Freitag, 29. März 2024

Ostern:der Sieg des Lebens über den Tod? Eine nicht mehr verstehbare und somit verdrängte Botschaft?

 

Ostern:der Sieg des Lebens über den Tod? Eine nicht mehr verstehbare und somit verdrängte Botschaft?


Wer nie in seinem Leben ernsthaft erkrankte, wie soll der die Botschaft: „Du wirst wieder gesunden!“verstehen können? Wie soll sich ihm der Wert der Gesundheit erschließen? Es ist zwar ein Allgemeinplatz,daß erst der Verlust von etwas uns den Wert davon erschließt, aber das ist wahr. Wem das als eine maßlose Übertreibung vorkommt, dem rate ich zu diesem Selbstexperiment: Ich wache am frühen Morgen auf, dunkel ist alles um mich, ich schalte meine ertastete Nachttischlampe an: Es bleibt dunkel....es braucht eine Zeit, bis mir das Entsetzliche vor meinen Augen steht. Über Nacht bin ich erblindet. Nur noch ein Wunsch beherrscht mich: O könnte ich doch wieder sehen, das wäre mein größtes Glück! Jeden Tag wachen wir des Morgens auf: Danken wir unserem Schöpfer, daß wir nicht blind sondern sehend erwachten?

Wer über das Leben, gar das ewige wahrhaftig sprechen will, kann das so nur, wenn er wahrhaftig über den Tod eine Auskunft geben kann. Wüßten wir nichts vom Tod, blieb uns die Botschaft von dem verheißenden ewigen Leben etwas unbegreiflich Mirakulöses.

Meine These lautet nun, daß der moderne/postmoderne Mensch zu gut über den Tod Bescheid weiß, als daß ihn die Verkündigung eines ewigen Lebens als die Osterbotschaft noch erreichen könnte.Auch wenn wohl nur noch philosophisch Gebildete den Philosophen Epikur namentlich kennen oder gar irgendetwas von seiner Lehre wissen, hat sein Verständnis des Todes sich in der Welt durchgesetzt. Sein Anliegen ist ein wahrhaft therapeutisches, denn er wollte die Menschen vor ihrer Furcht vor dem Tode befreien,womit er objektiv zu dem Antipoden zur christlichen Überwindung der Furcht vor dem Tode durch das Osterevangelium wurde, wohl zu dem erfolgreichsten. Er stellte sich der Frage: Wie muß das Todsein gedacht werden, damit unsere Erwartung unseres Todseins nicht zu einer Angst vor unserem Todsein wird? Diese Konstruktion des Todseins fand er, um diese Furcht zu überwinden und den Menschen mit seinem Geschick des Sterbenmüssens und seines Todseins zu versöhnen: „Solange ich lebe,ist der Tod nicht und wenn der Tod ist, bin nicht Ich, also kann es meinen Tod gar nicht geben. „Meinen Tod“ gibt es nur für die Anderen.Unser menschliches Lebensziel, gut zu leben, bedeutet, alle möglichen Leiderfahrungen zu minimieren und alle möglichen Lusterfahrungen zu erleben. Das Todsein ist somit ein ewig währender Zustand, in dem es für mich zwar keine Lusterfahrungen mehr geben kann aber genauso wenig Leiderfahrungen, denn das Ich, durch das etwas Erfahrenes zu meiner Erfahrung erst werden kann, nichtet der Tod und verunmöglicht so irgendein Erleben für mich.

Wie wenn ein Geschäftsmann sein Geschäft auflöst,wenn er statt Gewinne zu erwirtschaften nur noch Verluste schreibt und keine Hoffnung mehr auf „schwarze Zahlen“ hegt,so könne der Mensch auch sein Leben beenden, wenn er nur noch Negativerfahrungen für sein weiteres Leben erwartet. Stirbt er, freiwilllig oder ungewollt, dann kann er sich damit trösten,nie mehr Leid erfahren zu müssen,obschon er dann auch nichts Positives mehr erfahren werden kann. Die ewige „Ruhe“ des Todes tröstet dann gar. (Ursprünglich meint die „Ruhe“ in der Bibel etwas völlig anderes, daß nämlich Gott sein Volk Israel vor seinen Feinden so schützt, daß sie eine Zeitlang im Frieden leben konnten, das ist ohne mit Kriegen überzogen zu werden.)Wer daraufhin die Todesanzeigen in den Zeitungen aber auch in Beerdigungsansprachen kritisch mithört, kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß das „ewige Ruhen in Gott“ sich kaum noch von der Verheißung Epikurs, nie mehr leiden zu müssen, wenn man verstorben ist, unterscheidet.Statt ewig zu leben, schlafe man ewig traum-und alptraumlos.

