Donnerstag, 27. April 2023

Eine provokante These: „Ein Gott,der nicht zürnt,liebt auch nicht“ Wider die Verharmlosung Gottes

Eine provokante These: „Ein Gott,der nicht zürnt,liebt auch nicht“ A. Arndt kommentiert so in seiner Vulgataausgabe (1903)diese Aussage des Ephesrbriefes: „et eramus natura filii irae,sicut et ceteri:“= und wir waren von Natur Kinder des Zornes,wie auch die übrigen“. (2,3) „Söhne des Zornes“ könnte auch verstanden werden, als von Natur aus zornig, aber der Kontext spricht eher für den Zorn Gottes auf uns Menschen. Paulus sagt damit: Wir alle, die wir jetzt Christen sind, standen davor unter dem Zorn Gottes, wie es jetzt noch für alle Nichtchristen gilt. Paulus sagt das auch über sich selbst aus, denn in das Wir schließt er sich selbst mit ein. So charakterisiert Paulus dann die vorchristliche Existenz: daß wir tot waren durch unsere Übertretungen und Sünden. (2,1) Das Totsein ist hier natürlich nicht biologisch gemeint, sondern: Ob unseres Sündigens lebten wir fern von Gott und somit waren wir tot, weil wir nicht aus der Quelle des Lebens existierten. Wir wandelten „nach dem Zeitlaufe dieser Welt, nach dem Herrscher,der Macht hat über diese Luft, über den Geist,welcher jetzt wirksam ist in den Kindern des Unglaubens.“ (2,2). Der Mensch außerhalb des christlichen Glaubens wird beherrscht von übernatürlichen Mächten, die hier angedeutet werden, ohne daß hieraus eine Daimonologie zu eruieren wäre. Es soll damit wohl die Herrschaft des Teufels und seiner bösen Geister skizziert werden. Die Aussagenintention ist eindeutig: Der Mensch wird so von diesen Bösen beherrscht, daß er sich nicht selbst aus ihrer Beherrschung befreien kann. Unklar bleibt hier aber das Verhältnis des Sündigens durch den Menschen und sein Beherrschtwerden durch den Satan. Wie kann die Verantwortlichkeit des Menschen für sein Sündigen gedacht werden, wenn von ihm gilt, daß er vom Bösen beherrscht wird? Wenn er beherrscht wird, wie kann er dann noch als so Determinierter für sein Sündigen verantwortlich sein? Die Verantwortlichkeit präsumiert doch die Freiheit des Menschen, sündigen zu können oder es zu unterlassen. Als Ausweg bleibt dafür wohl nur die Vorstellung, daß der Mensch sich freiwillig dieser Herrschaft unterworfen hat und deshalb nun so für sein Tun verantwortlich ist. Der Philosoph Kant erkühnt sich in seinem Versuch, das radical Böse zu begreifen in seiner Schrift: „Über die Grenzen der Religion in den Grenzen der bloßen Vernunft“ zu der These, daß der Mensch sich selbst immer schon vorfinde als einer das Böse als Grundmaxime seines Lebens Gewählthabender. In einer Urwahl habe er sich so bestimmt und nähert sich so der Ursündenlehre der Kirche sehr an. Die Versklavung unter die Mächte des Bösen wäre so eine selbstverschuldete Fremdbeherrschung. Paulus offeriert nun im 3.Vers eine andere Deutungsmöglichkeit, wenn es da heißt, daß wir einst „in den Begierden unseres Fleisches“,in den Gelüsten des Fleisches lebten. Zeichnete man diese Aussage in den Seele – Leib- Dualismus ein, ergäbe das, daß wir ob unseres Leibes, das ist unser Fleisch sündigten, da wie auch immer begründet die Seele nicht die Kraft habe, das Fleisch zu beherrschen. Die bösen Mächte beherrschten uns dann durch unser Fleisch. Nur so würde die Sünde so nicht ernst genommen, denn nur nach dem Fleische sündigten wir dann ja, wohingegen die Seele unsündig wäre. Ich denke, daß das Leben nach dem Fleische die Existenzausrichtung des ganzen Menschen meint, wozu er sich bestimmt hat wie zu leben. Diese Existenzausrichtung könnte als die der Egozentrik gedeutet werden, daß ich alles nur will und tue um meiner selbst willen, daß alles andere mir nur ein Mittel zur Steigerung meines Selbstgenusses ist. „Von Natur aus waren wir Kinder des Zornes Gottes“ heißt dann, daß, weil Gott uns liebte, zürnte er uns dafür, daß wir Kinder der Sünde geworden sind. Wem dieser Gedanke ad hoc völlig unverständlich ist, der möge sich diese Situation vorstellen: Eine Frau sieht einen Mann, der eine Frau leidenschaftlich küßt. Er ist wohl entflammt in Liebe zu dieser Frau und küßt sie so. Aber die Frau explodiert vor Wut und Zorn, den sie liebt diesen Mann, er ist ihr Ehemann. Nur weil sie ihren Ehemann wirklich liebt, zürnt sie ihm. Liebte sie diesen Mann nicht, wäre er nur ein guter Bekannter, warum sollte sie ihm da zürnen? Aber weil es ihr Mann ist, weil es der Mann ist, den sie liebt, zürnt sie. Weil der Zorn so nur die dunkle Seite der Liebe ist,kann sie dem Mann auch verzeihen und ihn wieder lieben, wenn er reuig seine Schuld bekennt. Paulus nimmt so die Liebe Gottes zu den Menschen ernst und gerade darum weiß er auch so beredt vom Zorn Gottes zu reden. Die Lage des Sünders ist eben so schrecklich, weil er als Sünder unter dem Zorn Gottes steht – aber es ist keine hoffnungslose Lage, da der Retter nahe ist: Jesus Christus! Gott zürnt dem Sünder, aber weil er ihn auch liebt, will er ihn durch seinen Sohn retten vor seinem Zorn. Zusatz: "Deus caritas est= Gott ist Liebe" (1,Joh 4,8) heißt nicht, daß Gott nur die Liebe ist.

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