Weltfremdheit- der exilierte Erdenmensch?
„Der christliche Optimismus gründet in der Tatsache,daß wir nicht in die Welt hineinpassen.“ G.K. Chesterton, Orthodoxie.Eine Handreichung für die Ungläubigen, 2015, S.160. „Jetzt aber hatte ich gehört, daß ich mich am falschen Ort befand und meine Seele jauchzte.“ (S.160)
Leben wir Menschen auf Erden auf dem falschen Platze, sind gar Fremdkörper hier auf Erden? Ja, Chesterton schreibt gar, „daß der Mensch ein Monstrum ist“ (S.160), so deplaciert erscheine er auf Erden. Dies sei das Grundgefühl der christlichen Religion, das in einem Zusammenhang stünde mit dem Glauben an einen göttlichen Kreator, der mit der Welt etwas von ihm Verschiedenes und Abgetrenntes erschuf. Der Mensch, von Gott erschaffen, in diese Welt hineingesetzt, wäre so und genau dann ein Fremdling in der geschaffenen Natur, wenn er als Ebenbild Gottes als Gegenüber zur Natur gesetzt ist. Die Seele sieht sich mit der Natur mit etwas konfrontiert, was es nicht ist, das Seelenlose.Dies könnte als ontologische Differenz und somit als Weltfremdheit begriffen werden. Das Fremde ist so dem Menschen als Aufgabe gegeben von dem Schöpfergott, daß er sich die Welt menschengerecht gestalte. Er hat sich erst in ihr zu patriieren, sich in ihr heimatliche Lebenswelten zu erschaffen. So lebt er nicht in der Natur, sondern er lebt, indem er die Natur verkultiviert.
Auf dieser ontologischen Differenz baut sich nun die Differenz zwischen der Natur und dem Menschen, wie Gott sie kreierte und der Differenz zwischen der Natur und dem Menschen, wie sie durch den Sündenfall sich gestaltet, auf. Der Mensch ist nun das verbannte Kind Evas, wie es das „Salve Regina“ auf so wunderbare Weise ausdrückt: „Ad te clamamus, exsules filii Evae. Ad te suspiramus, gementes et flentes in hac lacrimarum“= Zu dir rufen wir verbannte Kinder Evas, zu dir seufzen wir trauernd und weinend in diesem Tal der Tränen.“
Das ist nun die durch die Ursünde und Gottes Zorn über sie erwirkte Zustand der Weltfremdheit des postlapsarischen Menschen: Die Erde ist uns zum Exil geworden, in dem wir als Verbannte leben. Aber es gilt nun auch noch, daß diese gefallene Welt uns als Gestaltungsaufgabe gegeben ist. So soll sich der Mensch in der Fremde beheimaten, in dem er sich in ihr ihm gemäße Lebensräume erschafft und doch bleibt er auf Erden in der Fremde, denn seine Heimat ist der Himmel. Diese Spannung zwischen der Weltfremdheit und des Willens, die Welt in eine menschliche Heimat umzugestalten, macht die Grundgestimmtheit der christlichen Religion aus, charakterisiert sie. (Vgl dazu auch: Peter Sloterdijk, Weltfremdheit, sehr viel gediegener)
Die Bibel entfaltet diese Weltfremdheit in zweierlei Gestalt, als weltimmanente Fremdheit, als das Volk Israel exiliert wurde nach Babylon- ob ihrer Sünde- und als die Exilierung aus dem Paradies- ob des Menschen Sünde-, sodaß das In-der-Welt-Sein als ein In-der- Fremde-Sein expliziert wird.
Daß aber nur von dem Menschen als Geschöpf Gottes ausgesagt wird, daß Gott ihm eine Seele einhauchte, zeigt aber schon die ontologische Differenz an, daß er als Seele etwas anderes als ein reines Naturwesen ist, denn als Seele ist er nichtnatürlich. Das ist seine exzeptionelle Stellung in der Natur als ein ihr Gegenüber.
Chesterton: „Wir müßten diese Welt lieben, um sie überhaupt verändern zu können.Nun setze ich hinzu: Wir müssen eine (reale oder phantastische)Welt lieben, um etwas zu haben, wenn wir sie verändern können.“ (S.203) Dies ist das in der Welt und doch aus einer anderen zu sein, das das praktische Verhältnis zu unserer Welt bestimmt.
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