Kryptischer christlicher Anarchismus- der Staat sei das Übel schlechthin?
In so ver-rückten Zeiten, in denen das einstige Organ der Friedensbewegung ,die TAZ, zum übereifrigen Kriegsenthusisten wider Rußland sich gemausert hat und die einstig liberal-conservative FAZ in puncto politischer Korrektheit nicht mehr von der einst linksradicalen TAZ unterscheidbar ist und jetzt alle „seriösen“ Medien ihre Liebe zum militanten Islamismus entdeckt haben, da sie nun deren Sieg über den laizistischen Irak feiern, da könnte es doch auch einen kryptische Liebe zur Anarchie in christlichen Kreisen geben.
In der „Tagespost“ wurde ich tatsächlich fündig: „Schluss mit der Staatsfixierung.Deutschlands Wirtschaft arbeitet schleppend. Die Zuwanderung kann ihre Probleme nur bedingt lösen. Stattdessen muss die Nabelschnur zum Staat gekappt werden.“ Man muß schon völlig erblindet sein, um meinen zu können, daß die Masseneinwanderung in irgendeiner Weise hilfreich für die Wirtschaft sein könnte. Aber wenn man dann auf die Parteizughörigkeit des Autoren schaut, versteht man diese Aussage: ein CDUler schreibt hier, ein unangefochtender Freund der Merkelschen Politik der offenen Grenzen: Wir nehmen jeden auf, der bei uns leben möchte. Wer hier gegen eine zu hohe Steuerbelastung der Bürger potestieren möchte, soll doch bitte, bevor er seine Loblieder auf die CDU-Kanzlerin anstimmt, ausrechnen, wie viel Geld dem Staat die massenhaft Eingewanderten kosten! Auch die Folgeprobleme, daß etwa die Mieten in astronomische Höhen steigen, da den unzähligen Eingewanderten großzügig Wohnraum zur Verfügung gestellt wird zu Lasten der Einheimischen, sollten mitbedacht werden.
Wenn dann aber beklagt wird, daß so viele Frauen, statt ihren Lebensmittelpunkt in der Familie zu sehen, berufstätig sind, sodaß ihre Kinder in Kitas und Kindergärten untergebracht werden, der sollte sich mal danach erkundigen, wie teuer für Familien taugliche Wohnungen sind und er sollte mal einen Verbrauchermarkt aufsuchen, um sich über die Explosion der Lebensmittelpreise zu informieren. Es ist eine simple Tatsache, daß viele der berufstätigen Mütter nicht arbeiten gehen, weil ihnen das so viel Spaß macht, sondern weil sonst das Geld nicht ausreicht. Daß somit die Familie einen Bedeutungsverlust erleidet, wie es dieser Kommentar beklagt, ist nun mal die Folge des Lohnniveaus, daß oft das Einkommen des Ehemannes nicht ausreicht zur Finanzierung des Familienlebens.
Aber der „Tagespost“ Kommentar geht nun noch weiter, indem er das katholische Ordnungsprinzip der Subsizität gegen den Staat in kryptoanarchistischer Manier vernutzt. Für den Anarchisten wie für den bürgerlich gemäßigten Anarchisten, dem Liberalen ist der Staat die Quelle allen Übels. Daß diese Vorstellung mit der kirchlichen Lehre vom Staat unvereinbar ist, kümmert diese 2 Gesinnungsfreunde nicht, stehen sie doch zumindest der Kirche als einer Institution prinzipiell feindlich gegenüber und können eine Religion nur als in der Innerlichkeit der Privatsphäre gelebte bejahen. Vom Wesen des Staates fehlt ihnen eben jegliches Verständnis, da sie den Privatmenschen als den eigentlichen Menschen ansehen, und die Gesellschaft nur als ein Netzwerk von privatrechtlichen Vertrags - beziehungen. Der Mensch ist kein Zoon politicon, wie es Aristoteles expliziert hatte, sondern nur Bourgeois, dem die anderen nur ein Mittel für Geschäftsbeziehungen ist.
Bedauerlicherweise reguliert nun der Staat durch das Recht dies sonst ganz freie Leben der Bürger und das ist eine Einschränkung der Freiheit des Bourgeois. Es sei hier nur an die schlimmsten Fehlleistungen staatlicher Reglementierei erinnert: von der Einführung des Mindestlohnes, die die Freiheit des Unternehmers unzumutbar beeinträchtigt über Gesetze zur Deckelung der Mieterhöhungen bis zu dem Skandal von Tarifverträgen, statt daß ein Arbeitgeber mit jedem einen individuellen Arbeitsvertrag abschließen kann. Daß Schutzbestimmungen für das Arbeitsleben Erfindungen von Staatsfanatikern sind, angefangen mit der antiliberalen Sozialpolitik Bismarcks.
Die Verneinung der Staatsfixierung lebt von dem Glauben, daß, wenn nur jeder auf sein Eigenwohl fixiert sein Leben führt, es am Ende allen gut gehen wird. Der Staat, der dagegen diesen Egozentrismus begrenzt und wie ein Dirigent alle Einzelstimmen eines Orchesters zu einem Gesamtklangerlebnis führt, ist dem Liberalen wie dem Anarchisten nur ein seine Freiheit bedrohende Institution. Dabei ist ihm die Freiheit nichts anderes als daß er seinen Privatinteressen verfolgen kann ohne irgendeine Rücksicht auf das Gemeinwohl zu nehmen.
Grundlegend dafür ist eine Anthropologie, die den Menschen nicht als einen Menschen denkt, daß er ein individuiertes Allgemeine ist, sondern jeden so als different zu allen anderen, daß der Andere ihm immer nur ein potentielles Mittel zur Realisierung seiner Privatinteressen sein kann. Der Staat als die Organisation des Allgemeinwohles kann dann nur noch als etwas Negatives angesehen werden. Hegel erfaßt die Differenz eines so gestörten Verhältnisses des Bürgers zu dem Staat, als Verstandesstaatsverständnis beurteilt im Kontrast zum Vernunft-staatsverständnis so: „Wenn der Staat mit der bürgerlichen Gesellschaft verwechselt ubd seine Bestimmung in die Sicherheit und den Schutz des Eigentumes und der persönlichen Freiheit gesetzt wird,so ist das Interesse der Einzelnen als solcher der letzte Zweck, zu welchem sie vereinigt sind“. Das ist das Verstandesstaatsverständnis. Das andere dagegen besagt über das Verhältnis des Bürgers zum Staate: „Er hat aber ein ganz anderes Verhältnis zum Individuum; indem er objektiver Geist ist, so hat das Individuum selbst nur Objektivität,Wahrheit und Sittlichkeit, als er ein Glied desselben ist.“ Hegels Rechtsphilosophie, Paragraph 258.In der bürgerlichen Gesellschaft lebt der Bürger nur als eine Privatperson, aber in der Sphäre des Staates als sittlicher auf das Allgemeinwohl ausgerichteter Mensch.
Daß ein Staat nun pervertieren kann und somit nicht mehr ist, was er ist, ist nun aber auch eine reale Möglichkeit.
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