(kommt es nicht nur auf die Person Jesu und mein persönliches Verhältnis zu ihm an?)
Lehre, Doktrin, Dogmen, all das hat keinen guten Ruf in den zeitge-nössischen Ohren, und daß die Jünger Jesu Christi Schüler und er ihr Lehrer war, das tönt doch auch viel zu intellektualistisch, ist nicht ganzheitlich. Aber es kommt noch schlimmer, wenn Jesus uns belehrt:
„Mir ist vom Vater alles übergeben worden;niemand weiß, wer der Sohn ist, nur der Vater, und niemand weiß,wer der Vater ist, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.“ (Lk 10,22)
Wenn niemand den Vater kennt außer denen, denen es der Sohn offenbart, dann hat das Folgen für die Möglichkeiten der natürlichen Gotteserkenntnis und der Gotteserkenntnis in den anderen Religionen. Es müßten nun die Fragen zu diesem Komplex der Gotteserkenntnis sortiert und geordnet werden. In dieser kleinen Erörterung soll sich nun aber auf die Frage der Heilsnotwendigkeit limitiert werden, wobei unter dem Heil hier jetzt ausschließlich das ewige Leben gemeint sein soll.
Früge ich etwa nur nach der Möglichkeit eines guten Lebens, einem, mit dem ein Mensch subjektiv zufrieden ist, dann wäre es gut möglich, daß Menschen, wahrscheinlich sehr viele respondieren würden, daß sie ganz gut leben könnten ohne jegliche Gotteserkenntnis, ja mancher würde wohl gar meinen, daß es ohne einen Gott sich besser leben ließe als mit einem erkannten; ein unerkennbare wäre ja für den Menschen bedeutungslos.
Ist die Gotteserkenntnis für das Heil des Menschen notwendig und welche Bedeutung hat dabei die allein durch Jesus Christus gewinn- und vermittelbare Gotteserkenntnis.Ob der obigen Belehrung durch Jesus selbst könnten folgende Distinktionen getroffen werden:
Es gibt eine Gotteserkenntnis, die nur dem Sohne zu eigen ist und andere Gotteserkenntnisse, denen aber nicht die Qualität dieser Gotteserkenntnis zu eigen ist. A) Nur die dem Sohne eigene Gotteserkenntnis ist hinreichend für das Ziel der Erlangung des ewigen Lebens oder B) Jesu Gotteserkenntnis ist zwar die vollkommene Gotteserkenntnis, aber die anderen, etwa die der natürlichen Gotteserkenntnis oder die der anderen Religionen reichten aus zur Erlangung des Heiles. C) Ein Sonderfall bildet dabei die Gotteserkenntnis, so wie sie das Alte Testament vermittelt: Reichte diese Gotteserkenntnis aus, so daß Jesu Gotteserkenntnisvermittelung zumindest für die, die die Schriften des Mose und der Propheten kennen, überflüssig zu ihrem Heile war und ist?
Hat also Jesus Christus eine Gotteserkenntnis vermittelt, die zum Heile der Menschen gar nicht von Nöten war? Oder sollte es ganz und gar anders verhalten: Daß Jesus gelehrt hätte, daß es gar keiner Gotteserkenntnis bedürfe, weil jeder ein von Gott Bejahter ist unabhängig davon, ob und was er glaubt und wie er lebt, (so tendenziell Karl Barth), sodaß diese Gotteserkenntnis die Gotteserkenntnis als etwas Heilsnotwendigem ausschließe. Lehrte Jesu also, um alle Gotteserkenntnis so überflüssig zu machen? Diese Fragen müßten nun nochmals verkomplexitiert werden durch die einer Heilsmöglichkeit für Menschen, die so früh verstarben, daß nicht davon ausgegangen werden kann, daß sie zu einer Annahme einer Gotteserkenntnis in der Lage waren, geschweige den zur Hervorbringung einer selbstständigen.
So schwer auch das Respondieren dieser Fragen jedem Theologen fallen muß, die Antwort unseres ersten Lehrers Jesu Christi fällt eindeutig aus: Nur die Gotteserkenntnis, die ihm eigen ist und die nur er (durch seine Kirche vermitteln) kann, ist die, die zum Heile ausreicht. Alle anderen reichten nur aus, um den Menschen als für sein Tuen und Unterlassen als schuldig zu qualifizieren. (Vgl dazu Paulus Römerbrief, 1-7.)
Aber diese Antwort ist nicht nur erst der nachkonziliaren Kirche als inakzeptabel erschienen: Es müsse auch für Menschen, die keine Möglichkeit hatten, Gott durch Jesus Christus zu erkennen, eine Möglichkeit zum Heile gegeben haben, etwa einem Platon, der schon so wahrhaftig von Gott lehrte. Nachkonziliar ist diese Relativierung dann zur Außerkraftsetzung der Lehre von der Heilsnotwendigkeit der christlichen Gotteserkenntnis geworden: Die Gotteserkenntnis in jeder Religion reiche zum Heil aus und lebt ein Atheist auch nur seinem Gewissen nach, so reichte das auch aus. Die Gotteserkenntnis, die dem göttlichen Sohne zu eigen ist und nur durch ihn (durch seine Kirche) vermittelbar ist, ist so zu einem überflüssigem Appendix entwertet.
Besonders der christlich-jüdische Dialog fundiert sich durch das Axiom der Überflüssigkeit der allein Jesu Christi eigenen Gotteserkenntnis. Jesus selbst sagt über seine Lehre: „Mea doctrina non est mea, sed ejus, qui misit me“. (Joh 7,16= Meine Lehre ist nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt hat.) Meine Doktrin, die der Sohn allein von seinem Vater hat, die soll nun für das Heil der Menschen überflüssig sein!
Corollarium 1
Eine einfache fast schon als vulgär zu qualifizierende Entwertung der Doktrin Jesu besteht darin, daß Jesu eigentlich nichts gelehrt außer daß er die Liebe Gottes zu allen Menschen praktiziert habe. Diese Praxis und sonst nichts sei das Christentum. Dem heutig vorherrschendem Antiintellektualismus ist ja überhaupt die Vorstellung eines lehrenden Jesu unerträglich. Dogmen und Doktrinen sind doch nur kirchliche Entstellungen des eigentlichen Anliegens Jesu: Habet alle lieb (und auch alle Tiere)!
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