Montag, 1. März 2021

Was ist der Mensch- der homo oeconomicus als Fundament auch der Kirche?

Was ist der Mensch- der homo oeconomicus als Fundament auch der Kirche?


Ein scholastischer Grundsatz lautet: Das Sein geht dem Tuen voraus. Das Tuen ist dann nur die Entäußerung, die Darstellung von dem, was das Subjekt der Tat ist. Mein Gutsein ist so die notwendige Voraussetzung meines gut Wollens und gut Tuens. Ein guter Baum bringt gute Früchte hervor, weil sein Sein gut ist- nicht ist er aber gut durch seine guten Früchte, daß er zu etwas erst wird durch sein Wollen und Tuen. Die Substanzontologie erhellte so das Sein des Menschen, das sich dann in seinem Wollen und Tuen manifestiert.

Dieser Vorstellungskomplex gilt heutzutage als mittelalterlich verstaubt. Seit Picco von Mirandola gilt, daß der Mensch als reine Unbestimmtheit erst sich durch sein Wollen und Tuen zu etwas Bestimmten macht. In der zeitgenössischen Theologie und der mit ihr verknüpften Moraltheologie bildet dies den Emergenzpunkt für das philosophische Denken des Personalismus. Ideengeschichtlich verortet ist diese Richtung eine Reaktion auf das hegelische wie marxistische Denken, dem der Vorwurf gemacht wird, dem Einzelereignis und der Einzelperson in diesem Systemdenken nicht gerecht zu werden, es verschwände alles Einzigartige in den Denkzwängen des Systemdenkens. Max Stirner gilt so als der Gegenpol zu Marx und Kierkegaard als Gegenpol zu Hegel, stets das Einzelne, das Individuelle als nicht Ableitbares von einem Allgemeinen betonend. So gibt es nur den Einzelmenschen, der nicht als ein Fall, ein Exemplum der Gattung Mensch, der Idee des Menschen zu verstehen sei. Diese Allgemeinbegriffe, der Mensch, das Menschsein, das Volk, die Menschheit seien nur Abstraktbegriffe, denen keine Realität außerhalb des Denkens zukäme, sie dienen unserem Denken nur zur Orientierung in dem Kosmos der unendlich vielen Einzeletwasse. Diese Nominalismus wurde nun gegen die „Systemdenker“ Hegel und Marx in Stellung gebracht, um sich stattdessen ganz auf das einzig seiende, das Einzeletwas zu kaprizieren.

Diese Focusierung kann aber den Menschen nicht mehr in seinem sozialen Leben erfassen, das war ihm etwas rein Sekundäres, Akzidentielles gegenüber der einzigen Substanz der Einzelperson.

Hier setzt nun- versimplifiziert dargestellt- das personalistische Denken an, indem nun der Mensch primär als ein Beziehungswesen erfaßt wird: Er wird erst Mensch durch seine Relationen, der nun keine Menschseinsubstanz vorausgeht, die sich dann in seinen Relationen zu anderem als sich selbst manifestiert. In das Zentrum rückt nun der homo oeconomicus und zwar in seiner Relation als Verkäufer zum Käufer und in seiner Relation als Käufer zum Verkäufer. Er ist substanzontologisch gedacht weder von seinem Sein der Verkäufer oder Käufer sondern seine jeweilige Stellung auf dem freien Markt läßt ihn zum Käufer oder Verkäufer werden. Die Grundbeziehung ist so die des Kaufvertrages: Der eine hat etwas und ihm fehlt etwas anderes, sodaß er das, wovon er mehr als genug hat abgibt, um das vom anderen zu erlangen, wovon er zu wenig hat. Der eine hat Autos, aber zu wenig Geld, der andere braucht ein Auto und verfügt über so viel Geld, daß er das Auto käuflich erwerben kann. So sehen wir den Verkäufer, im Besitz des Kaufpreises in Bälde als Käufer auf dem Markt und der Autokäufer kann eventuell das gekaufte Auto gewinnbringend wieder verkaufen. Der Mensch ist so nicht von seiner Substanz her entweder Verkäufer oder Käufer, sondern durch seine Beziehung zum Anderen wird er zum Verkäufer oder Käufer: Seine Relationen machen ihn zu etwas in seiner spezifischen Funktion im Kaufvertrag.

Das bildet den Emergenzpunkt der philosophischen Anthropologie des Personalismus. Nicht steht mehr die Produktionsphäre im Zentrum der Aufmerksamkeit, wie noch bei Hegel und Marx in ihrer Entfaltung des Verhältnisses von „Herr und Knecht“ sondern der Markt mit seinen Kaufrelationen.

Ist der Mensch erst so verstanden, ist sein spezifisches Verhalten in und zur Religion auch durch diese Marktordnung definiert: Verkäufer und Käufer von Religionswarenangeboten und Dienstleistungen stehen sich gegenüber. Der Anbieter muß nun seine Warenproduktion und seine Dienstleitungen gemäß der Marktnachfrage und den Wünschen der potentiellen Kunden ausrichten. Wahr ist nun, was als Ware beim Käufer als Konsumenten ankommt. Deshalb kapriziert sich nun die Kirche als Anbieter auf dem freien Markt auf die Konsumwünsche, die auf dem Markt sich artikulieren. Der „Synodale Weg“ ist so die Neuausrichtung der Kirche auf die Konsumwünsche ihrer potentiellen Käufer. Da in Deutschland die Kirche primär aus ihrer Kirchensteuer lebt, dafür aber ein gutes Kirche- Staat- Verhältnis notwendig ist, damit diese Geldquelle der Kirche erhalten bleibt, orientiert sich die Kirche vor allem an den Wünschen ihres Hauptsponsoren, dem Staat. Nicht mehr die Substanz der kirchlichen Angebote zählt sondern ob sie bei den Geldgebern gut ankommen. Der Personalismus sieht dabei die Person des Käufers, des Konsumenten, des Finanzieres als das „Du“ an, auf das sich die Kirche auszurichten habe. Es gibt jetzt nicht mehr den Menschen, der ob seiner Natur, seiner Substanz bestimmte religiöse oder metaphysische Bedürfnisse hat, sondern nur noch das Marktgeschehen mit seinen diversen Nachfragen nach etwas, worauf es nun gilt, sich zu kaprizieren.So entsteht die Marktkirche.


Corollarium 1

Der Mensch wird so im personalistischen Denken von seinem eigenen Gattungswesen, seinem Menschsein entfremdet, weil es ihm so nur zu etwas abstraktem jenseits seines individuellen Lebens wird. Die Substanz seines Lebens sind so nur noch seine Vertragsbeziehungen, sein Verkaufen und Kaufen.

 

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