Freitag, 24. September 2021

Irritierendes zum 1. Gebot: Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. Anfragen an den interreligiösen Dialog


Ein Ehemann kann seiner Frau nur treu sein, insofern es eine Möglichkeit zur Untreue gibt, die er nicht realisiert. Man möge sich diesen Fall vorstellen: Eine Ehefrau frägt ihren Mann, ob er ihr denn auch treu gewesen ist auf der langen Reise und er erklärte: Der einzige Astronaut des Raumschiffes war ich, sodaß ich in der ein Jahr währenden Raumfahrt Dich gar nicht betrügen können, denn ich war da ganz allein. Die Frau könnte nun noch erwidern, daß es eine Untreue in bloßen Gedanken hätte sich ereignen können, aber das würde wohl kaum eine Frau als reale Untreue qualifizieren. Die Möglichkeit zur Untreue ist so die denknotwendige Präsumption der ehelichen Treue.

Wenn es nun nur einen Gott gibt, wenn die monotheistischen Religionen im Recht sind, dann kann es keine Untreue zu diesem einen Gott geben, indem andere Götter statt seiner verehrt werden. Kein Mensch könnte so andere Götter neben den einen wahren Gott stellen, um somit ihm untreu zu werden wie ein Ehemann, der neben seiner Frau sich noch eine Geliebte hält. Das 1.Gebot ist deshalb nur sinnvoll unter der Prämisse, daß es andere Götter gibt, die der Mensch statt des einen Gottes oder zusätzlich zu dem einen verehren könnte. Die exgetische Forschung verifiziert dann diese These: Als das Volk Israel durch die Vermittelung durch Mose dieses Gebot erhielt, glaubte man, daß es vieler Götter gäbe, daß der Gott Jahwe aber an das von ihm erwählte Volk den Anspruch erbebe, daß es nur ihn zu verehren habe. Jahwe habe sich sozusagen mit diesem Volke verehelicht, einen Bund geschlossen, der das Volk zur alleinigen Verehrung Jahwes verpflichte.

Diese eheliche Treue ist nun permanent gefährdet durch die Existenz der anderen Götter und der Neigung des Volkes zum Fremdgehen. Warum nicht Gott und Baal dienen? Vielleicht ist es ja nützlich, mit mehr als einem Gott verbunden zu sein. (Erst im babylonischen Exil formte sich dann die Monolatrie: Es gibt viele Götter, aber wir haben nur dem einen Jahwe zu glauben um zu einem Monotheimus, daß es nur einen Gott gibt und daß die anderen von Menschen verehrten gar keine Götter sind. Es ist die erste Religionskritik aufgrund einer monotheistischen Religion.

Welche Bedeutung kann dann dies 1.Gebot für uns Heutige haben. Meist wird dann eine solche Hilfskonstruktion in Anschlag gebracht: Der Mensch erschüfe sich seine Götter, indem ihm irgendetwas in nicht angemessener Weise wichtig wird. Da sollen Fußballfans ihre Nationalmannschaft zu ihrem Gott werden, weil ihnen nichts Wichtigeres gibt als ihre Mannschaft siegen zu sehen, andere vergöttern ihre Briefmarkensammlung oder ihre Geliebte oder ...Recht überzeugend klingt das aber alles nicht, denn realistischer gesehen: Wer unterhält denn wirklich zu einem Hobby ein religiöses Verhältnis? Auch der daraus abgeleitete Puritanismus, daß man seine Vorlieben für einen Fußballverein, seine Briefmarkensammlung oder für eine politische Partei nicht übertrieben wichtig nehmen, verkennt wohl den Ernst des 1.Gebotes. Oder würde eine Ehefrau ernsthaft ihrem Manne eheliche Untreue vorwerfen, wenn er an jedem Samstagnachmittag seine Sportschau (zwanghaft?) anschauen muß?

Kann unter der Prämisse, daß es nur einen Gott gibt, wirklich das 1.Gebot noch eine Bedeutung haben, wenn auf die obig zitierte Hilfskonstruktion verzichtet wird? Es gibt nicht nur eine monotheistische Religion, die des Christentumes sondern drei jetzt bedeutsame Religionen. Das führt notwendigerweise zu der Frage: Verehren diese 3 Religionen, die christliche, die jüdische und die islamische den einen Gott, den, den es allein gibt, nur eben auf verschiedene Weisen oder gibt es nur den einen Gott, der auf eine der drei Weisen adäquat und dann auf den zwei anderen Weisen inadäquat verehrt wird? Wird Gott nur auf einer Weise recht verehrt, sind dann die 2 anderen Weisen der Gottesverehrung nicht auf den wahren Gott ausgerichtet, sodaß sie faktisch einen Götzendienst praktizieren?

So ist die Frage ernsthaft zu erörtern, ob der interreligiöse Dialog mit seiner Tendenz, jede Gottesverehrung jeder Religion als eine legitim mögliche des einen und allein wahren Gottes anzusehen, faktisch neben dem wahren Gott Götzen stellt, daß also der eine Gott aufgelöst wird in eine Pluralität von Gottesvorstellungen, die alle wahr sein sollen, obzwar sie sich in ihrer jeweiligen Besonderheit von einander klar unterscheiden. Gott, christlich verehrt, Jahwe, jüdisch verehrt und Allah islamisch, das kann nicht einfach als eine Dreifaltigkeit des einen wahren Gottes gedeutet werden.

Auch ist dann zu fragen, warum denn Gott statt einer wahren Religion drei wahre gegründet haben soll, die sich gar in ihren Gotteslehren voneinander unterscheiden und widersprechen und doch gleich wahr sein sollen. Liegt es hier nicht näher ausgehend vom Phänomen des Falschgeldes, das so ähnlich dem echten ist, daß damit betrogen werden kann, zu mutmaßen, daß es eine wahre Religion und Falschblütenreligionen gibt und daß so gewiß Gott nicht selbst der Autor aller drei Religionen sein kann. Prädestiniert für das Hervorbringen von Falschreligionen ist natürlich der Antigott, der Teufel selbst. Was liegt näher, als die wahre Religion durch falsche zu bekämpfen? Das ist nun für wahr ein völlig unzeitgemäßer Gedanke, aber vielleicht verstehen wir so erst wieder den Ernst des 1.Gebotes.



 

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