Freitag, 8. März 2024

Zuviel Glaube an das Gute in jedem Menschen? Versuch zum Antisemitismus

 

Zuviel Glaube an das Gute in jedem Menschen?

Auf der Internetseite der renommierten „Communio“ Zeitschrift findet sich dieser nette Artikel: „Antisemitismus verlernen:So lässt sich der Judenhass zurückdrängen“(5.3.2024), ein Thema von aktueller Relevanz angesichts der vielen antisemitischen Äußerungen anläßlich des Krieges zwischen Israel und der palästinensischen Hamas. Daß der Antisemitismus nicht sein soll, ist für jeden Katholiken eine Selbstverständlichkeit, aber bloß weil etwas nicht sein soll, heißt das nicht, daß es eine menschliche Möglichkeit ist, das auch aus der Welt zu schaffen, was nicht sein soll. So soll der Tod ja auch nicht sein und doch ist es keine Möglichkeit des Menschen, ihn in der Welt abzuschaffen.

Warum es den Antisemitismus gibt, dazu gibt es inzwischen so viele Antworten,daß damit ganze Bibliotheken anfüllbar wären. Ich limitiere mich hier auf eine rein theologische Antwort. Das Volk Israel ist das ersterwählte Volk Gottes. Das zeichnet dieses Volk vor allen anderen aus, sodaß sein Schicksal es ist, nicht ein Volk sein zu können wie all die anderen Völker. Dies Anderssein kann nun substanzontologisch mißgedeutet werden, daß seine Erwählung in einer besonderem diesem Volke inhärendierenden Qualität begründet sei. Das bildet das Fundament des Philosemitismus. Der Antisemitismus mißdeutet nun das Erwähltsein des jüdischen Volkes als eine diesem Volke eigentümliche Anmaßung, als einen bloß rein subjktiven Irrglauben an sein ihm allein zukommendes Erwähltsein. Daraus leitet der Antisemitismus ab, daß das jüdische Volk sich so als das zur Weltbeherrschung erwählte Volk glaube, das so nun auch nach seiner Weltherrschaft strebe. Beiden Reaktionen auf das Faktum des Erwähltseins, einer relationsontologischen Bestimmung, liegt die gleiche Transformation zugrunde, daß das Besondere nun stattdessen in eine diesem Volke innewohnenden Qualität gesucht wird, positiv gewendet als ein besonders gutes Volk oder negativ als ein besonders negatives. Es maße sich an, besser als alle anderen zu sein und so zur Weltherrschaft bestimmt zu sein.

Der Ermöglichungsgrund diese zwei Fehldeutungen ist nun aber die Wahrheit seines Ersterwähltseins durch Gott. Das evoziert eben auch den Antisemitismus der vielen, die nicht Ersterwählte sind so wie die Bevorzung des Josephs durch den Vater den Neid seiner Brüder erweckte, sodaß sie ihn gar töten wollten. Die Parole der Brüderlichkeit und Gleichheit aller Menschen und Völker, das Ideal einer Weltverbrüderung widerstreitet nun dieser theologischen Wahrheit, denn dies Ideal kann den besonderen Status des jüdischen Volkes nicht anerkennen und deshalb auch nicht das Insistieren des jüdischen Volkes auf einen eigenen Volksstaat in dem ihm von Gott zugesagtem Gebiet. Könnte sich das jüdische Volk allen anderen Völkern gleich stellen, zu einem Volke werden, das so ist wie alle anderen, wäre dem Antisemitismus die Existenzgrundlage entzogen, aber das ist keine Möglichkeit für das jüdische Volk. Denn seine Bestimmung ist es, sich in dieser Besonderheit zu bewahren, auch in der Realpolitik des jüdischen Staates, sich so als besonderes zu erhalten im Widerstreit mit seinen vielen Feinden.

Die Hoffnung auf ein Verlernen des Antisemitismus verkennt so einerseits, daß das jüdische Volk ein besonderes ist, das diese Auszeichnung durch Gott nicht verlieren kann und auch nicht abgeben kann, um eines wie die anderen zu werden und verkennt andererseits die Macht des Sozialneides, die sich in dem Antisemitismus manifestiert als die Feindschaft gegen dies ersterwählte Volk Gottes, weil es das ersterwählte ist und so relationsontologisch verstanden auch anders ist als all die anderen Völkern. Die Gleichheitsideologie, daß alle Menschen und Völker gleich seien, ist somit ein weitere Quelle des Antisemitismus, weil es danach dies besondere Volk nicht geben dürfte.
















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