Dienstag, 26. August 2025

„Die biblische Religion ist diesseitsorientiert,auf das konkrete Leben des Menschen bezogen““.

 

Die biblische Religion ist diesseitsorientiert,auf das konkrete Leben des Menschen bezogen““1.



Hier kann jeder Bibelkundiger nur noch stauen und auch der Nachsatz macht diese Behauptung nicht wahrer: „und dies bleibt selbst dann noch selbstverständlich so, als Jenseitsvorstellungen entwickelt wurden.“2

Das konkrete Leben des Menschen“: Dann muß man aber das schlichte Faktum, daß es im Alten Testament in erster Linie um das von Gott für sich erwählte Volk Israel geht, und daß so die Differenz und die Konfliktgeschichte dieses Volkes mit den anderen Völkern das bestimmende Thema dieses Buches ist, überlesen. Zudem sollte auch nicht überlesen werden, daß im Neuen Testament der neue Bund Gottes mit der Kirche im Mittelpunkt steht. Daß dann auch der Mensch als Einzelner thematisert wird, ist ebenso unüberlesbar, aber in welcher Hinsicht, ist dann konkretisierend zu fragen. Die Alltagssorgen im Familien- und Berufsleben, dies konkrete Leben findet in der Bibel kaum statt, außer dem Problem der kinderlosen Frau. Von den zur Zeit Jesu höchst aktuellen politischen Fragen, kann sich das jüdische Volk aus der Beherrschung durch Rom befreien, finden sich kaum Niederschläge im Neuen Testament außer dem propagierten Gewaltverzicht gerichtet gegen die zeitgenössischen revolutionären Befreiungstheologen, isb den Zeloten.

Stattdessen dominiert die Frage: Wie kann ein Mensch in das Reich Gottes eingehen. Jesu Christi erste große programmatische Rede, die Bergpredigt, hat nur dies eine Thema, in der er sich auch sehr energisch von der pharisäischen Lehre absetzt, wenn er urteilt: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer,werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.“ (Mt 5,20)

Die Bibel sei „diesseitsorientiert“ kann man nur vertreten, wenn entweder die ganze Verkündigung Jesu vom Kommen des Reich Gottes als eine Marginalie herabgestuft wird oder, wie es nicht nur die „Zeugen Jehovas“ praktizieren rabiat verdiesseitigen. Für den einzelnen Menschen rückt dabei die Frage, was wird mit mir sein, nachdem ich gestorben bin, in den Vordergrund, wohingegen das angekündigte zukünftige Reich Gottes am Ende der Zeiten mehr die Zukunftsperspektive der Kirche als Ganzer und der Menschheit als Ganzer betont. Zwei Betrachtungsebenen sind dabei zu beachten: Auf der Raumachse gilt der Dualismus von dem Dieseits und dem Jenseits, auf der Zeitachse der Dualismus des alten und des neuen Äöns. Sowohl der neue Äon wie auch die Verheißung des postmortalen ewigen Lebens sind bezogen auf unser jetziges Erdenleben Jenseitsvorstellungen, Vorstellungen von einem Jenseits des jetzigen Lebens.

Die Bibel entwickele Jenseitsvorstellungen: Diese Aussage verkennt völlig den Offenbarungscharakter der Gehalte der Jenseitsvorstellungen, indem sie so den bloßen Status von rein menschlich produzierten Ideen vom Jenseitigen zugeschrieben bekommen. Alles in der hl. Schrift dazu Gesagte ist also nur das Ergebnis menschlicher Imaginationskraft und man sie so für wahr halten aber auch für unwahr oder für wahrscheinlich oder unwahrscheinlich. So lautet auch der wichtigste Satz dieses Buches über das Reich Gottes und alle Jenseitsaussagen: „Ob es eine Auferstehung geben wird,weiß niemand zu sagen,Es gibt und kann in dieser Frage keine Gewissheit geben.“3 Eigentlich wäre es erstrebenswert, daß „Ich bzw Wir glauben“ zu ersetzen durch den Optativ: „O möge es doch so sein, daß...“

Aber nun soll sich auf den Terminus der Diessitigkeit kapriziert werden, den dieser Nietzscheleser so enthusiastisch feiert eingedenk der populären Parole der Treue zur Erde, In der Metaphysik gilt es, die drei Grundordnungen des Wahren, Guten und Schönen, der theoretischen, der praktischen und der ästhetischen Vernunft zu explizieren und erstmal auch zu unterscheiden. Das Wahre, das Gute und das Schöne sind nun ja selbst Ideen, deren Erscheinungen bzw Realisierungen wohl im Diesseitigen erkannt werden können, aber doch immer nur als ein Recognizieren dieser jenseitigen Ideen in dem, was als wahr, gut und schön erscheint. Das heißt, daß wir es hier mit dem jedem philosphischen Denken konstitutiven Dualismus von der Welt der Ideen und der Welt ihrer Erscheinungen zu tuen. Dieser dem metaphysischen Denken eigener Dualismus schließt so aber eine Fokussierung auf das bloß Diesseitige aus, denn das Wesentliche in der Welt, der diesseitigen ist das Erscheinen des Jenseitigen in ihr in diesen drei metaphysischen Ordnungen.

Wer nur die diesseitge Welt kennt, sie so verdiesseitigt konstruiert, erschafft eine wertlose Welt, denn Werte kann es in ihr nur durch diese drei metaphysischen Ordnungen geben, die ihren Grund in der jenseitigen Welt der Ideen Gottes haben, wobei diese Ideen von Gott als ihrem Hervorbringer noch zu distinguieren sind.

1Magnus Striet,Alte Formeln – lebendiger Glaube, S.109.

2Striet, a,a,O, S.109.

3Striet, a,a.O. S.134.

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