Freitag, 1. März 2024

„Verkünde,was der gesunden Lehre entspricht“: Wo ist diese Lehre geblieben?

 

Verkünde,was der gesunden Lehre entspricht“: Wo ist diese Lehre geblieben?



Wer sich dieser Frage stellt, kann und darf nicht einfach dabei stehenbleiben, das weitestgehende Verschwinden der „gesunden Lehre“ in der Kirchenpraxis zu konstatieren und zu beklagen, denn eine Ursachenerforschung steht auf der Tagesordnung des jetzt zu Tuenden. Eine umfassende Erklärung ist sicher zur Zeit von niemanden leistbar, zu komplex ist dieser Gegenstand und vielleicht ist uns das Problem auch noch zu nahe, als daß es schon begriffen werden könnte. Deshalb limitiere ich mich hier auf vorläufige fragmentarische Vorüberlegungen zur Beantwortung dieser Frage.

Ein wesentlicher Aspekt ist dabei das erkenntnistheoretische Problem, wie denn die Wahrheit der „gesunden Lehre“ verifiziert werden kann, daß sie denn auch wirklich war ist. Denn wenn diese Lehre nicht wahr wäre, warum sollte sie dann noch verbindlich für uns sein. Daß sie faktisch aus dem kirchlichen Leben verschwunden ist, hat ja auch und vor allem den Grund, daß sie nicht meshr als wahr anerkannt wird: Die Lehre von ...sei das eine, aber das Wirkliche von... doch etwas anderes. Diese behauptete Differenz stellt theoretisch die Wahrheit jeder Lehre in Frage und somit isb die, deren Gehalt man nicht gelten lassen möchte. Merke: Was für wahr gehalten wird, sagt oft mehr über die Wünsche der Anhänger einer Wahrheit aus als über den Sachverhalt selbst. Prinzipieller gewendet: Kann der Mensch erkennen,was wahr ist? Ein allgemeiner Skeptizismus destruiert ja die Glaubwürdigkeit jeder Lehre und somit auch die der „gesunden Lehre“.Ein solcher genereller Skeptizismus prägt aber nun das postmoderne Denken, in dem wir nun einmal existieren, auch wenn wir uns davon distanzieren möchten.

Manchmal findet man ganz unerwartet Antworten auf Fragen, wo man sie gar nicht erwartet hätte. Über einen solchen Fund soll nun hier etwas geschrieben werden. In Hegel kritischer Intention schreibt Adorno: „Das bestimmte Einzelne war ihm vom Geist bestimmbar,weil seine immanente Bestimmung nichts anderes als Geist sein sollte.“ (Negative Dialektik, Einleitung, in der stw-Ausgabe: S.19). Adorno vertieft diese Hegelkritik durch die Anfrage, ob nicht für das Erkennen nach Hegel gälte, daß das erkennende Subjekt nur das zu erkennende Objekt erkennen könne, weil letztendlich es eine Identität des Denkenden und des zu Erkennenden gibt. Das Erkennen bilde Begriffe von etwas, aber da das zu Erkennende kein Begriff sei sondern etwas vom Denken Verschiedendes, könne es keine Identität des Begriffes mit dem Zubegreifenden geben, immer bliebe diese Differenz. „Die Utopie der Erkenntnis wäre,das Begriffslose mit Begriffen aufzutun,ohne es ihnen gleichzumachen.“ (S. 21). Das zu Erkennende sei also etwas Begriffsloses und entzöge sich so seiner Erkennbarkeit, weil sein Begriff nie das erfasse, was kein Begriff sei.So frägt Adorno in seiner "Einführung in die Dialektik, in der 20.Vorlesung am Schluß,"ob eigentlich auf eine solche Annahme einer Identität überhaupt verzichtet werden kann",wenn "etwas wie Erkenntnis überhaupt eigentlich möglich ist".

Es soll nun versucht werden, diesen erkenntnistheoretisch kritischen Gedanken für das theologische Denken fruchtbar zu machen. Den Ansatzpunkt bildet dabei die Vorstellung von etwas Begriffslosem. Der Prolog des Johannesevangeliumes, der aber inhaltlich nicht einfach nur ein Vorwort des folgenden Evangelumes , sondern seine Quintessenz ist, besagt, daß alles, was ist, aus dem Logos ist. Das könnte auch so formuliert werden im Sinne des Evangelisten, wie es auch schon der hl. Augustin in seinen „Confessionen“ unternahm: Alles, was ist, ist durch seine Anteilhabe an der Idee von ihm im Denken Gottes. Einen Logozentrismus ergibt sich daraus notwendigerweise. Die Substanz von allem ist damit die Idee von allem, so wie es in Gott erdacht worden ist und als seine Idee ist. Das heißt dann auch, daß es nichts Begriffsloses gibt, wenn man unter dem Begriff nun die Idee versteht, die allen Exemplifikationen als den Abbildern dieser Urbilder ihre Existenz verleiht. Gottes Schöpfen heißt ja, seinen Ideen eine Existenz in Erscheinungen zu verleihen. Damit existierte eine Identität des Denkens mit dem Zuerkennenden, denn im Begreifen des Zuerkennenden wird dann die da realisierte Idee erkannt, besser recogniziert.

Der eine Logos, durch und in dem alles ist, da alles nur ist als seine Partizipation an seiner Idee von ihm korreliert das vernünftige Denken, das das Vernünftige in allem begreift. Die Differenz von dem zu Erkennenden und dem Begriff von dem Zuerkennenden präsumiert ja, daß das Zuerkennende etwas Begriffsloses, etwas also vom Denken Verschiedenes sei, aber genau diese behauptete Differenz wird ja im Prolog des Johannesevangeliumes negiert durch die Erkenntnis, daß alles durch den Logos ist und seine Existenz in der Teilhabe an dem Logos. Die Verdunkelung, die der Prolog so stark hervorhebt, ist dann das Produkt der Verkennung alles Seienden, daß es sich nicht mehr vom Logos her begreift und somit verkennt.

Dies ist nun nur ein Versuch, für das erkenntnistheoretische Problem eine Lösung zu finden durch diese Darlegung des Vermögens des vernünftigen Denkens, zu erkennen. Sich der Mühe der Kritik des Erkenntnisvermögens zu entziehen, um einfach auf das Offenbaren Gottes zu rekurrieren, daß so uns alles erkennbar würde, verkennte aber, daß dann völlig unreflektiert bleibt, wie den unser Denken das uns Offenbarte als Wahrheit erkennen kann. Es muß auch dann eine Erkennbarkeit der Wahrheit des Geoffenbarten gedacht werden können und die könnte rekonstruiert werden durch die Identität des vernünftigen Denkens mit dem Zuerkennenden, da auch das das Produkt des Logos, der Vernunft ist. Ein Panlogismus strukturierte so die Relation vom erkennen wollenden Subjekt zu den erkannt werden sollenden Objekten. Aber das ist jetzt nur sehr fragmentarisch dargelegt und verlangt dringend nach Vertiefungen! 

Zusatz:

Versteht man die philosophische Gotteserkenntnis und Wahrheitsfähigkeit als ein Fundament, auf dem dann die übernatürlichen Wahrheiten aufbauen, die aber selbst wiederum nicht widervernünftig sind, dann gliche eine Theologie ohne eine solche Fundierung dem Appell: Statt über eine Treppe das erste Geschoß, die übernatürlichen Wahrheiten zu erreichen, einfach vom Erdboden her in den ersten Stock emporzuspringen. Nur, wer versichert den so Springenden, daß sie sich nicht verspringen?   



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen