Kritische Anmerkungen zur Vorstellung der Würde des Menschen und seiner Unverfügbarkeit
„Ein weiterer Schritt auf dem Weg in eine Kultur des Todes. Grundlage aller Ethik ist aber die Würde des menschlichen Lebens. Diese gründet in seiner Unverfügbarkeit, an die niemand rühren sollte, auch nicht er selbst.“ So wird der Leiter des Augsburger Gebetshauses Herr Hartl zu der Causa des britischen Sterbehilfegesetzes in dem Kath net Artikel: „Umstrittenes britisches Sterbehilfegesetz“ am 2.12.2024 zitiert. Dem Leiter dieses Gebetshauses muß zuallerst Respekt erwiesen werden für dieses Unternehmen: Hier wird mehr für die christliche Religion getan als auf den vielen jetzt so beliebten Synodaltreffen, ganz zu schweigen von den Effekten des Synodalen Irrweges. Mit der Rede von „der Würde des menschlichen Lebens“ und seiner „Unverfügbarkeit“ zitiert er aus dem humanistischen Diskurs über den Menschen und spontan dürften ihm viele, gar die meisten zustimmen, nur daß, wenn dann über die Konsequenzen dieser Vorstellungen diskutiert wird, sich Kontroversen notwendig einstellen werden.
Aber diese Aussage soll nun doch sorgfältig durchdacht werden.
Gründet sich die „Würde des Menschen“ in der „Unverfügbarkeit“ des Lebens, daß der Mensch nicht über sein eigenes oder das Leben anderer verfügen kann? Jeder Mordtat beweist, daß ein Mensch über das Leben eines anderen verfügen kann und jede Frau, die beschließt, Mutter werden zu wollen und die dann ein Kind zur Welt bringt, demonstriert, daß auch sie über das Leben anderer verfügen kann, denn hätte sie kein Kind gewollt, wäre es nicht zur Welt gekommen.
Dann bleibt nur diese Interpretation übrig: Der Mensch dürfe nicht über sein eigenes und das Leben anderer verfügen. Nur warum darf er das nicht oder wer hat ihm das verboten? Als Theologe wird der Gebetshausleiter dabei dann wohl an Gott gedacht haben: Dann gründete sich die Würde des Menschen in Gottes Verbot, daß der Mensch nicht über sein eigenes Leben und das anderer verfügen dürfe. Kann das eine wahre Aussage sein.
Wie wäre dann der Fall der Märtyrer zu beurteilen. Vgl hierzu den Märtyrertod der sieben Brüder und ihrer Mutter, 2.Makkabäer 7. Vor die Wahl gestellt, zu sündigen gegen Gott oder getötet zu werden, entschieden sie sich, lieber auf qualvollster Weise getötet zu werden, als zu sündigen. Damit verfügten sie über ihr Leben. Sie wählten den Märtrertod, weil sie nicht sündigen wollten. Nach Herrn Hartl sündigten sie so aber, denn sie durften ja nicht über ihr Leben verfügen, daß sie hier es vorzogen, getötet zu werden, statt ihr Leben zu retten, indem sie sündigten.
In jedem Kriege töten Soldaten andere Soldaten und verfügen somit über das Leben anderer Menschen. Nach der Morallehre der Kirche sündigen die Soldaten aber nicht, wenn sie in einem gerechten Kriege Feindsoldaten töten. Auch wenn Papst Franziskus neuerdings die Irrmeinung vertritt, daß die Todesstrafe illegitim ist, muß darauf insistiert werden, daß der Staat nach dem Zeugnis der hl. Schrift und der Lehre der Kirche über das Recht zur Todesstrafe verfügt. Zudem: Die Coronaseuche stellte die Moraltheologie vor ein immer gern verdrängtes Problem: Zwei Schwersterkrankte, beide müßten an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden, damit sie überleben können, aber nur eines ist vorhanden. Einer muß so sterben, damit der andere überleben kann. Und irgendwer muß nun entscheiden, wer überlebt und wer stirbt. Hier muß über das Leben anderer entschieden werden.
Summa summarum: Die Behauptung, der Mensch dürfe nicht über sein eigenes wie auch über das Leben anderer nicht verfügen, ist somit nicht mit der Lehre der Kirche vereinbar. Es muß stattdessen genau bestimmt werden, wann und wie Menschen über ihr eigenes wie über das Leben anderer verfügen dürfen. Besonders muß dabei der Fall durchdacht werden, in dem ein Mensch nur überleben kann, wenn ein anderer getötet wird oder dessen Tod in Kauf genommen werden muß, um einen anderen zu retten.
Es ist das Schicksal aller rigoristischen Morallehren, daß sie schlußendlich in Aporien enden und unzumutbare Folgen aus sich heraussetzen.Die „Würde des Menschen“ gründet sich darin, daß er ein von Gott geschaffenes Geschöpf ist und von seinem Schöpfer auch bejaht wird.
Merke: Auch der Teufel ist ein Geschöpf Gottes, als Lucifer erschuf er ihn, aber zum Teufel mutiert, hat er seine Würde verloren. Wenn die Würde des Menschen etwas Unverlierbares wäre, wie kann dann Gott Menschen zur ewigen Verdammnis verurteilen? Nein, Menschen können über das eigene Leben und das anderer verfügen und es ist die Aufgabe der Moraltheologie, dies genau zu bestimmen. So bejaht die heutige Moraltheologie das Recht eines Schwersterkrankten, auf eine Operation oder eine sonstige Weiterbehandlung zu verzichten, wenn der Erkrankte davon ausgehen muß, daß diese weitere Behandlung nur sein Sterben hinausverzögern würde.Damit billigt sie dem Menschen zu, über sein eigenes Leben zu bestimmen, indem er eine sogeartete Weiterbehandlung ablehnt. Der größte Skandal ist aber, daß, hätte Herr Hartl recht,jeder Märtyrer ein Sünder gewesen wäre.
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