Mittwoch, 7. Juni 2023
Ein schleichender fast unbemerkter Wandel in der Theologie und der Kirche
Ein schleichender fast unbemerkter Wandel in der Theologie und der Kirche
Augenfällige Ereignisse ziehen die Aufmerksamkeit der Medien und so auch der Medienkonsumenten auf sich, sodaß die subkutanen Veränderungen wenig Beachtung finden. Wenn man sich die traditionelle Theologie, isb die Gotteslehre vor Augen führt, fällt eines auf: wie eng sie verknüpft war mit der platonischen und seit Thomas von Aquin aristotelischen Philosophie. Dem vernünftigen Denken traute auch die Theologie zu, Erkenntnisse hervorzubringen, die als wahr gelten konnten und die dann mit den offenbarten Wahrheiten in eine sinnvolle Beziehung zu bringen waren. Kann eine offenbarte Wahrheit einer vernünftig erkannten widersprechen, vollenden die offenbarten Wahrheiten die durch das Denken erkannten vernünftigen, reichen die Erkenntnisse des vernünftigen Denkens aus? Ein großer Frageraum spannte sich so auf, in dem dann der theologische Diskurs stattfand.
Was ändert sich nun, wenn soziologische Fragestellungen den Boden der Kritik der theologischen Diskurse bilden und nicht mehr das philosophische Denken. In den Vordergrund rückt dann die Frage: Wann wer wo wie das gesagt hat?Die theologischen Äußerungen, bis hin zu ihren Fixierungen zu Dogmen werden so zum Material der historischen Kritik. Es gilt nun, eine Biographie der Autoren der theologischen Texte zu erstellen, um dann aus ihr diese Texte zu verstehen. Der Kontext des Autors avanciert dabei zu der Größe, ohne die dessen Texte nicht verstehbar seien. Es gälte, die Autorenintention, die hinter den Texten sich verberge, herauszuarbeiten. Am Ende dieser Kritik kann es dann gelingen, den zu untersuchenden Text erfolgreich in die Biographie des Autoren zu verorten und von daher dann auch zu verstehen.
Das Was des Ausgesagten wird so zu einer biographisch historisch rekonstruierbaren Aussage, die so dem Interpreten manches erkennen läßt über das damalige theologische Denken. Jetzt leben wir in eine anderen Zeit und somit müsse das einst so Ausgesagte in unsere heutige Zeit „übersetzt“ werden, wenn es denn noch eine Bedeutung für uns haben kann. Das philosophische Denken ist dagegen ausgerichtet auf die Invarianten, auf das, was immer so ist und immer so bleibt, das biographisch historisch soziologische kennt eigentlich nur den Wandel: Nichts bleibt, wie es einmal war. Nur vorgestrige Metaphysiker kennen noch ewige Wahrheiten. Die "Erkenntnisse" der vergangenen Theologie sagen so eigentlich mehr über die Autoren aus als über den Gegenstand. Das Denken verbleibt sozusagen in der Immanenz des Denkens und erreicht nie seine Objekte.
Wenn aber alles fließt, dann kann es auch im theologischen Denken keine bleibenden Wahrheiten geben. Was gestern noch als wahr galt, ist heute schon veraltet. Die kritische Aufgabe der Theologie besteht so dann in der Dekonstruktion aller Wahrheitsansprüchen aller vorherigen theologischen Aussagen, um dann ganz für den Augenblicksgeschmack neue „Wahrheiten“ zu konstruieren, die nur so lange wahr sind, wie der Geschmack sich nicht ändert. Denn alle bisherigen theologischen Aussagen seien ja auch so produziert worden, immer seien sie nur Denkprodukte für den damaligen Geschmack gewesen.
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