(funktioniert die Morallehre wie ein Warenhaus service-und kundenorientiert: Was wollt ihr hören?)
Wenn es einen Konsensus nicht nur unter den Synodalen des Irrweges sondern auch unter den Kirchenmitgliedern gibt, dann den, daß die Sexualmorallehre reformiert werden muß, oder gar gänzlich aufzulösen ist. In kriteriologischer Hinsicht verblüfft die Simplizität des Hauptargumentes für diese Reformnotwendigkeit, daß eben die allermeisten diese Moralvorschriften nicht nur nicht einhielten sondern auch ablehnten. Was die Mehrheit nicht bejahe, könne nicht wahr sein. Ob Jesus, bevor er seine Bergpredigt hielt, die auf ihre Akzeptanzwahrscheinlichkeit unter den Zuhörern untersuchen ließ, diese Frage braucht nicht gestellt zu werden, da ja die wenigen Erfolge, wie wenige folgten ihm nach, hinreichend beweist, daß so man nicht auftreten dürfe. Nur traditionalistisch-fundamentalistische Kreise halten noch an der Normativität Jesu Christi fest.
In kriteriologischer Hinsicht muß aber zwischen dem, wie Menschen wirklich leben, (indikativische Aussagen), wie Menschen wünschen zu leben (optativische Aussagen) und wie sie leben sollen (imperativische Aussagen) distinguiert werden. Grundlegender ist aber wohl noch die Unterscheidung vom Wirklichkeits- und Möglichkeitssinn (vgl dazu R. Musil, Der Mann ohne Eigenschaften), denn wenn es nur die Wirklichkeit gäbe, so wie sie ist und wenn es nicht denkbar ist, daß es auch anders sein könnte, dann erübrigte sich jede moraltheologische Diskussion mit dem Totschlagsargument: Es ist, wie es ist und so war es und so wird es immer bleiben: die Unveränderlichkeit des Menschen und der Wirklichkeit insgesamt.
Es ist eben illegitim, aus der Aussage: „Nie wird so viel gelogen, wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Wahl“ (Bismarck) zu folgern, daß das immer so sein muß und so auch ewig bleiben wird. Das „gelogen“ beurteilt diese Faktizität als nicht in Ordnung und sie wird auch dadurch nicht zu einer ordentlichen, wenn dies so von sehr vielen so praktiziert wird. Dies bestreitet nun aber wohl die große Mehrheit der Kirchenmitgliedern und die Mehrheit der parlamentarisch sich verstehenden Synodalen. Es fehle so der kirchlichen Sexualmorallehre die demokratische Legitimierung. (Es wäre nun mehr als illusionär zu meinen, daß noch die Glaubensaussgen des Apostolicums mehrheitlich bejaht werden, auch dies Glaubensbekenntnis könnte so als modernisierungsbedürftig angesehen werden in den Zeiten der Demokratiegläubigkeit.
Nun könnte vorgeschlagen werden, die Natur, wie der Mensch nun mal ist, als Quelle der Moraltheologie zu bewerten. Aber das beurteilte David Hume völlig rechtens als naturalistischen Fehlschluß, daß das, was ist, so auch sein solle. Männer vergewaltigen Frauen, das ist unbestreitbar, aber nicht darf nun daraus geschlossen werden: Weil das so geschieht, soll es so auch sein. Auch läßt sich aus dem Wunschdenken nicht ableiten, daß das Gewünschte auch ein Gesolltes ist oder daß das Gewünschte mit der Realität übereinstimme. So kann ein Lottospieler sich wünschen, daß er 6 Richtige schafft, aber er hat keinen moralischen Anspruch darauf, 6 Richtige zu schaffen noch kann er urteilen: Weil ich mir 6 Richtige wünsche, werde ich sie auch schaffen. Im heutigen moraltheologischen Diskurs werden aber diese drei Modi des Denkens, der des Wünschens, der des Sollens und der der Wahrnehmung der Wirklichkeit völlig konfundiert. Was ich möchte, meine Homosexualität ausleben, das darf ich auch, weil ich es mir wünsche. Alles, was irgendwer sich wünscht, darf er auch und hat ein Recht dazu, daß es ihm gewährt wird, nur deshalb weil er es möchte. Kein Wunsch dürfe nämlich diskriminiert werden- auch der des Kinderschänders nicht?
Die einzige Quelle, die klar und eindeutig definiert, was geboten und was verboten ist, nämlich Gott in seiner Souveränität, die fällt dabei der Demokratisierung zum Opfer. Was immer auch die hl. Schrift zur Homosexualität und zum Verhältnis von Mann und Frau uns sagt, es gilt als nicht mehr zeitgemäß, denn wir Heutigen wissen eben besser als die hl. Schrift, was wahr und was gut ist. Einher geht dies mit der Vorstellung der Alternativlosigkeit der Wirklichkeit: So wie es ist, so ist es. Die Kirche habe sich dieser unveränderbaren Wirklichkeit anzupassen, darf nicht lehren, daß es auch anders sein könnte.
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