Freitag, 10. September 2021

„Klar ist, dass „Inhalte des Synodalen Wegs nicht mit der Lehre der Kirche übereinstimmen“

In dem so betitelten Artikel von Kath de am 10.9.2021 ist dann zu lesen:

Schon in der Präambel des Textes des Synodalforums zur Sexualität wird die perfide Behauptung aufgestellt, dass die katholische Sexuallehre mitverantwortlich für Missbräuche sei, weil sie den normativen Hintergrund bereitstelle, „der solche Taten offensichtlich hat begünstigen können“. Daß der Autor anonym bleiben muß, weil er kirchliche Repressalien befürchtet ob seiner Kritik am „Synodalen Irrweg“, demonstriert, was die Reformkräfte unter der Demokratisierung der Kirche verstehen. Ein kirchlicher Angestellter darf eben nicht schreiben:

Wenn eine propagierte These nicht der Wahrheit des Glaubens entspricht, ist diese eine Irrlehre.“

Denn in postkonziliaren Zeiten gelten Häresien als Weiterentwickelung des Katholischen Glaubens, auch wenn sie klar der Lehre der Kirche widersprechen. Aber wenn Papst Franziskus schon Gott widersprechen darf, daß Gott die Menschenwürde nicht hinreichend berücksichtigt hätte, als er die Todesstrafe für bestimmte Vergehen verlangte, und gar dem Sohn Gottes ein falsches Gottesverständnis zum Vorwurf macht, weil Jesus uns falsch lehrte zu beten: Gott, führe uns nicht in Versuchung, warum soll dann der „Synodale Irrweg“ nicht auch Häretisches beschließen dürfen? Aber das den Reformern auch zu sagen, das möchten sie nicht hören. Häresien als Weiterentwickelung der Kirchenlehre zu bezeichnen, klingt einfach seriöser.

Aber so eindeutig so diese Causa erscheint, es müßte doch erlaubt sein zu fragen, ob denn nicht auch für die Irrtümer dieses „Synodalen Irrweges“ das gilt, was für alle Anhänger findenden Irrlehren gilt, daß sie eben nur deshalb reüssieren, weil in ihnen auch etwas Wahres steckt. Die Reformation hätte niemals so destruktiv erfolgreich sein können, wenn ihre Häupter nicht Unwahres mit Wahrem konfundiert hätten. Erst als solch eine Melange konnte ihre Theologie so viele für sich gewinnen.

Könnte also in diesem Sinne auch ein Wahrheitsmoment in der obig zitierten Aussage aus der Präambel enthalten sein? Der hl. Augustin, dem der hl. Thomas von Aquin nicht nur in dieser Causa zustimmt urteilte: Das Übel der Prostitution sei zu tolerieren, um größere zu vermeiden. Nüchtern konstatiert er, daß wenn alle Frauen sexuell enthaltsam lebten bis zu ihrer Verehelichung, das für die Männer zu gravierenden Problemen führte. Ihre starken sexuellen Bedürfnisse und Leidenschaften könnten sie (zumindest nicht die meisten) so lange unterdrücken, sodaß es zu sexuellen Übergriffen, zu Verführungen und gar zu Vergewaltigungen käme. Darum müßten einige Frauen unehrbar leben, gar den Beruf der Prostitution ausüben, damit die vielen anderen Frauen so vor den Leidenschaften der Männer geschützt werden. Warum urteilt Augustin hier nicht einfach: Die Männer sollen bis zu ihrer Verheiratung enthaltsam leben, also können sie das auch? Weil diese Heiliger ein wirklicher Menschen- bzw Männerkenner ist: Sie könnten das schon, wenn sie wirklich wollten, aber sie wollen nicht enthaltsam leben.

Dieser Realität muß die kirchliche Morallehre mitberücksichtigen. Deshalb lehrt dieser Heilige, daß es sinnvoll ist, ein kleineres Übel zu tolerieren, um ein größeres zu vermeiden. So gehört es zu den bitteren Wahrheiten der Kriege, daß die siegreichen Soldaten nicht nur die von ihnen eroberte Stadt plünderten als ihren Naturallohn sondern auch das Recht sich anmaßten, die Frauen des besiegten Feindes vergewaltigen zu dürfen. Um die Kriege zu „humanisieren“, wenn realistisch davon auszugehen ist, daß die Politik auf das Mittel des Krieges nicht bereit ist, gänzlich zu verzichten, gibt es nun für moderne Armeen „Truppenbetreuerin“, die ihre sexuellen Dienste Soldaten anbieten, um so die Zahl der Vergewaltigungen von Feindfrauen zu vermindern. Hier wird also genau dies Prinzip der Tolerierung eines kleineren Übels zur Vermeidung eines größeren appliziert.

Könnte so gesehen die katholische Sexualmoral, wenn sie dieses Prinzip nicht mehr bejaht, tatsächlich sexuellen Mißbräuche fördern? Das klingt im ersten Moment absurd, aber wenn in dieser Causa auf diese zwei großen Theologen der Kirche gehört wird, könnte doch etwas dran sein. Einfach gesagt: Nur Wenigen ist es gegeben, wirklich als Heilige gänzlich enthaltsam zu leben. Für die „Schwächeren“ müßten dann „kleinere“ Übertretungen der vorehelichen Enthaltsamkeit oder des Zölibates toleriert werden, um große Übel, die sexuellen Mißbräuche zu vermeiden.

Gott gab uns seine Gebote, damit wir sie halten, und er gab uns nur solche, die auch gut für den Menschen sind. Das ist unbestreitbar wahr. Nur vielleicht hat der „menschenfreundliche“ Großinquisitor Dostojewskis auch ein klein wenig recht, wenn er urteilt, daß die Kirche den Menschen wenigstens ab und zu ein wenig zu sündigen zu erlauben habe, damit sie dann keine Todsünden begehen. Wem das zu unmoralisch klingt, der respondiere diese Frage: Ist es moralisch legitim, Soldaten im Kriege Prostituierte zu geben, wenn das a) in der Intention geschieht, Vergewaltigungen von „Feindfrauen“ zu verhindern und wenn b) es tatsächlich zu weniger Vergewaltigungen käme? Moralrigoristen muß das ein inakzeptable Vorstellung sein, aber könnte ihr um des Schutzes der Frauen willen nicht doch mit dem hl. Augustin und dem hl. Thomas zugestimmt werden?


 

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