Samstag, 24. Juli 2021

Gehorsam und Grenzen des Gehorsams - ein Problemanzeige: Ist immer dem Papst zu gehorchen, auch in der Causa der „Alten Messe“?


Gott hat man mehr zu gehorchen als den Menschen: Dieser Aussage würde sicher jeder religiöse Mensch ad hoc zustimmen. Nur wer erkennt wie, was denn nun Gottes Wille ist, dem zu gehorchen ist und gibt es nicht Menschen, denen wir mehr als anderen zu gehorchen haben.

Wenn in einem Fußballspiel der Schiedsrichter einen Elfmeter gibt, dann müssen alle Spieler diese Entscheidung akzeptieren, auch wenn sie fest davon überzeugt sind, daß in diesem Falle der Schiedsrichter falsch sich entschieden habe.

Es gibt nun Christen, die meinen, daß wenn letztinstanzlich ein Gericht entschieden hat, daß ein Asylantrag abgelehnt werden muß,sie das Recht hätten, den so Abzuschiebenden ein Kirchenasyl gewähren zu dürfen, um so doch noch eine Aufenhaltsgenehmigung zu erwirken. In diesem Falle können sie sich selbstredend nicht auf Gottes Willen berufen, daß Gott ihnen offenbart hätte, daß dieser Asylantrag angenommen hätte werden müssen. Auch verfügen sie über keine Sachkompetenz, daß sie besser als das Gericht diese Causa hätten entscheiden können. Faktisch urteilen hier Gutmenschen in der ihnen eigenen Selbstgewißheit, daß sie eben besser Bescheid wüßten und darum sie im Recht sind. Das führt dann aber auch da zu, daß rechsstaatlich getroffenen Entscheidungen nicht mehr respektiert werden. Wer hier dann sagt, daß Gott mehr zu gehorchen sei als den Gerichtsentscheidungen, mißbraucht offenkundig hier Gott, indem eine rein menschliche Meinung mit dem Willen Gottes identifiziert wird: Was ICH will, das ist Gottes Wille.

Was nun aber, wenn Regierungen der Entscheidung des EU-Parlamentes folgend, die Tötung von Kindern im Mutterleibe als ein Menschenrecht anzusehen, Ärzte und anderes Krankenhauspersonal zur Tötung von Kindern im Mutterleibe verpflichten , damit Frauen dies ihr Menschenrecht auch ausüben können? Hier ist der Fall eindeutig: Die Tötung von unschuldigen Kindern im Mutterleibe widerspricht eindeutig dem Willen Gottes, sodaß hier jeder Gehorsam dem Staate gegenüber ein Ungehorsam Gott gegenüber ist. Diskussionswürdig ist aber die Frage, ob dann der Ungehorsam dem Staate gegenüber mit der Gewissensfreiheit zu legitimieren ist, denn dann dürfte ja jeder Arzt Kinder so töten, wenn es sein Gewissen ihm erlaube. Aber auch wenn ein Arzt guten Gewissens Kinder so tötet, sündigt er und kann sich nicht mit der Aussage, daß ihm sein Gewissen dies Töten erlaubt habe, exculpieren.

Anders stellt sich die Frage, mit welchem Grund kann der Staat es tolerieren, wenn Ärzte eine von ihm verlangte Handlung verweigern. Hier setzt dann der Begriff der Gewissensfreiheit ein, der besagt, daß der Staat Menschen nicht dazu zwingen darf, gegen ihr Gewissen etwas tuen zu müssen. Dies setzt einen Staat voraus, der die Gebote Gottes nicht als ihn verpflichtende Gebote ansieht, sondern nur noch als eine religiöse Tradition, der sich einige der Staatsbürger verpflichtet fühlen. Er kann es dann tolerieren, daß so sich verpflichtet Fühlende weigern, Handlungen zu vollziehen, die mit den göttlichen Geboten unvereinbar sind; er gewährt so die Gewissensfreiheit. Für den religiösen Menschen ist das aber keine Gewissensfreiheit sondern das göttliche Gesetz verpflichtet ihn zum Ungehorsam einem solchen staatlichen Tötungsanliegen gegenüber.

