„Das
Leben ist zugleich das Leben der Art, welches sich durch das Leben
und Sterben ihrer Mitglieder fortpflanzt, und das Leben jedes
einzelnen Mitglieds.“ (Zizek, Weniger als nichts,2016, S.746).
Das ist auf den ersten Blick keine Beachtung verdienende Feststellung
und doch enthält sie Brisantes.Diese Aussage trifft nämlich auch
auf den Menschen zu:Als Mensch ist er Teil der Gattung Mensch, die
selbst noch einmal ausdifferenziert ist in Rassen und Völkern. Wie
ist nun aber das „Und“ zu bestimmen, daß es das
menschliche Leben als Gattungs- Rassen- und Volksleben gibt und
als das des Einzelmitgliedes? Jedes Mitglied sei so gespalten in
„sein eigenes,besonderes, endliche Sein“ und in das seiner
Art. (S.746f).
Ist
dies Gespaltensein konstitutiv für das Leben des Menschen? Aber es
wird noch komplizierter: Dadurch daß der Mensch auch Geist sei gälte
nun: „Im Leben des Geistes stellt sich eine Singularität
zwischen die Art und ihre einzelnen Mitglieder.In der Folge kann ein
Individuum nicht mehr darauf reduziert werden, ein besonderes
Mitglied seiner Art zu sein, das deren höheren allgemeinen
Interessen untergeordnet ist.“ (S.747) Das Teil des Ganzen soll
nun eine Singularität sein und somit löst es die Struktur
des Ganzen und seiner besonderen Glieder auf. Es ist somit nichts
Höherem gegenüber subordiniert. Es verblüfft, dieses Basiscredo
des Liberalismus hier von Zizek vertreten werdend zu sehen. Diese
Positionierung des Individuumes als Singularität läßt ja
Moeller van den Bruck ausrufen, daß am Liberalismus die Völker zu
Grunde gehen.
Aber
befragen wir doch einfach mal dies Konzept der Singularität. Löst
dies nicht die Spaltung des Menschen in sein Sein als Teil eines
Größeren, der Menschheit, einer Rasse und eines Volkes, aber auch
eines Geschlechtes und seinem Sein als besonderes Individuum auf, daß
es jetzt nur noch ein ungespaltenes Eins ist?
Zudem,
gibt es den Geist nur als singulär einzelnen, sodaß es keinen
übergeordneten Geist, den menschlichen, den rassischen , den
völkischen und den geschlechtlichen gäbe? Wie könnte dann aber ein
Subjekt Teil von etwas Höherem sein, wenn nur das Subjekt als
Singularität vorgestellt Geist hat, aber nicht das Allgemeinere, an
dem es partizipiert und so nur ein Mensch ist.
Wäre
die Menschheit geistlos, könnte die Singularität nicht mehr ein
Mensch sein, sie wäre ob ihres Geistes kein Mensch mehr, wenn das
Menschsein als Ganzes geistlos wäre.
Denken
wir dieses Problem anders: Jeder Einzelmensch ist eine Individuation
der Idee des Menschseins. In der Idee ist der Mensch als
dialektische Einheit von Seele und Leib gedacht in der Polarität
von Mann und Frau. Demzufolge ist auch jede Individuierung
dieser Idee als Einzelmensch eine solche Einheit. Damit ist aber auch
ein Spannungsverhältnis mitgesetzt, nicht nur das zwischen der Seele
und dem Körper sondern auch das zwischen der Idee und der
Individuation. Der Mensch ist so Gattungswesen und ein Individuum.
Angesichts der Ausdifferenzierung der Idee des Menschen in Rasse,
Volk und Geschlecht partizipiert so jedes Individuum an mehreren ihm
Übergeordnetem. Er kann sich so universalistisch als ein Mensch, als
Angehöriger einer Rasse und eines Volkes oder als eine Frau oder ein
Mann verstehen. Er kann dies, weil er all dies ist. So ist er nicht
einfach, sondern vielfach gespalten.
Daß
er sich zu dieser Zerspaltung selbst noch einmal reflexiv verhalten
kann, das ist gerade seine Freiheit und sein Vermögen, Nähe und
Distanz zu anderen Menschen aufzubauen. Bindet das Insistieren auf
die jeweilige Volkszugehörigkeit jeden mit jedem Volkszugehörigen,
so entbindet sich ein Volkszugehöriger, wenn er sich primär als
Mann versteht im Kontrast zum Frausein und es wird die
Volkszugehörigkeitsbindung gelockert, versteht wer sich primär nur
als ein Mensch, kosmopolitisch oder universalistisch.
Nur
eines scheint kaum möglich, ein einfaches ganzheitliches Eins zu
sein. Dies wäre nur möglich, wenn ein Mensch sich ganz und gar
entmenschlichen könnte, um nur noch eine einzigartige Singularität
sein zu wollen.
Wie sich nun Menschen auslegen,und sich auslegen müssen ob ihrer inneren Zerspaltung, das präjudiziert natürlich seine Vorstellung vom richtigen, moralischem Leben: Wem bin ich wie verantwortlich?
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