Montag, 19. Juni 2023

Über die beste aller denkbaren Staatsformen. Eine unzeitgeist gemäße Kritik + 1Zusatz

Über die beste aller denkbaren Staatsformen. Eine unzeitgeist gemäße Kritik „Die demokratische Gesellschaft begnügt sich selbst im besten Fall damit,das Zusammenleben zu sichern.Die aristokratischen Gesellschaften dagegen errichten au der menschlichen Scholle einen Palast von Zeremonien und Riten, um den Menschen zu erziehen.“ Nicolas Gomez Davila, Es genügt,dass die Schönheit unseren Überdruss streift...Aphorismen, 2017,S.72 Dieser Aphorismus ist wahrlich ein grober Verstoß gegen den guten Geschmack, ist es doch eine Selbstverständlichkeit, die Demokratie als die beste aller denkbaren Staatsformen zu qualifizieren,sodaß die auch in dieser Beststaatsform antreffbaren Mängel nur ein Effekt eines Mangels an Demokratie sein können. Das Zusammenleben der Bürger regeln, das sei die Aufgabe der demokratischen Gesellschaft. Das Zusammenleben soll gesichert werden. Aber so gut das auch klingen mag, dieser Bestimmung fehlt doch Wesentliches: Ein Trainer einer Fußballmannschaft regelt ja nicht nur das Zusammenspiel aller Einzelspieler sondern er richtet die Mannschaft auf ein Ziel aus, etwa das nächste Spiel zu gewinnen und erteilt so jedem Einzelnen der Mannschaft seine speziellen Aufgaben zu, damit dann die Mannschaft das Spiel gewinnen kann. So wäre zu fragen, ob denn nicht auch eine Gesellschaft ein Ziel bräuchte, auf das hin sie sich als Ganzes auszurichten habe. Nach Aristoteles ist alles Seiende aus seinen 4 Ursachen her begreifbar. Zur Veranschaulichung: Ein Haus. Die Wirkursache ist der Erbauer des Hauses, die Stoffursache die Summe aller Baumaterialien, die Formursache die Formen, durch die einzelnen Baustoffe zu den Elementen des Hauses gestaltet werden, bis die Form des Hauses gegeben ist und die Zweckursache, daß das Haus zum Bewohnen erbaut wurde. Davila urteilt also, daß die Demokratie keine Zweckursache für die soziale Gemeinschaft mehr kennt. Wenn es denn überhaupt noch Zweckursachen gibt, dann könnten die nur noch im reinen Privatleben der Menschen auffindbar sein, als Bürger des demokratischen Staates existiert für ihn keine Zweckursache. Das wäre vergleichbar einem Schiff, auf dem der Kapitän demokratisch das Zusammenleben der Schiffsmannschaft regelt, aber keine Vorstellung davon hat, wohin man denn segeln will. Das Schiff segelt ziellos durch die Winde mal da mal dorthin getrieben über die Meere. In den Arbeitspausen könne dann ja jeder der Seemänner für sich Privatzwecke verfolgen, für die Schiffsmannschaft gäbe es eben keine. Dem stellt Davila nun die aristokratisch verfaßte Gesellschaft gegenüber. Das ist gewiß eine sehr komplexe Vorstellung. Für das jetzige Anliegen reicht es, sich auf den Aspekt der Zielgerichtetheit zu konzentrieren. Die Menschen sollen erzogen werden. Das Aristokratische bedeutet hier also, daß die Gesellschaft auf ein Ziel ausgerichtet ist, das über den bloßen Erhalt der Gesellschaft hinausgeht. Der Erhalt der Gesellschaft ist dann nur die Voraussetzung dafür, daß sie sich ein Ziel gibt oder daß ihr eines vorgegeben ist, auf daß sie sich dann ausrichtet. Bei einer Fußballmannschaft ist das Ziel ob der Ordnung des Fußballes vorgegeben: Jede Mannschaft will ihr nächstes Spiel gewinnen, darauf richtet sich dann jedes Glied der Mannschaft aus. Davila scheint zu meinen, daß eine demokratisch verfaßte Gesellschaft für eine Zielfestsetzung nicht in der Lage ist. Das Aristokratische scheint dann als die Alternative das Ziel der Gesellschaft in sich schon zu leben als das Vorbild, auf das hin dann die Bürger erzogen werden sollen.Das Aristokratische wäre dann der Lebensstil, der über ein Leben, das sich nur selbst erhalten will, hinauszuweisen. Aber es fehlt in diesem Aphorismus jede inhaltliche Bestimmung, wozu denn erzogen werden soll. Der Grund liegt nun nicht einfach in der Form des Aphorismus, das in dieser Form etwas so Komplexes nicht expliziert werden kann, sondern in dem Ansatz mit dem Begriff der Gesellschaft. Nach Ferdinand Tönnies ist ja die Gesellschaft schon selbst das Zerfallsprodukt der vorgängigen Gemeinschaft, die in ihrem Zerfall eben kein gemeinsames Ziel mehr haben kann, das können nur Gemeinschaften. Als Bürger von postmodernen Gesellschaften haben wir so keine gemeinsamen Ziele mehr.Dazu paßt dann auch die Ziellosigkeit der Demokratie. Theologisch könnte das so formuliert werden: Gott ist die Wirkursache, das Volk die Stoffursache, der Staat die Formursache, das jeweilige Volkstum zu entwickeln die Zweckursache. Zusatz: Der Protestantismus rühmt sich gelegentlich demokratieaffiner zu sein als die Katholische Kirche. Nur während der Weimarer Republik findet man sehr schwer Bejahungen der Demokratie aus protestantischen Federn. Erst nach 1945 entdeckten dann die deutschen Theologen, die katholischen wie die protestantischen ihre einmütige Liebe zur westlichen Demokratie in Westdeutschland.

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