Wie sieht es nun aber im Raume der Kirche aus? Wie verhält es sich hier mit dem Gehorsam den Kirchenoberen gegenüber und gibt es Grenzen des Gehorchenmüssens. Einfach zu respondieren wäre diese Frage, könnte geurteilt werden, daß der Wille der Kirchenoberen immer eins wäre mit dem, was Gott will.Aber dann würde die schlichte Tatsache eskamotiert, daß auch die Kirchenoberen Menschen sind, die in der Frage, was denn jetzt Gott wolle, sich irren können.

Wer kann dann wie erkennen, ob eine Anordnung von Kirchenoberen zu gehorchen sei oder ob ihr nicht zu gehorchen sei. Für den katholischen Christen spitzt sich diese Frage zu zu der, ob und wann dem Papst der eigentlich immer zu leistende Gehorsam verweigerbar ist. In conservativeren Kreisen der Kirche scheinen einige, um sich radical vom linksliberalen: Ich gehorche nur mir!, abzusetzen, nun in das andere Extrem zu verfallen, daß dem Papst immer zu gehorchen sei. Dann hätte aber der Apostel Paulus niemals dem zum ersten von Jesus selbst eingesetzten Papst Petrus widersprechen dürfen, wie es uns der Galaterbrief berichtet. Diese Kontroverse zwischen Petrus und Paulus demonstriert eindeutig, daß selbst der erste Papst in einer theologischen Sachfrage irren konnte und so Paulus nicht gehorchte.

Aber damit ist für eine Kriteriologie, wann ist dem Papst nicht zu gehorchen, noch nicht viel gewonnen. Aber eines kann doch jetzt schon, bei dem Stande der jetzigen Erörterung ausgesagt werden: Wenn der Papst etwas lehrt oder zur Nachahmung verlangt, was eindeutig gegen die Gebote Gottes verstößt, darf ein Katholik nicht gehorchen, wenn etwa der Papst verlangte, daß nun auch wir wie er die Götzin „Pachamama“ zu verehren hätten.

Darf nun ein Papst die Art, wie die Katholische Kirche über 400 Jahre lang Gottesdienst feierte - faktisch- verbieten, oder den Bischöfen anempfehlen, sie zu verbieten? Das könnte er doch nur, wenn er beweisen könnte, daß spätestens seit dem Trienter Konzil die Kirche nicht die Gottesdienste mehr so gefeiert habe, wie es Gottes Willen entspricht und daß darum dieser Fehler beseitigt werden müsse. Aber die Katholische Kirche kann sich, weil Jesus Christus ihr lebendiges Haupt ist, nicht so umfassend in einer so gewichtigen Sache irren. Wenn die “Alte Messe“ aber eine legitime Weise des Gottesdienstes ist, dann kann und darf ein Papst diese nicht verbieten wollen bzw empfehlen, sie zu verbieten. Damit zerstört nämlich der Papst die Einheit der Kirche, indem er eine so lang währende Praxis nun als fast unerlaubte dysqualifiziert. Ein Papst kann nicht aufgrund einer persönlichen Vorliebe für die „Neue Messe“ die, die so lange praktiziert wurde, als faktisch illegitim abqualifizieren. Eine wahre Gottesdienstgestalt, wie die der „Alten Messe“ verfügt eben über keine limitierte Haltbarkeit, sodaß sie als „abgelaufen“ aus dem Lebensmittelregal entfernt werden müßte.

Vorbehaltlich besserer Einsicht votiere ich so dafür, in der Causa des faktischen Verbietens der „Alten Messe“, dem Papst nicht zu gehorchen: wir müssen ihm in dieser Causa wie einst auch Paulus im Galaterkonflikt widersprechen.

 

1 Kommentar:

  1. Die Grenze des Gehorsams ist erreicht! Definitiv. Mir ist aber inzwischen klar, warum der regierende Papst erstmals in der Geschichte den Wortlaut des Vaterunser zur Disposition gestellt hat: Er selbst ist die Versuchung!

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