Gott will das Heil aller- aber wie paßt die Nichtuniversalität der Kirche dazu?
Wenn Gott das Heil aller Menschen will, die Kirche als das Mittel, durch das er das Heil für alle ermöglichen will, aber nicht universal ist, sondern erst zu einem bestimmten Zeitpunkt existierte und dann auch nicht auf der ganzen Welt vorhanden war, wie paßt dann der universalistische Heilswille Gottes zu der Partikularität der Kirche? Es könnte nun neben dem ordo salutis, wie Gott durch die Kirche Jesu Christi Menschen das Heil ermöglicht, durch das Medium der Predigt und der hl.Sakramente einen außerordentlichen ordo salutis geben, wie Gott ohne die Vermitelungstätigkeit der Kirche das Heil ermöglichen könne.
Nun heißt es zwar im Hebräerbrief: „Ohne Glaube aber ist es unmöglich, Gott zu gefallen,denn wer zu Gott kommen will,muß glauben,daß er ist und daß er denen,die ihn suchen, ihren Lohn geben wird“ (Hebr,11,6) und Mk 16,16: „Wer glaubt und sich taufen läßt,wird gerettet,wer aber nicht glaubt,wird verdammt werden.“, aber dies wirft die Frage auf, ob diese Conditionen denn auch gelten könnten für Menschen, denen das Evangelium nie gepredigt wurde und für die es keine Möglichkeit gab, sich taufen zu lassen? Würde nun Gott das Heil abhängig machen von diesen zwei Conditionen, die sehr viele Menschen unmöglich erfüllen konnten, wäre das nicht ungerecht von Gott, gliche das nicht, um es in Anlehnung an den humanistischen Theologen Erasmus von Rotterdam zu formulieren, einem Lehrer, der von einem blinden Schüler eine Bildbeschreibung verlangte?
Auswege aus diesem Dilemma sind leicht konstrierbar, daß etwa eine natürliche Gotteserkenntnis jederzeit jedem möglich gewesen wäre,wobei diese für das Heil ausreichte, denn getauft werden konnten ja Menschen erst, nachdem der Sohn Gottes dies Sakrament in seiner Kirche eingesetzt hatte. Es könnte hinzugefügt werden, daß, wenn Menschen, gottgläubig im Sinne der natürlichen Gotteserkenntnis, dann die Möglichkeit des Taufsakramentes gegeben worden wäre, sie sich doch auch taufen gelassen hätten.
Aber diese Lösung produziert fast inakzeptable Kollateralschäden,denn dann wäre Gott ja ganz umsonst Mensch geworden, wenn die allzeits und überall mögliche natürliche Gotteserkenntnis für das Heil ausreichend gewesen wäre.
Noch fataler sind die Folgeschäden, wenn Gottes Liebe zu allen Menschen schon als der hinreichende Grund für das Heil aller konstruiert wird. Die Heilsvermittelungstätigkeit reduzierte sich dann auf die Vermittelung der Erkenntnis der jeden Menschen geltenden Liebe, daß jeder schon objektiv erlöst sei, und die Predigt und die Sakrmente dann nur noch der Erkenntisvermittelung dienten – so etwa der reformierte Dogmatiker Karl Barth. Eine solch rein objektivistische Erlösungsvorstellung muß dann jede Evangeliumsverkündigung und die Spende der Sakramente völlig überflüssig machen.Um des Heilsuniversalismus willen wird so der ganze ordo salutis als überflüssig genichtet und damit auch die Kirche.
Statt nun andere Konstruktionen zu konzipieren, die einen angemesseneren Ausgleich zwischen dem universalistischen Heilswillen Gottes und der Partikularität der Kirche versuchen, soll nun das Neue Testnament befragt werden, ob nicht hier eine gute Antwort auf dies gewichtige Problem zu finden ist. Zwei Lösungen finden sich.
Der erste Ansatz. Jesu Christi Hinabsteigen in das Reich des Todes, auch der Hölle wird im 1.Petrusbrief so ausgedeutet: „So ist er auch zu den Geistern gegangen,die im Gefängnis waren, und hat ihnen gepredigt.“ (3,19). Hier ist mit wenigen Worten eine geradezu faszinierende Lösungskonzeption skizziert: Der Heiland selbst predigt in der Unterwelt allen Verstorbenen und ermöglicht so ihnen, wenn sie der Predigt glauben, ihr Heil. Gott will das Heil der Menschen nicht ohne dessen Mitwirken. Um das aber zu ermöglichen, predigt der Sohn Gottes das Evangelium. Diese Konzeption präsumiert dabei, daß die Verstorbenen, nicht wie es Epikur und die vielen ihm Nachfolgenden lehren, einfach ganz tot sind, sich in Staub aufgelöst haben, sondern als unsterbliche Seelen in der Unterwelt wie in einem Gefängnis existieren und somit auch Hörer der Evangelimsverkündigung werden konnten. Das Heil bleibt so an das Heilsmittel der Predigt gebunden, aber die Predigt selbst wird universalisiert: Jesus Christus selbst predigt den Seelen der Unterwelt.
Der zweite Ansatz findet sich im 1.Korintherbrief des Apostelfürsten Paulus (1.Korinther 15, 29): „Wie kamen sonst einige dazu,sich für die Toten taufen zu lassen?“ Es ist davon auszugehen, daß diese Taufpraxis keine der korinthischen Gemeinde eigene Praxis gewesen wäre und Paulus bejaht diese Praxis. Diese Taufpraxis setzt also die Heilsnotwendigkeit der Taufe voraus, vgl dazu Johannes 3,1-7 und Mk 16,16. In Korinth wurde geglaubt, daß es für die Verstorbenen, die Ungetauften und wohl auch nicht christlich geglaubt Habenden eine Heilsmöglichkeit existiert: Christen lassen sich zu deren Heile taufen. Diese Taufe kommt so den Seelen der Verstorbenen zu Gute. Wie dies denkbar ist, bleibt in dieser Paulusaussage unklar. Wir wissen aber, daß in Korinth es Christen gab, die nicht an eine leibliche Auferstehung der Toten glaubten sondern das ewige Leben nur für die menschliche Seele erhofften.Die Seele an sich wird dabei wohl als unsterblich gedacht, aber in das ewige Leben kann sie dann nur als eine getaufte, sagen wir mal, gereinigte durch die Taufe eingehen. Die Seele kann dabei die Taufe gläubig empfangen , da die Seelen der Verstorbenen ja nicht als tot seiende gedacht werden.
So fand im Urchristentum die Kirche schon früh Antworten auf die Frage: Wie steht es denn um die Heilsmöglichkeit der vielen, die verstorben sind ohne daß sie eine Möglichkeit gehabt hatten, durch die Evangeliumspredigt und das Taufsakrament gerettet zu werden. Ihr Vorzug im Vergleich zu den theologischen Spekulationen: Sie gehören zur hl. Schrift, sind durch diese Autorität verbürgt! Charakteristisch dabei ist, daß beide Lösungen den Glauben an die unsterbliche Seele voraussetzen gerade auch als ein christliches Glaubensgut.
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