Korrumpiertes Christentum? Oder was trat an die Stelle des Evangeliumes?
„Das Christentum hatte die Erlösung von den Leiden und Beschwernissen der Welt im Jenseits verkündet;die neue Relgion des Sozialen verspricht einen gesellschaftlichen Endzustand,in dem Leid und Angst,Gewalt und Unterdrückung,Armut und Ausbeutung nicht mehr auftreten können.“ So konstatiert es Helmut Schelsky, Die Arbeit tun die anderen, 1975, zitiert nach: Klaus Kunze, Wie der Mensch sein eigener Gott wurde-Humanitarismus-Die Religion der Gottlosen, 2022, S.44.
Zwei Beobachtungen: Erstens fällt ad hoc auf, daß die Hoffnung auf den „Endzustand“ der „Sozialreligion“(S.44) eine säkularisierte Version der christlichen Hoffnung auf die „Erlösung“ ist und zweitens, daß die grundlegende Differenz zwischen der christlichen und der Hoffnung der neuen Sozialreligion die zwischen einer Jenseits- und einer Diesseitshoffnung ist. Diese Differenz bestimmt dann aber auch die Differenz des Worauf gehofft wird, indem nun das von Gott Erhoffte reduziert wird auf das Maß des Menschenmöglichen, auf eine Welt, die sich durch ein Wohlleben für alle auszeichnet, einer sozial gerecht gestalteten Welt des Überflusses an allen Gütern, so daß für jeden mehr als nur das Lebensnotwendige vorhanden ist. Das setzt den Glauben an einen technischen Fortschritt voraus, daß am Ende für alle genug und wohl noch mehr industriell produziert werden kann, sodaß alle gut leben werden.
Schelsky kontrastiert hier die christliche Religion mit dieser Sozialreligion des Glaubens an die Perfektibilitierbarkeit der Gesellschaft hin zu einer guten Weltsozialordnung, aber heutzutage drängt sich der Verdacht auf, daß die Kirche und der Protestantismus sich dieser neuen Sozialreligion zu eigen gemacht hat, daß sie ihr Eigenes, ihre Erlösungshoffnung dabei ad acta gelegt hat als etwas nicht mehr Zeit(geist)gemäßes. Die Kritik, daß sie eine Religion der Jenseitsvertröstung sei, das Opium für das Volk (Karl Marx), die nur vertröste, um den Armen der Welt diese gesellschaftlichen Zustände der Unterdrückung, der Armut usw zu ertragen zu verhelfen, hat sie wohl so stark getroffen, daß sie sich selbst in eine solche Sozialreligion transformiert hat. Man muß wohl sagen, daß zumindest in Westeuropa die Kirche nur noch als eine Organisation praktizierter Nächstenliebe, das ist der praktizierten Hilfe für Bedürftige akzeptiert wird.
Aber doch sind Bedenken anzumelden: Die Vision der neuen Erlösungsreligion sei die Hoffnung auf eine sozial homogene Gesellschaft (S.44), sei ihr „Egalitarismus“ (S.44.) Damit identifiziert Kunze diese neue Religion mit der traditionellen Programatik der linken Parteien, von Karl Marx über Stalin bis zur den sozialpolitischen Positionen einiger CDU-Politiker.Der Arbeitnehmerflügel der CDU ist damit gemeint, etwa der Herz-Jesu Sozialist Norbert Blüm.
Wenn man nun aber die Lage des Jahres 1975 mit der jetzigen vergleicht, kann man nicht die Augen davor verschließen, daß die Regierungspolitik dazu führte, daß statt einer Homogenisierung der deutschen Gesellschaft eine Zerspaltung stattgefunden hat, oder sollte man das eine soziale Ausdifferenzierung nennen, wenn es jetzt viele Bürger gibt, die auf Armenspeisungen angewiesen sind, die „Tafeln“ gar nicht mehr alle Bedürftigen mit Lebensmitteln versorgen können, weil die gespendeten Lebensmittel nicht ausreichen! Um es in der etwas außer Mode geratenen Terminologie der Ober-.Mittel-und Unterschicht auszudrücken: Die Unterschicht verarmt, während der Oberschicht es weit besser geht als 1975. Eine hohe Sockelarbeitslosigkeit von 2 Millionen und die Lebensmittel-, Miet- und Heizungswucherpreise forcieren jetzt noch die Verarmung und daß unter der Regentschaft zweier links sich verstehenden Parteien, den Grünen und der SPD.
