Samstag, 28. November 2020

Eine kleine Anmerkung zur Kirchenmusik: Schönheit im Dienste Gottes.

Der sehr lesenswerte Aufsatz Doktor Paprotnys zur Kirchenmusik: „Glanz der Heiligkeit. Theologische Überlegungen zur Kirchenmusik mit Pius X.,Pius IX., und Pius XII.“ (Theologisches, Nov/Dez 2020 Sp 539-548) ist faktisch ein großes Plädieren für den gregorianischen Choral als der Kirchenmusik schlechthin. Auf eine Aussage soll sich hier nun kapriziert werden: „Der gregorianische Gesang verlangt auf Grund seiner Natur nicht, dass er von der Orgel oder von einem anderen Musikinstrument begleitet werde.“ (Sp. 547f)Diese Aussage muß sicher im Kontext der Aussage Pius IX, gelesen werden. „Denn kein Instrument, so vortrefflich und vollkommen es auch sei, vermag die menschliche Stimme im Ausdruck seelischer Empfindungen zu übertreffen.“ (Sp.544) Die Tendenz ist klar: Die Gesangsstimme wird privilegiert, sodaß den Musikinstrumenten, wenn überhaupt nur eine begleitende Funktion in der Kirchenmusik zugebilligt wird.

Es drängt sich so der Verdacht auf, ob denn auch in diesem Gebiete die Abneigung der Technik als etwas Naturwidrigem und Künstlichem die Feder führt. Der in der selben Ausgabe von „Theologisches“ publizierte Aufsatz: „Max Thürkauf. Die geistgelenkte Hand greift nach der Erde.Über die technologischen Maßlosigkeiten unserer Zeit- ihre Ursachen, Konsequenzen und ihre Überwindung“ von Magdalena S.Gmehling führt uns geradezu exzessiv diese nicht nur in der Katholischen Kirche präsente Technikphobie vor Augen, daß eben nur das Natürliche das Gute sei.

Der Reihe nach: Ist denn die Kirchenmusik in erster Linie der Ausdruck seelischer Empfindungen ? Wie ein roter Faden durchzieht diesen Aufsatz die These der Ausrichtung der Kirchenmusik auf Gott als Akt seiner Verehrung. Wäre nun der Gehalt dieser Musik der Ausdruck religiöser Gefühle, religiöser Empfindungen, verbliebe sie ganz in der Immanenz des Menschen und erreichte so Gott nicht, weil sie so im Gefühlsraum des Menschen verbliebe.

Zweitens: Warum soll gerade die Gesangsstimme das Medium der Dar-stellung des menschlichen Gefühlslebens sein? Könnten das nicht auch Musikinstrumente leisten, etwa die Geige, von der es ja die Redewendung gibt: "Und der Himmel hängt voller Geigen“ als Ausdruck euphorischer Gestimmtheit.

Läge es nicht näher, da Gott auch als die Einheit des Wahren, Guten und Schönen zu denken ist, die Schönheit einer Musik als das sie theologisch zum Gottesdienst Qualifizierende zu bestimmen? Daß die wahrgenommene Schönheit einer Musik dann auch Gefühle im Hörer evozieren, das Genießen des Schönen wäre dann ein sekundärer Effekt der primär auf die Schönheit Gottes ausgerichteten Musik, ihr Objektbezug.

Der evangelische Theologe Karl Barth hat in seiner Laudatio auf Mozart (Brief an Mozart) selbstkritisch eingestanden, daß das theologische Denken in seinem Ringen um Gott es nie gelänge, so wahr und schön die Wahrheit Gottes auszudrücken wie es der mozartschen Musik gelänge. Im Himmel spielten die Engel wohl (zumindest ab und zu) Mozart.

Wer nun eine Orchestermesse Mozarts im Ohr hat, wer wollte dise gegen auch einen noch so gut gesungenen gregorianischen Choral eintauschen! Es fehlt dieser Choralmusik eben die erhabene Schönheit der Musik Mozarts. Gerade der Asketizismus, der Verzicht auf die Musikinstrumentenstimmen läßt diese Musik doch als arm und ausdrucksschwach erscheinen. Vergleicht man nun den Gesang dieses Chorgesanges mit dem Gesang einer Mozartmesse, auch hier fehlt doch der Vergleich zuungunsten der Gregorianik aus: Es fehlt ihm an Lebendigkeit und Vielgestaltigkeit. Wenn gar nur das Schönste gerade gut genug ist für die Gottesverehrung, dann stelle man sich jetzt eine Mozartmesse in einer der wunderschönen Barockkirchen vor: Wird da nicht erlebbar, daß alles irdisch Schöne nur schön sein kann als Teilhabe an der göttlichen Schönheit, die aber nun wirklich auch in der schönen Musik lebendig ist? Wenn nun ein Orchester mit seinem ganzen Reichtum an Instrumenten und den schönen Gesangsstimmen ertönt, wie kann man solch erhaben schöner Musik die Rote Karte zeigen, daß sie nicht in den Gottesdienst gehörte?


 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen