Samstag, 24. Juni 2023

Feststellungen: Wie gerecht werden, wie gerecht sein vor Gott- eine verschwundene Frage

Feststellungen: Wie gerecht werden, wie gerecht sein vor Gott- eine verschwundene Frage „Die Gerechten aber leben in Ewigkeit,der Herr belohnt sie,der Höchste sorgt für sie.“ Weisheit 5,15. Jesus Christus konkretisiert dies dann noch in seiner Bergpredigt: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer,werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.“ Mt 5,20. Zu allen Zeiten wurde in der Kirche und unter den Theologen kontrovers diskutiert, wie denn nun ein Mensch vor Gott ein Gerechter sein kann. Diese Frage führte dann auch zur Abspaltung der Evangelischen von der Katholischen Kirche, da die Reformatoren eine Antwort auf diese Frage konstruierten, die nicht mit der Lehre der Kirche kompatibel war. Die reformatorische Theologie wird dagegen völlig mißverstanden, wenn gemeint wird, ihr ginge es um die Abstellung kirchlicher Mißstände. Der Mensch sollte ohne jedes Mitwirken allein aus der göttlichen Gnade heraus als gerecht vor Gott gelten können. Das Anliegen der Ökumene war es dann, diese Differenz zu bagatellisieren: Im Prinzip lehrte man doch das Selbe, wie ein Mensch vor Gott gerecht werden könne. Nur, diese Frage ist aus dem theologischen Diskurs, außer dem rein historischen verschwunden. Als „ökumenischer Konsens“ hat sich stattdessen das Indikativ-Imperativ- Schema durchgesetzt: Gott liebt jeden Menschen- der Indikativ- und darum hat jeder Mensch alle anderen Menschen zu lieben und sich selbst auch – der Imperativ. Die Liebe Gottes zu jedem Menschen wird dabei schöpfungstheologisch begründet, Jesus Christus habe und dann nur diese Allliebe Gottes verkündet in Wort und Tat. Statt der Frage: Was soll ich tuen, um vor Gott gerecht zu werden, wird jetzt gefragt: Wie werde ich der Liebe Gottes zu allen Menschen gerecht? Wird diese Liebe Gottes als unbedingte behauptet, gilt gar, daß ich, auch wenn ich noch so viel sündigen mag, nie aus dieser seiner Liebe herausfallen könne. In selbstbestimmungstheoretischer Hinsicht wird dann aber gern angemerkt, daß wenn ein Mensch nicht von Gott geliebt werden möchte, er nicht in Gottes ewiges Reich eingehen möchte, Gott diese freie Entscheidung respektieren würde. Gott zwänge keinem das ewige Leben auf. Unklar ist dann aber doch gelegentlich, ob nicht durch ganz arge Sünden ein Mensch doch aus der Liebe Gottes herausfallen könne – das wären dann schwerwiegendste Verstöße gegen die Politische Korrektheit. Dogmatisch formuliert: Weil der Mensch ein Geschöpf Gottes ist, wird er von Gott geliebt. Von Gott geliebt zu werden ist so weder ein Akt der Gnade Gottes noch ein Verdienst sondern das rein natürliche Verhalten des Kreators zu seinen Kreaturen.Der Begriff der Gerechtigkeit verschwindet so ganz aus diesem Diskurs: Gott liebt einfach jeden Menschen, und somit braucht er auch nicht mehr gerecht vor Gott zu sein. Denn Gottes Liebe mache keinen Unterschied zwischen Ungerechten und Gerechten. Damit ist eine Transformation der christlichen Religion in einen Humanitarismus präfiguriert. Corollarium Das Indikativ-Imperativ-Schema setzte sich nach 1945 im deutschen Protestantismus durch. Der reformierte Theologe Karl Barth bekämpfte dabei die lutherische Position: Gesetz und Evangelium: Erst käme das Evangelium: daß Gott den Menschen liebe und darauf das Gesetz: daß der Mensch Gott und die Menschen zu lieben habe. Die lutherische Position ging vom Sünder aus, der Mensch, der im Gesetz sich als Sünder erkannte, der nur durch das Evangelium gnadenhaft gerettet werden könne. Was für Luther ein Ergebnis war: der durch den Glauben Gerechtfertigte, ist für Barth die Voraussetzung, daß der Mensch von Gott immer schon der Bejahte ist. Darum verwarf Barth ja auch vehement die "Unmündigentaufe", denn der Mensch bedürfe keiner Taufe zur Abwaschung seiner Sünden.

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