Die Vorherrschaft eines biologistisch-naturalistischen Menschenverständnisses erleichtert dann die Akzeptanz eines so gearteten epikureischen Todesverständnisses: „Nie mehr wirst Du leiden, bist Du erst tot!“ Eine Epoche der Dekadenz, des geschwächten Lebenswillens, also gerade auch die unserige ist dann noch besonders anfällig für dies Todesverständnis. So denkt sich jeder, der den Freitod erwählt, sein Todsein im Sinne Epikurs, daß er dann zwar nichts Positives mehr erleben können wird aber auch und gerade nichts Negatives mehr!

Die christliche Religion versteht nun aber das Todsein völlig anders und findet in Platon ihre philosophische Fundierung: Der Tod ist die Trennung der unsterblichen Seele von ihrem Leibe, der zwar zerfällt, aber nicht löst sich die Seele ebenso auf. Mein Ich erfährt und erleidet so sein eigenes Todsein. Jesu Christi Hinabstieg in das Reich des Todes, früher sagte die Kirche noch klarer in das Reich der Hölle, ist das Geschick jeder Seele nach ihrem Auszug aus seinem Körper. Die Weiterexistenz in der „Unterwelt“, griechisch der „Hades“, hebräisch: die „Sheol“ ist so unser aller Geschick. Dieser Zustand wird erlitten, denn das Subjekt, das Ich, durch das etwas zu meiner Erfahrung erst werden kann, wird nicht durch den Tod ausgelöscht und nur deshalb gibt es meinen Tod. Die Unsterblichkeit meiner Seele ist so die denknotwendige Voraussetzung dafür, daß es meinen Tod auch wirklich geben kann.Darum erfreut sich eben auch ein rein materialistisches Menschenverständnis so großer Beliebtheit, denn nur dann kann das Todsein als ein einfaches Nichtmehrsein vorgestellt werden.

Theologisch wird die Weiterexistenz der Seele, des Iches in der „Unterwelt“ als das radicale Getrenntsein von Gott begriffen, ein Sein in der völligen Gottverlassenheit.Gottes Liebe hat den Verstorbenen verlassen, wie Gott seinen Sohn am Kreuze verließ. Darum kann die Bibel auch von den Sündern sprechen wie von Toten, es gibt also schon ein Todsein vor dem Sterben, wenn der Sünder sich ganz von Gott abgewendet hat. Ostern rettete Gott seinen Sohn aus der Unterwelt, aus seiner Gottverlassenheit, indem er ihn zum ewigen Leben auferweckte.

Das Osterevangelium sagt eben nicht, daß Jesus nie von Gott verlassen gestorben ist, sondern daß der wahrhaft tot Gewesenen von Gott in ein neues Leben gerufen worden ist. Ist das Todsein so das ewige Getrenntsein der Seele von Gott in seinem Dasein in der „Unterwelt“, der Welt außerhalb der Liebe Gottes so ist das ewige Leben das ewige Sein in Gottes Liebe zu uns, die wir selbst auch als diese erfahren.Nur dies Osterevangelium steht heute im Widerstreit zu dem „Evangelium“ Epikurs, daß es den meinigen Tod für mich gar nicht gibt, daß der Tod zum Leben natürlich dazugehört und das Positive, nie mehr leiden zu müssen, als seine Verheißung in sich birgt. 

Merksätze:

Ostern ist nicht die Widerlegung Jesu Schmerzensausruf: "Mein Gott, warum hast Du mich verlassen", das war das schlimmste Kreuzesleiden des Sohnes Gottes, als hätte er sich da halt geirrt, nein: Ostern ist Gottes  Rettungstat aus dem Tode, der Gottverlassenheit Jesu Christi.

Eine Theologie, die auf jegliche philoophische Fundierung zu verzichten meint zu können, also eine biblizistische destruiert sich selbst. Aber nicht jede Philosophie ist gleich gut geeignet für die Theologie- der Platonismus ist gewiß die nützlichste Philosophie für das theologische Denken.   


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