Es wird geschehen,was geschehen muß – Irritierendes aus prophetischem Munde
Jesus Christus hat uns durch Johannes offenbart, „was geschehen muß“am Ende der Menschheitsgeschichte. (Joh.Offenbarung,1,1) Die Johannesoffenbarung ist eben nicht nur das letzte Buch der Bibel, sein Inhalt ist eben auch eine Belehrung über die letzten Dinge.s Als Sohn Gottes weiß er die Zukunft voraus ob seiner Allwissenheit. Aber die Providentia Dei weiß das, was zukünftig zufällig geschehen wird als zufällig geschehen Werdendes voraus, sodaß dies Zukünftige nicht durch dies Vorauswissen determiniert wird. So kann jeder, der nur einen Hauch an Ahnung von dem Bundesligafußball hat, prophezeien, daß der FC-Bayern München, wenn er denn gegen den FC-Krähwinkel anträte, dies Spiel hoch gewinnen wird, ohne daß dabei dies Vorauswissen den Spielverlauf determinieren würde.
Weil Jesu Christi Vorauswissen aber unfehlbar ist, wird das, was er voraussieht, so auch geschehen, aber es ist damit kein determiniertes Geschehen. Das „muß“ in dieser Aussage ist also nicht ableitbar aus dem unfehlbaren Vorauswissen des Gottessohnes. Das „muß“ könnte dann verstanden werden als ein durch weltimmanente Ursachen bedingtes Ereignis, das so eintreten muß. Ein Mensch, der enthauptet wird, muß notwendig sterben. Die Enthauptung ist dann zwar ein kontingentes Ereignis, aber der Tod ist dann die notwendige Folge der Enthauptung. Aber es lassen sich keine Gründe ausfindig machen, daß das in der Johannes-apokalypse Vorausgesagte durch geschichtsimmanente Gründe als notwendige Folgen determiniert sei, zumal Gottes zukünftiges Handeln durch nichts außer durch seinen Willen determiniert sein kann: Gott will etwas und das wird dann auch notwendig sich so ereignen. r
Damit liegt die These nahe, daß Gott selbst das zukünftig geschehen Werdende so beschlossen hat, daß es sich wie beschlossen ereignen wird. Das hieße aber, daß die Menschen, so wie sie auch immer dann am Ende der Geschichte handeln werden,so handeln werden, wie Gott es beschlossen hat. Die Menschheitsgeschichte gliche dann einem Theaterstück, in dem der göttliche Regisseur seinen Schauspielern das Ende des Theaterstückes offenbart und der das kann, weil das Stück von ihm selbst geschrieben nun aufgeführt wird. Nur verstieße ein solcher Determinismus dem Schöpfungswillen Gottes selbst, der den Menschen als ein zur Freiheit, zur Selbstbestimmungsfähigkeit Bestimmter erschaffen hat.
Somit bereitet diese erste Aussage der Theologie schon beachtliche Probleme.Ein Ausweg könnte darin bestehen, etwas stoizistisch zu unterscheiden von der Rolle, die Gott jeweils uns zu spielen aufgibt, die wir uns also nicht frei erwählen und der Frage, wie wir sie spielen. Das läge dann in unserer Freiheit, sie gut oder weniger gut oder gar schlecht zu spielen. Nur wenn man diese These auf ihre Akzeptabilität hin überprüft, indem man einen Mörder denkt, sodaß dann gälte: Die Rolle des Mörders habe Gott jemandem auferlegt und ihm dazu die Freiheit gegeben, sie gut oder schlecht zu spielen, dann muß diese These doch revidiert werden. Deterministisch denkende Theologen wie Luther, Zwingli und Calvin haben so Gottes Regieren der Welt gedacht und gar noch die Freiheit, die verhängte Rolle gut oder schlecht zu spielen, negiert. Zwingli und Calvin verneinen nun die Freiheit des Menschen vollsändig in ihrer jeweiligen Vorsehungslehre Gottes: Gott wüsse alles unfehlbar voraus, weil er selbst alles determiniert hat von Ewigkeit her. Die katholische Theologie hat solch einen theozentrischen Determinismus stets abgelehnt, da der Mensch als ein freies Wesen erschaffen wurde und zwar ausgestattet mit der Willensfreiheit. Eine Handlugsfreiheit wäre mit einem Determinismus kompatibel, denn diese Freiheit besagt ja nur, daß ein Mensch, das was er will, gleichgültig ob er es freiwillig will oder durch etwas determiniert, auch realisieren kann.
Als Ausweg böte sich dann doch an, das „muß“ auf das Vorauswissen Gottes zu beziehen: Weil Gottes Vorauswissen unfehlbar ist, wird alles so geschehen, wie es Gott vorausweiß, das zukünftig kontingent sich Ereignende muß sich dann zukünftig kontingent ereignen. Denn ein Vorauswissen determiniert nicht das vorausgewußte Geschehen sondern erkennt es so, wie es sich zukünftig zufällig oder auch notwendig sich ereignen wird. Das schlösse dann nicht aus, daß Gott Menschen Rollen im Welttheater zu spielen vorgibt, sie dazu beruft, aber es müßte dann distinguiert werden zwischen Rollen, die Gott zuteilt und Rollen, etwa die eines Mörders, die Gott zuläßt für das Gelingen des Gesamttheaterstückes. Hier gilt dann wirklich: Das Ganze ist die Wahrheit und alles Einzelne ist nur, weil es auf das Ganze bezogen ist.
Am einfachsten ist es aber, mittels der historisch-kritischen Methode das ganze Buch als ein Phantasieprodukt eines Visionärs anzusehen, der für die Kirche in schwerer Bedrängnis ein Trostbuch verfaßte: Am Ende wird alles gut! Die „wissenschaftliche“ Fundierung bildet dabei das Dogma, daß kein Mensch vorauswissen könne, was zukünftig geschehen wird und daß Gott, wenn es den denn überhaupt gibt, Menschen nichts offenbare, schon gar nicht die Zukunft. Es könne also keine Prophetie geben und auch Jesus von Nazareth könnte nicht die Zukunft voraussagen, da ja auch er nur ein Mensch gewesen war, dem Gott nichts offenbart hatte.
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