Irritierendes zum Verhältnis von der Vorstellung von einem„guten Leben“ und der Moraltheologie
Wer Schachspielen möchte, muß das Regelsystem des Schachspieles erlernen, um spielen zu können, aber wenn er dies sich angeeignet hat, kann er lange noch nicht gut spielen, er hat dann nur das Spielen sich erlernt. Könnte es so sich auch mit der Moraltheologie verhalten. So lehrt die Moraltheologie etwa, was die Ehe ist, und welches Verhalten in ihr erlaubt und welches in ihr unerlaubt ist, aber niemand glaubt ernsthaft, daß das ausreiche, um eine „glückliche Ehe“ zu führen, auch wenn es schwer fällt, präzise zu bestimmen, was denn eine Ehe zu einer glücklichen mache.Zumindest wird aber jeder wohl zustimmen, daß eheliche Untreue das „Glück“ einer Ehe gefährde, wenn nicht gar zerstören dürfte.
Wäre also zwischen einer kirchlichen Morallehre und der Frage, wie kann ich glücklich oder sagen wir mal zufrieden leben zu distinguieren? Man überprüfe dies einmal experimentell an Hand der 10 Gebote Gottes: Gesetz den Fall, jemand hielte all diese 10 Gebote, wäre dann sein Leben schon ein glückliches oder doch zumindest zufriedenstellendes`? Auf die Frage des Endzweckes der kirchlichen Morallehre müßten wohl zwei divergierende Antworten gegeben werden. Einerseits sei der Zweck der Morallehre der der Lebenserhaltung des Menschen, daß die Gattung Mensch nicht sich selbst zugrunde richtet. Dazu dienen die Erhaltungsordnungen Gottes,die der Ehe und des Staates aber auch die Ökonomie mit ihrem jeweiligen spezifischen Ethos. Die Morallehre soll hier lebensdienlich sein. Andererseits ist das Ziel der kirchlichen Morallehre das übernatürliche, das des Erreichens des ewigen Lebens, sie beantwortet also die Frage: „Was muß ich tun, um das ewige Leben zu erlangen?“ Wie verhalten sich dann nun diese zwei Zweckbestimmungen zu dem Ziele, glücklich zu leben oder wenigstens zufrieden? Wer sich Jesu Christi Aufforderung der Kreuzesnachfolge vor Augen führt, wird wohl schwerlich urteilen, daß die Kreuzesnachfolge ein Leben sei, daß man als glücklich qualifizieren würde.Oder um es bildlich auszudrücken: Der Arzt gibt uns Erkrankten eine bittere Medizin, um uns zu heilen, und diese Medizin, die der Kreuzesnachfolge ist nichts wohlschmeckend Süßes.Das ewige Leben wird als ein vollkommen glückliches geglaubt, aber daß der Weg dahin ein süß-lieblicher ist, das hat weder Jesus Christus noch die Kirche je gelehrt. Das Ziel der Lebenserhaltung in und durch die Schöpfungsordnungen Gottes impliziert nun wirklich nicht, daß das zu erhaltende Leben selbst schon ein glückliches ist.
Sollte so etwa doch die kirchliche Morallehre sich zum Wunschziel, glücklich zu leben ähnlich verhalten wie beim Schachspiel das Erlernen des Regelwerkes zum Gutspielenkönnen sich verhält?
In der Theologie spricht man gern von der „Krise der Weisheit“ in dem Alten Testament, wenn dort, besonders ausdrücklich im Buch des Prediger Salomons, gesagt wird, daß es doch denen, die nach Gottes Geboten leben nicht besser auf Erden geht als denen, die Gottes Gebote mißachteten.Ja der Volksmund gar, wenn er sagt: „Unkraut vergeht nicht!“ zu meinen scheint, daß Menschen, die es nicht so ganz genau mit der Moral nehmen, besser mit dem Leben zurechtkommen als die wirklich moralisch Lebenden. Daß es den moralisch gut Lebenden nicht gut und den unmoralisch Lebenden dann gar eher gut geht, das sei die Anfechtung der Morallehre, die Krise der Weisheitslehre des Alten Testamentes.
Man könnte nun doch in Hinblick auf die Kunst des Schachspielens urteilen, daß um gut leben zu können die Voraussetzung es sei, moralisch zu leben, daß das aber noch nicht selbst ein glückliches Leben sei. Die Kunst des Lebens, die Eudaimonie, wie ist ein glückliches Leben erreichbar, wäre dann von der kirchlichen Morallehre mit ihren zwei Endzweckbestimmungen zu distinguieren. Nur, wie sähe dann eine solche Lebenskunst aus? Eines kann auch der aufmerksamste Leser des Neuen Testamentes nicht da finden, daß Jesus auf Erden ein glückliches Leben geführt hätte.
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