Die „Glaubensweitergabe“ nach Papst Benedikt XVI: Ein Holzweg?
Kardinal Koch veröffentliche in der Zeitschrift: „Der Fels“ in der November- und Dezemberausgabe 2024 einen zweiteiligen sehr lesens- und bedenkenswerten Aufsatz: „ Papst Benedikt XVI zur Glaubensweitergabe“ . Nur, so wohlfeil das da Niedergeschriebene auch klingt, es entsteht beim Lesen ein Unbehagen, daß da irgendwas nicht stimmt. Dabei hört sich das da Geschriebene doch so gut katholisch an: Das Evanglium bedeute nach Papst Benedikt XVI: „Gott hat sein Schweigen gebrochen,Gott hat gesprochen, Gott ist da.Diese Tatsache als solche ist Heil: Gott kennt uns, Gott liebe uns,er ist in die Geschichte eingetreten.“ (Der Fels, Dez 2024, S.342.) Das Evangelium sei der befreiende Zuspruch und der herausfordernde Anspruch Gottes an uns. (S.342). Dieser Glaube sei als Martyria zu verkünden, als Leiturgia zu feiern und als Diakonia erfahrbar zu machen. Diese Dreieinheit von Verkünden, Feiern und Erfahrbarmachen sei die Aufgabe der Kirche, die so den Glauben weitergebe.
„Der Ilt Gucky ist ein Teleporter und rettete so viele aus ihren Notlagen.“ Ich gehe davon aus, daß die allermeisten Leser diesen Satz nicht verstehen können, da sie a) nicht wissen, was ein Teleporter ist und b) nicht wissen,was ein Ilt ist, und sie vermuten, daß „Gucky“ ein Eigenname eins Iltes ist. Das Retten aus vielen Notlagen ist zwar verständlich, daß „so“ verunständlicht diese Aussage. Wie nun, wenn vielen Hörern es mit den von Papst Benedikt getätigten Aussagen über Gott ebenso oder ähnlich erginge wie wohl den allermeisten Lesern dieser Aussage über den Ilt Gucky? Man müßte die Perry Rhodan Serie kennen, um diese Aussage in Gänze verstehen zu können. Was passiert nun, wenn diese Aussage über Gott so gepredigt genauso unverständlich einem nicht kirchlich Sozialisierten bleibt wie jedem Nicht-Perry Rhodan-Leser die Aussage über diesen Multimutanten Gucky?
Wer die Aussage: „Gott ist da, Gott sei das Heil“ verstehen soll, muß über ein beachtliches Vorwissen, ein Vorverständnis von Gott besitzen, um das dann verstehen zu können. Das Weihnachtsereignis markiert eben nicht den Anfang der Beziehung Gottes zu uns Menschen, sondern setzt schon eine lange „Beziehungsgeschichte“ voraus, in der Gott zu uns gesprochen hat. Wann soll denn je Gott geschwiegen haben? Zu den ersten Menschen sprach er schon im Paradiese, er sprach immer zu uns durch sein erstes Buch, der Natur als der Quelle der natürlichen Gotteserkenntnis, er sprach immer zu uns durch die Stimme unseres Gewissens und deutlich durch das Alte Testament. Auch und gerade die Heiden waren religiös, glaubten, daß die Götter zu verehren seien und daß ihr Wohlergehen von der Gunst der Götter abhängig sei, sodaß selbst unter dieser Verquerrung des Monotheismus noch ein wahrer Gottesglaube lebendig war.
So voraussetzungslos in den Raum gesprochen, sind diese Sätze über Gott denn noch von anderen als von gut kirchlich Sozialisierten verstehbar? (In der evangelischen Kirche entstand nach dem 1. Weltkrieg die sog. Dialektische Theologie, die jede Art von natürlicher Gotteserkenntnis als mit dem Offenbarungsglauben unvereinbar verurteilte: Der christliche Glaube sei das ganz andere und habe nichts gemein mit dem, was man Religion nenne. Denn jede Religion sei der menschliche Versuch, sich Gottes zu bemächtigen statt sich von Gott allein die Wahrheit offenbaren zu lassen in dem einen alleinigen Wort Gottes, Jesus Christus. Das war somit eine radical antikatholisch ausgerichtete Theologie, die noch das Insistieren auf die Möglichkeit einer natürlichen Gotteserkenntnis bei den Reformatoren als ein kryptisches Erbe katholischer Theologie entlarvten. Dies ultrareformatorische Konzept verbot nun jede Anknüpfung an die Glaubens- und Vorstellungswelt der Nichtchristen und verlangte stattdem eine einfache autoritäre Verkündigung: So ist es! Verkürzt hieß das einfach: „Gott liebt Dich!“ Diesem Zuspruch folgt dann der Anspruch: Weil Gott alle Menschen liebt, haben wir erstens, zweiten, ….usw.Faktisch verkommt so die Evangeliumsverkündigung zu einer Proklamation einer Morallehre im Namen der Liebe Gottes. Der lutherische Theologe Paul Althaus setzte dem mit sein Uroffenbrungskonzept entgegen, daß um der Verstehbarkeit des Evangeliumes willen, ein religiöses Vorverständnis von Gott vermittelt worden sein muß, an das dann die Evangeliumsverkündigung anknüpft.)
Nun könnte erwidert werden, daß doch die Aussage: „Gott liebt Dich!“ in sich verstehbar sei. Aber dann wird ein gravierendes Problem übersehen: In der Regel möchte jemand nur von dem geliebt werden, den er auch liebt. Eines der größten Unglücke auf Erden ist es, wenn man als die Antwort auf das Bekenntnis: „Ich liebe Dich“ die Antwort zu hören zu bekommen: „Ich Dich nicht!“ Nur wie arg geht es den, der nun weiß, wirklich geliebt zu werden, aber den nicht liebt, der ihn liebt. Auf dem Arbeitsplatz zeitigt das gravierende Probleme zwischen dem Liebenden und dem nichtgeliebtwerden Wollenden. „X liebt Dich!, hört man nur als eine gute Botschaft, wenn man X selbst liebt. Das gilt so auch für die Aussage, Gott liebe dich, wenn der so Angesprochene a) Gott auch liebt und b) so auch von ihm geliebt werden möchte. Anders formuliert: Was muß der so von Gott Geliebtwerdende von Gott schon wissen, damit er diese Aussage als eine Verheißung an ihn hören kann?
Je mehr ich diesen Text durchdenke, desto mehr befürchte ich, daß er für viele so unverständllich ist wie die Aussage: „ Der Ilt Gucky teleportierte und rettete so Rhodan das Leben.“
Positiv formuliert: Es bedarf einer Hinführung in die christliche Religion und dazu gehört als Vorbereitung eine generellere Einführung in den religiösen Kosmos, in die religiöse Welt- und Lebensdeutung.Die klassische katholische Theologie setzte als eine Stockwerktheologie eime Metaphysik und Ontologie und Erkenntnislehre voraus, auf der dann die christliche Theologie fußend auferbaut wurde als Offenbarungslehre.
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