Mittwoch, 26. April 2023

Nicht nur Kriegswaffen an die Ukraine – auch die Kirche muß nun theologisch aufrüsten

Nicht nur Kriegswaffen an die Ukraine – auch die Kirche muß nun theologisch aufrüsten In dem Internetmagazin: „feinschwarz“ wurde nun am 24.April des Jahres 2023: „60 Jahre Pacem in Terris: Relevanz angesichts des Russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine“ eine Weiterentwickelung der „Friedensethik“ der Kirche angemahnt. Die Abkehr von der Lehre vom gerechten Krieg wird dabei begrüßt. Aber: „Grund für die kritischen Anfragen ist die Abwendung von der traditionellen Lehre vom gerechten Krieg innerhalb der christlichen Friedensethik, die sich in den letzten Jahrzehnten vollzogen hat. Das Problem ist, so die Kritik, dass Krieg aus Sicht der modernen christlichen Friedensethik nicht sein darf und nicht sein soll. Dadurch ringt sie sowohl mit der Tatsache, dass es trotzdem weiter Kriege gibt, als auch damit, dass die Anwendung militärischer Gewalt zum Schutz von Frieden, Freiheit, Menschenrechten und Demokratie manchmal unumgänglich ist.“ Also geht es darum, daß nun „die Anwendung militärischer Gewalt“ als erlaubt angesehen werden soll, wenn der Krieg „zum Schutz von Frieden, Freiheit, Menschenrechten und Demokratie“ notwendig ist. Unklar ist bei dieser Formulierung, ob damit gemeint ist, daß ein Land seine eigene Freiheit, seine Menschenrechte und seine Demokratie mit dem Mittel des Krieges verteidigen darf oder ob damit gemeint ist, daß Kriege gegen Länder geführt werden dürfen, um dort die Menschenrechte und die Demokratie durchzusetzen. Da der Angriffskrieg gegen Afghanistan eben auch mit den dortigen Menschenrechtsverletzungen legitimiert worden ist, spricht einiges für die zweite Lesart. Denn die so geschmähte Lehre vom gerechten Krieg erlaubte stets jedem souveränen Staat, sich militärisch zu verteidigen, auch nichtdemokratischen Staaten, in denen die Menschenrechte nicht anerkannt werden. So hat auch der Iran oder China ein Recht zur Selbstverteidigung, wenn es militärisch angegriffen würde. Sollte nun etwa dies Selbstverteidigungsrecht auf die demokratisch regierten Staaten limitiert werden und so Rußland, China und dem Iran abgesprochen werden? Aber seit Napoleon die Errungenschaften der Französischen Revolution, die Menschen- und Bürgerrechte bis nach Rußland exportieren wollte, auch wenn er dann mit diesem Exportprogramm scheiterte, avancieren diese Menschenrechte zu legitimem Kriesgründen. Führten denn die Westmächte nicht schon im 1.Weltkrieg einen legitimen Krieg gegen den Hort der finstersten Reaktion, gegen das preußische Deutschland, das sich der modernen Demokratie unverantwortlich widersetzte? Dann ist wohl die Ostexpansionspolitik des freien Westens, manifestiert in der Gründung der Nato und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft im nachhinein legitimiert. Denn das Ziel des „Kalten Krieges“ gegen Rußland und seiner Verbündeten war ja die Integration aller osteuropäischen Staaten in den freien Westen und der Ausschluß Rußlands aus dem zukünftigen Europa, das dann in Gänze ein Europa der Demokratien und der Menschenrechte sein sollte. Auch wäre so das politische Ziel der Natokriegsunterstützung der Ukraine, einen Umsturz in Rußland zu erwirken durch einen langwierigen Abnutzungskrieg legitimiert, geht es doch nur um die Demokratisierung Rußlands. Ein solches Kriegsziel ist nun mit der Lehre vom gerechten Krieg nicht vereinbar. Soll sich deshalb etwa die Kirche von dieser Lehre entfernen? Aber den Artikel treibt noch eine andere Sorge um, wie denn nun Kriegs-verbrecherprozesse aktuell gegen die russische Regierung durchgeführt werden können. Diese Frage ist eine Frucht der Vermoralisierung des Krieges. Ein Krieg wird eben stilisiert zu einem zwischen Guten und Bösen: Die Bösen müssen dann, nachdem sie militärisch besiegt wurden, auch noch moralisch besiegt werden, indem man sie als Kriegsverbrecher aburteilt. Es ist das Privileg der Verlierer, dann noch so abgeurteilt zu werden, wohingegen die Sieger als die Guten keine Anklage zu befürchten brauchen. So hätten die USA so viel Atombomben, wie sie wollten, auf Großstädte des bösen Feindes abwerfen können, nie würden sie deshalb angeklagt. Das ist alles nicht so ganz einfach mit der Lehre vom gerechten Krieg in Einklang zu bringen, deshalb ist jetzt die Friedensethik der Kirche weiterzuentwickeln, um den Kriegszielen des freien Westens nicht hinderlich im Wege zu stehen – pointiert formuliert das Ziel der Weltbeglückung durch wenn es sein muß die kriegerische Durchsetzung der Menschenrechte und der westlichen Demokratie auf dem ganzen Globus. Theologisch wird bei dieser Vermoralisierung des Krieges nicht hinreichend mitbedacht, daß der Staat seine Schwertgewalt von Gott selbst verliehen hat, daß so das Regieren mit dem Schwert nicht einfach etwas rein Unmoralisches ist.

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