,
Chulhus Ruf (vgl; mein Buch, der zensierte Gott)
Wie
sind Romane, Erzählungen des Genres des Horrorromanes
interpretierbar, wie wird man einem Schriftsteller wie H.P. Lovecraft
gerecht? Eingedenk der These Roland Barthes vom Tod des Autors,könnte
gesagt werden, daß der Text sich von der Autorenintention
emanzipiert und somit erst sich objektiviert. Der Text ist so nicht
mehr ein Ausdruck einer ursprünglichen Aussagenintention.
Der Text kann so
mehr und anderes beinhalten, als der Autor schreiben wollte. Wenn ein
Text interpretiert wird, kommt es darauf an, in welchen
Vorstellungsraum er eingeschrieben wird. So könnte Lovecrafts Texte
unter den Begriff der Unterhaltungsliteratur subsumiert werden, um
von da her dann das Besondere dieser Texte zu erfassen, oder
spezifischer als Beispiel der Gattung der Horrorliteratur gedeutet
werden.
Wie
nun, wenn man einen aus dem Rahmen fallenden Versuch startete, dieses
Genre in Beziehung zu setzen mit dieser Epheserbriefaussage? Könnte
es nicht sein, daß die aufklärerisch sich umgeformte christliche
Religion das aus sich verdrängte, die bösen Geister, das
Daimonische und Teuflische, was nun sich in dieser Art von Literatur
wieder zu Wort meldet? Sagen wir es so, daß die Realität des Bösen,
die nicht auf den Menschen allein rückführbar ist,daß das Wissen
darum nicht einfach verschwindet, wenn aufgeklärte Theologen den Tod
des Teufels proklamieren. Es verschwindet weder diese Realität noch
das Wissen um sie, nur, daß dies Wissen, aus dem anerkannten Diskurs
verbannt, in einer Subkultur verdrängt lebendig bleibt.
Was
einst zum Bestandteil der Lehre der Kirche gehörte, heutzutage aber
nur noch als voraufklärerische Phantasmata abgetan werden,
verwandelt sich nun in literarische Erzählungn, phantasievoll oft
sehr kreativ gestaltet, aber doch als ein Spur erkennbar, die den
Leser auf eine verdrängte, im Namen der Vernunft wegszensierte
Realität verweist. Das Außernatürliche
wäre so heimisch geworden in Texten, die fast nur als
Unterhaltungsliteratur konsumiert werden, aber vielleicht werden sie
auch gelesen, weil sie subkutan beim Lesenden ein Einverständnis
evozieren, daß in diesen Texten uns Wahrheiten angedeutet werden,
die wir nur noch hier finden.
Das
wäre vergleichbar mit dem Leseerlebnis von Texten von Maruise de
Sade, daß wir hier Wahrheiten über uns Menschen erfahren, die wir
für nicht wahr halten wollen und dürfen als humanistisch
Aufgeklärte, deren Wahrheit wir aber auch nicht in Abrede stellen
können. So lesen wir da etwas, was wir nicht lesen wollen und lesen
es doch, weil es wahr ist. Selbstverständlich findet dann ein
gebildeter Leser eine Vielzahl von Interpretationsmöglichkeiten,
diese Textwahrheiten wider zum Verschwinden zu bringen, er kann sich
dann beruhigt zurücklehnen, das Gelesene als literarische Exzesse
abtuen, aber es bleibt eine Beunruhigung zurück, der Gedanke, könnte
nicht doch was davon wahr sein, daß der Mensch hinter all seinen
Maskierungen doch so ist.
Verweisen
so evtl auch Lovecrafttexte und mit ihm viele andere auf solche
Wahrheiten? Vielleicht könnte dann auch so einem gewagtem Versuch,
wie Risi in seinem Buch: „Machtwechsel auf der Erde“ vorlegt,
etwas abgewonnen werden, die Geschichte und die Gegenwart einmal auch
von dieser Epheserstelle her zu deuten!
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