Donnerstag, 21. August 2025

Ein Entkernungsversuch der christlichen Religion: Nur noch die Fassaden sollen stehen bleiben

Ein Entkernungsversuch der christlichen Religion: Nur noch die Fassaden sollen stehen bleiben



Eine erste Annäherung

Mit „Alte Formeln- lebendiger Glaube“ legt nun der Theologe Magnus Striet seinen großen Entkernungsversuch vor. Es reicht eben nicht, die Deformagenda des Synodalen Weges unzusetzen: Die Substanz der christlichen Religion müsse modernisiert werden, Dabei orientiert sich dieser Theologe an dem Altbausanierungskonzept der Entkernung, daß man die Fassaden des Altbaues stehen läßt als eine optisch recht gelungene Außenansicht, um das Innere des Gebäudes völlig zu modernisieren und so den zeitgenössischen Wohnungssuchende Ansprechendes offerieren zu können.

Als Fassade wählt Herr Striet das „große Glaubensbekenntnis“, präziser betitetel als das „Nicäno-Konstantionopolitan“, um dann alle Aussagen dieses Bekenntnisses so umzudeuten, daß sie einem modernen Menschen zmutbar werden. Der Adressat ist so der moderne Leser ins Auge gefaßt, der als solcher die Menschenrechte und die Würde des Menschen als das Fundament der Kultur ansieht, der angesichts des Leides der Welt und der gewaltigen Fortschritte der Naturwissenschaften noch schwerlich an einen als eine Person vorgestellten Gott glauben kann. Eine lirchenkritische Attitüde gehört dann auch selbstverständlich zu dem modernen Menschen, wie ihn in diesem Buche er vorgestellt wird. Daß das Ende der Moderne nicht zur Kenntnis genommen wird, daß wir also in der Postmoderne leben, verleiht diesem Buch einen eigentümlich antiquierten Klang. Die unsere Zeit kennzeichnende Verrohrung, daß für einen Karamasow1 schon das Leiden eines einzigen unschuldigen Kindes und nicht erst der millionenfache Tod in Auschwitz die Frage evoziert: Wie kann es so viel Leid geben, wenn doch ein guter und allmächtiger Gott die Welt regiere, verführt auch dazu, die vor dem Holocaust gegebenen Antworten auf das Theodizeeproblem nicht ernsthaft zu diskutieren, sondern stattdessen einfach vor dieser Frage zu kapitulieren2.

Der Philosoph Lyotard brachte den Begriff der „großen Erzählungen“ in den philosophischen Diskurs ein mit der These, daß sie ihre Glaubwürdigkeit verloren hätten. Es läßt sich nun leicht die Urerzählung dieser „großen Erzählungen“ als die Heilsgeschichte der christlichen Religion erfassen, dessen säkularieserte Versionen nun ihre Glaubwürdigkeit verloren hätten. Dies mache das die Postmoderne Eigentümliche aus. Die „große Erzählung“ ist nun die von Gottes Schöpfung der Welt, von dem Menschen im Urstand, die Geschichte seines Sündenfalles und wie Gott dann die Menschen wieder erlöst in der Heilsgeschichte durch das Sühnopfer Jeus Christ und das Wirken der Kirche, bis daß dann Gott endgültig nach dem Endgericht das Reich Gottes erreichten werden wird. In dieser Struktur von Fall und Erlösung wird jedes Einzelelement des christlichen Glaubens, des Glaubens der Kirche eingezeichnet und bekommt so eingeschrieben seinen Gehalt.

Eine Entkernung der christichen Religion kann sich somit, wenn sie ihrem eigenen Anspruch gerecht werden will, nicht mit der Demontage einzelner Glaubenswahrheiten begnügen, so etwa mit der Verneinung der immer währenden Jungfräulichkeit Mariens, sie sei doch nur eine „junge Frau“ gewesen3, sondern muß diese Erzählung als Ganzes destruieren.

