Die Kirche sei schuld am Antisemitismus – und das trotz der Früchte des christlich- jüdischen Dialoges
Michel Friedmann hat ein neues Buch zur Krise der Demokratie und zur Notwendigkeit des Kampfes gegen Rechts vorgelegt, das sich auch dem Thema des anwachenden Antisemitismus in Deutschland wendet. Die FAZ interviewte den Autoren dazu: „FAZ: Michel Friedman im Gespräch : „Ich gehe in Teilen Berlins, wenn es dunkel wird, nicht entspannt spazieren“ (29.8.2025)1 Dafür bietet aber der NDR mit seinem Beitrag: „Woher kommt der Hass auf Juden? Michel Friedman im Gespräch“ vom 8.2,2024 reichhaltiges Material.2
In dem FAZ-Artikel lautet die Hauptthese, daß die Kirche schuld sei an dem überall grasierenden Antisemitismus: Ihre Missionare hätten überall in der Welt erzählt, daß die Juden die Gottessohnmörder seien und das sei die Quelle allen Antisemitismus. Verstärkt worden sei dieser Antisemitismus dann durch das Reüssieren rechts(radicaler) Kräfte, wobei er einen Bogen zieht von der terroristisch agierenden „NSU“ zur AfD. Er erwähnt auch linken Antisemitismus, aber fügt dann gleich hinzu, daß die Kirche die Quelle allen Antissemitismus sei. Nach meiner Erinnerung wird der islamistische Antisemetismus mit keinem Wort erwähnt. Der Feind des jüdischen Volkes ist so klar markiert: Die Kirche und die AfD!
Dieser kirchenfeindliche Artikel stand wirklich am 29.8.2025 in einer Zeitung, die einst durch ihre liberal-conservativer Tendenz sich auszeichnete, jetzt aber zu einem Schlachtschiff der Politischen Korrektheit mutiert ist.
Aisgiebiger wird uns nun aber die Genese des Antisemitismus in dem obig erwähnten NDR-Artikel dargelegt: „Zur ältesten kulturell-religiösen Konstruktion gehört, dass die erste globale Firma, nämlich die Kirche, ihre Handelsvertreter rausgeschickt hat, um zu missionieren und in der Welt eine Geschichte erzählt hat, nämlich dass die Juden Jesus umgebracht haben. Das wurde mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil dann korrigiert. Protestanten waren nicht sehr viel besser. Wenn man sich die lutherische Rede zur Judenfrage anhört, dann verzweifelt man auch, und die Frage ist gar nicht mehr, ob man religiös ist oder nicht. Das wurde über Jahrhunderte, fast zwei Jahrtausende, von Generation zu Generation weitergegeben und von der weltlichen Macht übernommen und missbraucht. Es war also fast 2.000 Jahre legal und legitim, Juden zu schlagen, auszubeuten, auch in die Ghettos zu werfen oder gar zu töten. Dass dann dazu mit Hitler eine völkische, rassistische Rassentheorie dazu kam, ist eine qualitativ verschlechterte und pervertierte zusätzliche Vernichtungsphantasie gewesen. Was uns aber heute auch noch begleitet, sind diese 2.000 Jahre.“
Also der Holocaust hat seinen Ursprung in der Katholischen Kirche und dem Protestantismus, Hitler habe dem nur als einen Zusatz noch eine „rassistische Rassentheorie“ als sekundäre Legitimation der Ausrottung der Juden hinzugefügt. So gesehen ist weder der Islam noch ein rechtsradicler noch ein linksradicaler Antisemitismus das eigentliche Problem, sondern die christliche Religion.
Nun stellt aber jedem Bibelkundigen diese These vor beachtliche Probleme: Im Buch Ester lesen wir nämlich von diesem königlichen Erlaß, des Königs Artaxerxes : „Man solle alle Juden,jung und alt,auch Kinder und Frauen am gleichen Tage,dem dreizehnten Tage im zwölften Monat Adar, erschlagen,ermorden und ausrotten und ihren Besitz plündern.“ Wenn das kein Antisemitismus ist, was dann? Wenn Paulus in seinem ersten Thessalonicher Brief schreibt, daß die Juden Feinde aller Menschen seien (2,15) so zitiert er damit den weitverbreiteten Antisemitismus der Antike. Es existiert also ein Antisemitismus, der gar zur Ausrottung der Juden aufforderte, der völlig unabhängig von der christlichen Religion existierte und so auch bis heute existiert.
Aber auch wenn sich die Kirche nun noch so viel Mühe gibt, aus sich alles irgendwie antijüdisch oder gar antisemitisch Klingende herauszupurifizieren: Die tiefe Feindschaft gegen die Kirche bleibt lebendig. Selbst der nationalsozialistische Antisemitismus, ganz zu schweigen vom islamistischen werden herabgestuft, um den einzig wahren Feind, die christliche Religion zu attackieren! Auf die Feindschaft der Welt gegen die Kirche ist eben Verlaß. Wenn die Apostelgeschichte 25,1-5 berichtet, daß Juden aus einem Hinterhalt heraus Paulus ermorden wollten (25,3), dann ist das leider keine antijüdische Erzählung. Auch wenn es recht pessimistisch klingen mag: Aber die Feindschaft wider die wahre Religion ist durch noch so schöne und gutgemeinte Dialogforen nicht aus der Welt zu schaffen, weder durch den christlich – jüdischen noch durch den christlich- islamischen Dialog.
Zusatz:
Die TAZ meldet am 30.8.2025:Ausschluss israelischer Gruppen..Die Falken sind keine Freunde mehr. Die internationale Jugendverband der Falken hat zwei israelische Organisationen ausgeschlossen." Wenn also ein linksgericheter Jugendverband die zwei einzigen jüdischen Mitgliedsverbände ausschließen,obschon sie links sind, aber sie unerwünscht sind, nur weil sie jüdisch sind und man sie deshalb mitveranwortlich für die Regierungsolitik Israels macht,dann ist daran - das wissen wir nun - die Kirche schuld! Die "Jüdische Allgemeine" berichtet am 27.8.2025: "In einem offenen Brief verlangen 1500 Unterzeichner die Ausladung der israelischen Schauspielerin von den Filmfestspielen." Der einzige Grund dieser Ausschlußforderung: Sie sei eine Jüdin! Sollte auch daran die Kirche schuld sein?
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1Nachdem ich diesen FAZ-Artikel gelesen hatte, ist er zu einem Bezahlartikel mutiert, sodaß ich jetzt aus ihm nur referieren kann ohne Zitatangaben.
2Im Internet unter diesem Titel auffindbar.
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