Montag, 5. Juni 2023

Fundamentales: „Du sollst lieben!“ Wie kann die Liebe etwas Gebotenes sein?

Fundamentales: „Du sollst lieben!“ Wie kann die Liebe etwas Gebotenes sein? Wenn man heute nachfrägt, was denn das Positive an der Kirche sei, wenn man ihr überhaupt noch etwas Positives zubilligt, dann ist es, eine Organisation der Nächstenliebe zu sein. „Ich selbst brauche die Kirche zwar nicht, aber sie leiste schon viel im Bereich der Diakonie,für Arme, Bedürftige, der Hilfe für die Menschen der 3.Welt(wie man es früher formulierte). Liebe, bzw Nächstenliebe sei ihre Kernkompetenz. Quer dazu steht: „Warum ist Religion das langweiligste und einfachste Fach in der Schule? Egal, was die Lehrerin frägt, richtig ist immer die Antwort:Liebe und Jesus!“ Dabei ist dann das Wort:Liebe noch, zumindest aus Bubenmunde so betont zu hören wie: „I, Mädchenkram!“ Welcher Junge mag schon was von „Liebe“ hören. Die meisten Zuschauer der Fernseherfolgsserie:“Sturm der Liebe“, inzwischen über 4000 Folgen sind Frauen und Mädchens. Ist denn überhaupt klar, was denn mit dem Begriff der (Nächsten)Liebe gemeint wird, ja bedeutet er stets das Gleiche, wird er also univok benutzt? Zur Klärung: In den Sätzen: „Der Apfel ist eine Frucht“, die Kirsche ist eine Frucht“ wird das Wort „Frucht“ gleichbedeutend= univok benutzt, in den Sätzen: „Ich gehe zur Bank, um mich zu setzen“ und „Ich gehe zur Bank, um Geld abzuheben“ äquivok, denn hier bedeutet „Bank“ jeweils etwas Verschiedenes. In den Sätzen „Peter ist gesund“ und „Die Medizin ist gesund“ wird „gesund“ analog verwendet, denn es wird damit Ähnliches ausgesagt. Die „Gesundheit“ des Peters ist der eigentliche Begriff der Gesundheit, die Medizin dagegen wird als gesund bezeichnet, weil sie gesundmachend wirkt und somit auf die Gesundheit bezogen selbst als gesund bezeichnet wird. (So Aristoteles) In der Gotteslehre ist diese Unterscheidung fruchtbar gemacht worden, etwa wenn gelehrt wird: Gottes Liebe und die Liebe des Menschen ist weder univok noch äquivok zu verstehen, sondern die menschliche Liebe ist nur der Gottes ähnlich. Die eigentliche ist die Gottes (Genitivs subjektivus), die menschliche ist der nur ähnlich. Würde sie univok gedacht zur menschlichen, würde die Differenz zwischen Gott und Mensch negiert, würde sie äquivok verstanden, könnten wir uns unter Gottes Liebe nichts vorstellen, wie man sich von dem Wissen um eine Sitzbank kein Wissen über die Geldbank erschließen kann. Wenn nun die Liebe ein Gefühl ist, und wohl neben dem Haß das stärkste, zu dem Menschen fähig sind, dann müßte wohl geschlußfolgert werden, daß die Liebe Gottes auch ein Affekt ist, sonst wäre die Vokabel Liebe äquivok verwendet. Die Differenz wäre dann in dem Fehlen des Begehrens zu bestimmen, das zur menschlichen Liebe dazugehört: Ein Mann, der eine Frau liebte, ohne sie zu begehren, liebt sie nicht. Denn die menschliche Liebe ist immer auch eine in seine Sexualität und seinem Fortpflanzungswillen eingeschriebene Liebe. Das könnte uns nun den Versuch wagen lassen, die menschliche Liebe in ihrer Analogie zur Liebe Gottes zu denken,platonisch formuliert als das Abbild des Urbildes der göttlichen Liebe. Aber ein gewichtiges Bedenken evoziert dies Unterfangen: Von dem Menschen wird die Liebe als Liebe zu Gott und zu seinen Nächsten durch das Doppelgebot der Liebe gefordert, sie ist so etwas Anforderbares. Aber die Liebe Gottes ist so unmöglich denkbar: „Weil ich ein Mensch bin, weil ich so viel Gutes tat, hast Du, mein Gott mich zu lieben!“ das klingt fast schon blasphemisch! Aber von uns wird diese Liebe gefordert. Kann denn dies Gefühl der Liebe gefordert, geboten werden? Man stelle sich eine Ehefrau vor, dem ihr Mann eingestanden hat: „Ich liebe Dich nicht mehr!“, kann die dann sagen: „Weil Du mein Mann bist,mußt Du mich lieben. Also liebe mich“? Sie kann wohl von diesem Ehemann fordern, daß er seinen Pflichten als Ehemann und Vater ihrer Kinder weiterhin nachkommt, aber seine Liebe zu ihr ist nicht von ihr gebietbar. So könnte geschlußfolgert werden, daß das Gebot: Liebe, wenn es eine einforderbare Forderung sein soll, nur heißen kann: Erfülle Deine Pflicht Deinen Nächsten gegenüber und auch Gott gegenüber. Werden wir also praktizierende Kantianer. Aber die Liebe meint doch etwas anderes. Richtig,Gott erfüllt nicht eine Pflicht uns Menschen gegenüber, wenn er uns liebt. Bei ihm ist die Liebe ein Affekt uns gegenüber. Er liebt uns und darum will er auch uns Gutes tuen. Wenn ein Mann eine Frau liebt oder eine Frau einen Mann, dann lieben sie sich dazu analog: Auch hier fließt aus der Liebe, dem Gefühl der Wille, dem Geliebten Gutes zu wollen und zu tuen. Dort aber, wo Menschen sich so nicht lieben, da reduziert sich die Liebe zum Gebot der Nächstenliebe,dem Nächsten Gutes zu wollen und zu tuen, das ist dann das Pflichtgemäße, das so auch gebietbar und einforderbar ist. Das Gefühl der Liebe dagegen ist nicht gebietbar. Der Mensch kann dies Gefühl nun in der Differenz zu Gott nur in der geschlechtlichen Liebe und in der Liebe zu seinen Kindern leben, alles andere ist Liebe als eine Pflichterfüllung! Demzufolge wird hier der Begriff der Liebe analog verwendet. Deshalb muß auch die Differenz der Liebe als einem der zwei stärksten Gefühlen des Menschen unterschieden werden von der gebotenen Nächstenliebe.

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