So wird nun dies Destruktionsprogramm durchgeführt: Es hätte nie diesen Urstand gegeben und somit auch keinen Sndenfall. Deswegen sei Gott auch nicht Mensch geworden, um uns zu erlösen. Gott ist Mensch geworden, weil er Menschen dazu ermutigen wollte, „dieses Leben zu leben – zu genießen, und dann darauf zu vertrauen, daß er, der Schöpfer, es bei sich aufheben und es mit ihm vollenden, verwewigen“ wird.4 Es ginge also um einen Lebensoptimierungsversuch mit einer Hoffnung auf ein verewiegtes gute Leben. Daß es aber diesen Gott wirklich gäbe, sei mehr als fraglich geworden und so müsse Gott so expliziert werden, daß er für den modernen Menschen akzeptabel wird. Gott müsse sich vor uns Menschen eben rechtfertigen, sich uns kommod machen, damit wir ihn weiterhin oder wieder als bejahbar annehmen könnten. Simpler formuliert: Was der Automarke FIAT gelang, ihren alten FIAT 500 so zu modernisieren und dabei den Flair des ursprünglichen Modelles zu bewahren, daß so jetzt viele ihn kaufen, dazu möchte dieser Theologe einen Beitrag liefern. Ob es diesen nach den Wünschen des modernen Menschen neumodelierten Gott auch wirklich gibt, da räumt dieses Buch ein, kann nicht gesagt werden, aber auch nicht, daß es den Gott so nicht gibt.

Wer nun aber eine tiefschürfende Begründung der Unmöglichkeit des Urstandes, des Paradieses und des Menschen in ihm erwartet, wird maßlos enttäuscht. Die dargelegte Kritik fällt sehr vulgär aus und besticht nur durch ihre Simplizität. Ob des simplen Niveaus der Kritik, soll die Dürftigkeit dieser Kritik auch vereinfachend dargelegt werden. In medias res: Gut katholisch denken wir uns einen Künstler, der den Entschluß gefaßt hat, eine Marienfigur herzustellen. Er bringt als erstes die Idee der Marienfigur hervor und dann setzt er Schritt für Schritt diese Idee in die Realität um, bis daß die Idee in der Marienfigur realisiert ist. Die Idee der Marienfigur ist ante rem existierend im Denken des Künstlers, dann realisiert sie sich in dem Kunstwerk,, die Idee ist in rem und kann dann als realiserte post rem aus ihr heraus recogniziert werden. Das, was die heutige Naturwissenschaft, die Biologie als die Evolution bezeichnet, ist nun nichts anderes als der Prozeß der Realisierung der Idee, in meinem Anschauungsbeispiel: der Marienfigur. Daß die Realisierung einer Idee dem Sein der Idee vor seiner Realisierung widersprechen soll, ist somit mehr als unsinnig!

Im Sinne der Analogia -entis- Lehre muß nun noch auf die Differenz zwischen der künstlerischen Hervorbringung durch einen Menschen und durch Gott verwiesen werden. Die Realisierung der künstlerischen Idee ist bei jedem menschlichen Hervrbingungsakt immer auch heteronom bestimmt: Das gewählte Material zur Hervorbringung der Idee limitiert etwa auch die Möglichkeiten der Realisuerbarkeit,wohingegen Gott seine Weise des Realisierens seiner Ideen völlig frei bestimmt, da er selbst auch alle Umstände der Realiserung selbst frei bestimmt hat.

Der Urstand ist somit nichts anderes als die ganze Schöpfung in seiner rein ideelen Gestalt. Dieser Urstand kann somit nun nicht ein Element in der Geschichte der Menschheit sein, da die ja nur der Prozeß der Realisierung der Urprungsideen ist. Die Idee des Marienbildes erscheint ja auch erst am Ende des Herstellungsprozesses der Marienfigur.

