Montag, 8. April 2019

"Das Christentum ist die Mutter, das Judentum die Tochter"

"Papst Johannes Paul II. hat die Juden als ältere Geschwister der Christen bezeichnet. Israel Yuval glaubt, dass es genau andersherum ist, und sagt, das Christentum ist die Mutter des heutigen Judentums."Mit dieser Aussage verblüfft katholisch de sicher nicht nur ihre Leserschaft (8.4.2019). Aber was wäre denn die Alternative: daß es zuerst eine jüdische Religion gegeben hätte, die sich im hebräischen Kanon manifestiert hätte, auf der aufbauend dann Jesus eine neue Religion, die christliche gestiftet hätte? Dann wäre die christliche Religion selbst ein Hybridwesen, in dem es in sich selbst einerseits die jüdische Religion  enthielte als Altes Testament und dann zusätzlich noch die neue christliche als Neues Testament. Nur, müßte dann nicht der hebräische Kanon in der christlichen Religion ein Fremdkörper sein? 
Oder sollen wir mit Nietzsche urteilen, daß erst der Apostel Paulus die christliche Religion erschuf, indem er Jesus mißdeutete? Dann wäre aber die christliche Religion eine Fehlgeburt, in einem Mißverstehen sich gründend.
Stand dem Christen Jesus Christus in den Pharisäern und Schriftgelehrten die jüdsche Religion gegenüber, sodaß daraus die bekannten Konflikte sich generierten? Aber mit welchem Recht deutete sich dann Jesus von der hebräischen Bibel her und wurde dann von ihr her gedeutet, wenn er als Gründer der neuen Religion der jüdischen als einer anderen gegenüberstand? Glaubten also Abraham, Mose usw jüdisch, wie könnten sie dann uns Christen als Zeugen des christlichen Glaubens gelten? 
Wer die jüdische Religion als die ältere bezeichnet, auf der dann die christliche auferbaut worden sei, der kann die Einheit der Bibel, daß sie aus dem AT und dem NT besteht, nicht mehr legitimieren; es müßte nämlich das AT aus der christlichen Religion exkommunizert werden, (wie es Marcion schon vorschlug). 
Anders sieht es aus, wenn die jüdische Religion als Reaktion auf das christliche Bekenntnis gelesen wird, diese Religion also voraussetzt, um dann Nein zu sagen zu diesem Bekenntnis und das AT nun so zu deuten, als wenn noch nicht der da verheißende Messias gekommen wäre. Zudem: Die christliche Religion deutet ihre Eucharistiefeier als die Prolongierung des Jerusalemer Tempelkultes, als seine Aufhebung im kirchlichen Meßopfer. Die jüdische Religion steht auch auf den Trümmern des Jerusalemer Tempels, und liest nun Mose und die Propheten neu, so, als wenn nicht der Tempelkult das religiöse Zentrum gewesen wäre, sodaß nun die jüdische Religion eine ohne einen Tempel ist. Das stellt gegenüber Mose und den Propheten eine revolutionäre Erneuerung dar: eine Religion ohne Opfer wird kreiert. Darin zeigt sich ein unüberwindbarer Riß zwischen dem hebräischen Kanon (Mose und die Propheten) und der nun neu geschaffenen jüdischen Religion als der Antithese zur christlichen, in der der jerusalemische Kult in dem Meßopfer der Eucharistie weiterlebt.    
 

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