Die hl.Anna im Widerspruch zur zeitgenössischen Universitätstheologie
Die Mutter der hl.Maria bringt wahrlich zeitgenössische Universitätstheologen aber auch so manche metaphysische Gotteslehre in die ärgste Bedrängnis, betete sie doch im Vertrauen auf den Rat ihres Ehemannes so: „Wir wollen Gott überwältigen mit unserer treuen Liebe.“ (Maria Valtorta, Der Gottmensch, Bd 1,S.24) und dann: „Hoffe,hoffe,...wir werden Gott besiegen durch unsere treue Liebe.“ (S.25). Ihr großes Leid: Ihre Ehe blieb kinderlos, sie betete und betete zu Gott, aber ihr und der sehnlichste Wunsch ihres Mannes erfüllte Gott nicht. Zu der so Verzweifelten sprach Joachim, ihr Mut zum beharrlichen Gebet machend. Noch abergläubischer wird es dann, wenn die beiden Gott dies Gelübde machen: „Wenn wir uns drei Jahre an unser Kind erfreut haben,werden wir es dem Herrn schenken.“ (S.29) Vom Kontext her ist dieser Aussage wohl als ein elterliches Gelübde zu verstehen, daß Gott ihnen die Gottesmutter Maria als ihr Kind gab, damit es dann dreijährig in den Tempel gebracht wird, um da ganz für Gott zu leben.
Der simpelste Umgang mit diesen umstürzlerischen Gebets- und Erhörungsverständnis ist, das als ein reines Phantasieprodukt der frommen Schriftstellerin Valtorta abzutuen. Denn die moderne Theologie weiß ja, daß Gott überhaupt keine Gebete erhören kann. Zwei ganz verschiedene Beweisgänge existieren dafür, bzw es können alle auf diese zwei Optionen reduziert werden: Die prinzipielle, daß Gott nicht als Weltexterner in das Weltgeschehen irgendwie einwirken könne, da die Welt als etwas durch sich selbst hinreichend Bestimmtes zu denken sei oder daß Gott als Vollkommener immer nur das Vollkommene will und wirkt, sodaß er so determiniert kein Gebet erhören kann. Denn das Erhören bedeutet ja, daß Gott um eines Gebetes willen etwas will und wirkt, was er nicht wollte und wirkte, wenn er nicht darum gebeten worden wäre. Diese zweite Kritik stellt sich solch ein Bittgebet vor, als bäte wer zum Vollmond: Scheine wie der Vollmond!
„Überwältigen“,“besiegen“ werden nun wohl selbst nichtliberalen Lesern als zu deftig erscheinen, aber wie konnten dann diese zwei so anstößigen Verben in dies sonst so wunderschön fromme Werk kommen? Die simpelste Antwort wäre nun die, der Autoren Glauben zu schenken, daß ihr das ganze Werk: „Der Gottmensch“ von dem Gottessohn selbst her durch Visionen und Diktate zugekommen sei. Da wir Christen nicht an einen Gott glauben, der sich, nachdem er sich in Jesus Christus endgültig offenbart hatte, zur Ruhe gesetzt habe, um nun nur noch als Pensionär dem weiteren Weltgeschehen zuzuschauen, spricht nichts gegen die Möglichkeit, daß der Sohn Gottes so sich Maria Valtorta offenbart hat, es könnte aber auch sich anders verhalten. Damit erleidet dies große Werk das Schicksal, das auch Jesus mit seinen Wundern erlitt: Den einen war es ein Beweis seiner Göttlichkeit,den anderen, daß er kraft des Teufels zum Abfall vom Glauben verführen wolle.
Auch wenn ich persönlich Frau Valtorta für glaubwürdig erachte und auch meine, daß die Schönheit dieses Werkes ein Indiz seiner Wahrheit ist, denn die Erscheinungsgestalt der Wahrheit ist die Schönheit, darum kann ja Dostojewski in seinem Roman: „Der Idiot“ den Protagonisten sagen lassen:“Die Schönheit wird uns erlösen“, so kann in dieser Frage der Gebetserhörung die Frage der Angemessenheit dieser Formulierungen ohne das Argument, dies sei der Autorin offenbart worden, respondiert werden. Da Gott notwendig als allmächtig zu denken ist, ist auszuschließen, daß Gott durch Gebete genötigt wird, gegen seinen Willen,sie zu erhören. Das wäre nun eine Umwandlung des Gebetes in eine magisch wirkende Beschwörungspraxis. Wenn ein Kind weinend vor seiner Mutter steht und bittet:“Bitte gib mir...“ wenn dann die Mutter den Herzenswunsch ihres Kindes erfüllt, dann kann gelten: „Ich konnte nicht mehr Nein sagen, auch wenn ich ursprünglich diesen Wunsch nicht erfüllen wollte.“ Dies:“Ich konnte nicht mehr“ bedeutet nun nicht, daß der Mutter diese Willensänderung aufgezwungen worden ist,sondern daß die Tränen ihres Kindes die Mutter davon überzeugten, das Gewünschte ihrem Kinde doch zu gewähren. Es gilt aber auch: Hätte ihr Kind nicht so sehr geweint,hätte sie den Kindeswunsch nicht erfüllt.
Anna
und Joachim stellen sich Gottes Verhalten zu Gebeten ähnlich vor wie
in diesem Anschauungsbeispiel:Gott kann sagen: Ich will euer Gebet
nicht erhören, aber weil ihr nun so voller Liebe und Gottvertrauen
zu mit betet, will ich es doch erhören.Gott ist so lebendig und
gleicht eben nicht einer perfekt programmierten Computer, daß er als
Freiheit notwendig zu denken, seinen Willen ändern kann. Gott müßte aber als durch sich selbst determiniert gedacht werden, wenn sein Wille nur das wollen könnte, was er als das Gute erkannt hat und wenn präsumiert wird, daß immer nur eine Option gut ist, die als solche von Gott erkannt und dann auch notwendig gewollt werden würde.
Daß Gott nicht in die Welt hineinwirken kann, das ist nun ein modernes Theologenargument wider die Denkbarkeit von Gebetserhörungen, aber auch eine metaphysische Vollkommenheitslehre Gottes kann Gott zu einem toten Gott machen,als einem durch sich selbst völlig determinierten, wie es Heidegger in seiner Kritik der Ontotheologie ausformuliert. Daß Gott seinen Willen ändern kann, ist eine um der Freiheit und Lebendigkeit Gottes willen notwendige Aussage. Daß Gott nun Gebete zum Anlaß nehmen kann,seinen Willen in einem Punkte zu ändern,das drücken diese zwei Verben aus, in denen sich das Vertrauen auf Gott manifestiert,daß er ein lebendiger Gott ist und kein totes Computerprogramm.
Zusatz:
Valtortas :Der Gottmensch gehört gewiß zu dem Schönsten und im besten Sinne des Wortes Erbaulichen der christlichen Literatur.
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