Man könnte es auch anders formulieren: Der Nivelierungstendenz der neuen Sozialreligion steht eine Rückkehr des Willens zu Privilegierungen entgegen: Gut essen, heizen und gut wohnen, soll wieder zum Vorrecht der Besserverdiener werden.Der Massenkonsum wird als etwas Negatives beurteilt, da es doch ein Privileg der höheren Kreise sein soll.
Aber was ist dann aus dieser neuen Sozialreligion geworden? Meine These, inspiriert durch Alexander Dugin, daß mit dem Ende des sozialistischen Staaten 1989f auch diese Religion ihr Ende fand, da nun die Ideologie des Liberalismus obsiegte. Sie reüssierte und avancierte zu der Ideologie des westlichen Welt. Frau Wagenknecht muß man zustimmen, daß die Partei „Die Linke“, wie auch die „Grünen“ und eigentlich die ganze heutige Linke die sog. Soziale Frage als nicht mehr relevant abgehackt hat und sich stattdessen auf Randgruppenthemen kapriziert, von den Homosexuellen bis zu Transgendern. Der Schwerpunkt liegt dann auf der Ideologie des Multikultralismus, der politischen Korrektheit, des Feminismus und des Umweltschutzes. Dies wird gern als ein Kulturmarxismus bezeichnet, aber dieser Terminus ist in sich selbst absurd: Der Marxismus versteht nämlich die Kultur als ein Ephiphänomen der ökonomischen Basis der Gesellschaft, sodaß kulturelle Veränderung Veränderungen der Basis voraussetzen, sprich eine kapitalistische Gesellschaft könne nur eine bürgerlich-kapitalistische Kultur hervorbringen und die Basis limitiere die Möglichkeiten kulturellen Wandels. Nun den Kapitalismus bestehen lassen zu wollen, um nur die Kultur zu entbügerlichen, ist aus marxistischer Perspektive ein völlig absudes Unterfangen.
Die Linke hat so, abgesehen von sehr randständigen linken Organisationen d ie neue „Sozialreligion“ aufgegeben und ersetzt durch die jetzige Agenda der Überwindung der bürgerlichen Kultur. Faktisch vertritt sie dabei mehr die politischen Anliegen der Besserverdiener, des jetzigen Bildungsbürgertumes mit seinen Vorlieben für die politische Korrektheit, dem Genderismus …. als die des gemeinen Mannes. Wie reagiert nun die Kirche? Sie hat sich dem Kurswechsel der Linken angepaßt. Ihr traditionelle Erlösungsvorstellung diffamiert sie dabei jetzt als ein vorkonziliares Verständnis, und hat aber auch alle Sozialutopien aufgegeben und inszeniert sich stattdessen nun als eine Agentur im Dienste des Sozialstaates. Nicht mehr die Sozialreligion fungiert nun als die Agenda der Kirche sondern die Menschenrechtsideologie als das Fundament der liberal-kapitalistischen Gesellschaftsordnung. An die Stelle der Erlösungseligion tritt so die politisch korrekt ausgelegte Menschenrechtsideologie, bei der dann Gott nur noch als Legitimierung dieser Ideologie vernutzt wird. Die Absage an die Jenseitsorientierung ist dabei das Gemeinasame der „Sozialreligion“ und der jetzigen Menschenrechtsideologie, die beide in der Kirche rezipiert worden sind, einst am extremsten in der marxistischen Befreiungstheologie, die Papst Franziskus zu rehabilitieren versucht, und jetzt in der politisch Korrektheit, die ihre wichtigste Aufgabe in dem Kampf gegen Rechts sieht.
1.Zusatz:
Wie sehr die Zeiten sich geändert haben, zeigt, daß im linken Lager soziale Fragen kaum noch eine Rolle spielen, vgl Frau Wagenknechts Kritik, wohingegen im rechten Lage man sich dieser Frage zuwendet, besonders radical mit dem Konzept eines "deutschen Sozialismus" der Partei: "Der dritte Weg", gemäßigter bei Benedikt Kaiser: "Marx von Rechts".
2.Zusatz
Die "Utopie" der "neuen Weltordnung" darf man so nicht identifizieren mit den Soziaalutopien der sog Sozialreligion.
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