Jedes Bedenken der Menschheitsgeschichte muß sich die Frage des Anfanges der Mensschheitsgeschichte stellen, will sie nicht im Oberflächlichen verharren. Der Anfang der Menschheitsgeschichte darf nun nicht das voraussetzen, daß diese Geschichte ist, um zu erklären, warum sie ist und warum sie so ist, wie sie ist. Wird dieser Anfang erzählt und nicht begrifflich spekulativ entfaltet muß er in der Gestalt eines Mythos erzählt werden, als eben ein Ereignis, daß kein Element in der Menschheitsgeschichte sein kann, sondern ein Ereignis, daß ja erst ergründet, warum es eine Geschichte überhaupt gibt. Die biblische Geschichte vom Sündenfall ist so eine mythische, weil sie transzendental philosphisch formuliert erst die Ermöglichungsbedingungen des Seinskönnen der Menscheitsgeschichte expliziert. Wie nach Kant das intelligible Ich kein Produkt der Entwickelung eines Menschen sein kann sondern der Ermöglichungsgrund dafür, daß ein Mensch all sein Tuen und Erleiden als seine ihm eigene Geschichte begreifen kann, so bildet der Mythos vom Fall den Ermöglichungsgrund dafür, daß es überhaupt eine Menschheitsgeschichte geben konnte.

Da der Mensch Gott als ein zur freien Selbstbestimmung bestimmtes Wesen erschuf, erschuf er ihn so, daß er seine Existenz selbst bestimmte, Der Mythos vom Sündenfall erzählt so, wie der Mensch in der Polarität von Mann und Frau sich selbst bestimmte und zwar so, kontingent, daß er als ungehorsamer wider Gott existieren wollte. Als das, wozu so sich der Mensch bestimmt hat, erscheint er dann in der Naturgeschichte in seinen endlich vielen Exemplifikationen des einen Menschseins, der Idee des Menschen, dem es zum Wesen gehört, seine Existenz selbst zu wählen. In einer Urwahl konstituierte der Mensch sich so zu dem adamitischen Menschen, den Gott dann wieder erlösen will. So ist der postlapsarische Mensch stets ein Abbild seines Urbildes, des gefallenen Adams.

Aber statt die Sachgemäßheit der mythologischen Erzählung vom Urstand und dem Fall des Menschen zu verstehen, mißversteht auch dieses Buch diese Erzählung als eine, die ein Teilelement der Menschheitsgeschichte sein soll und erkennt dann, daß diese Erzählung nicht ein Element der Menschheitsgeschichte ist! Das kann und darf sie aber auch nicht sein, denn dann könnte sie nicht die „Geschichte“ der Konstitution der Geschichte sein.

Die Kritik, daß es keinen Urstand und keinen Sündenfall und demzufolge auch kein Erlösungswerk Jesu Christi, sein Sühnopfer geben könnte, zeichnet sich so durch eine erschreckende Dürftigkeit aus! Schon ein schlichtes Beobachtung der Hervorbringung jedes Werkes, daß die Idee seiner Realisierung vorangeht und daß die Idee als eine realisierte erst am Schluß in Erscheinung tritt, hätte diese Kritik als haltlos erwiesen. 

Zusatz:

Was sollte man von der Behauptung halten, die Zahl "Eindrittel" gäbe es nicht, da sie unter den unendlich vielen Dezimalzahlen zwischen 0 und 1 nicht vorkäme, da aber vorkommen müsse, da sie größer als 0 und kleiner als 1 sein soll! Existieren, zu sein heißt immer Element einer bestimmten Menge zu sein! 

Soweit der erste Annäherungsversuch zu diesem Buch- Fortsetzungen werden folgen!

(Mein Rechtschreibprogramm will nicht mehr, daher wohl mehr Fehler als sonst!) 



2Vgl dazu sehr gediegen: Arnim Kreiner, Gott im Leid.Zur Stichhaltigkeit der Theodozeeargumente, erweiterte Neuausgabe, 2005. Mein Versuch: Uwe Lay, Die Übel und der gute Gott. Theodizee, 2011.

3M.Striet, Alte Formeln – lebendiger Glaube, das Kaputel: „Von der jungen Frau zur Jungfrau“.

4A.a,O. S.27.

 

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