Sonntag, 7. März 2021

„Bei einer verrückt gewordenen Obrigkeit ist Widerstand Pflicht“

Bei einer verrückt gewordenen Obrigkeit ist Widerstand Pflicht“


So laß man es in einem Kommentar eines Lesers zu einem Kath net Bericht zum Thema der Maskentragepflicht in den Zeiten der Coronoepidemie. Nehmen wir diese Aussage einmal ernst, um so dies Votum zu befragen.

Wer bestimmt hier, wann eine Obrigkeit verrückt geworden ist? Ist jeder Christ oder gar jeder Staatsbürger kompetent und berechtigt, festzustellen, wann eine Obrigkeit verrückt geworden ist, sodaß ihr Widerstand zu leisten ist? Hätte dann nicht der Apostelfürst Paulus angesichts der Tatsache, daß der Römische Staat durch Pontius Pilatus den Sohn Gottes und den Messias Israels hinrichten ließ, zum Widerstand gegen diese Obrigkeit aufrufen müssen? Dann begann dieser Staat gar, Christen um ihres Glaubens willen zu verfolgen! Rief da die Kirche zum Widerstand gegen den Staat auf, wurde sie revolutionär antistaatlich?

Nichts dergleichen: Paulus skizziert in seinen Römerbrief eine Metaphysik des Staates, er ergründet ihren Grund als von Gott gesetzte Ordnung und lehrt die Christen die Gehorsamspflicht der Obrigkeit gegenüber, nicht weil und insofern sie gut regiert, sondern weil sie von Gott ist. (Röm 13)

Aber davon will man heutzutage nicht mehr viel wissen. Zugrunde liegt dieser Abneigung gegen diese Gehorsamspflicht dem Staate gegenüber das Narrativ: Die Kirche habe zu wenig oder faktisch gar keinen Widerstand gegen den nationalsozialistischen Staat geleistet, das sei unverzeihlich und nun gälte es, das einst nicht Geleistete nachzuholen, indem jede Kritik an staatlichen Anordnungen zum Widerstand hochstilisiert wird.

Aber es kommt noch ärger: Gesetze und Anordnungen des Staates, die mir mißfallen, bräuchte ich gar nicht einzuhalten, weil ich sie als „verrückt“ abqualifizieren dürfe, sodaß ich hier der Gehorsamspflicht entbunden bin. Auch und gerade in einem demokratisch organisierten Staatswesen sind aber nach Paulus Lehre den Gesetzen Gehorsam zu leisten, auch wenn es jedes Bürgers gutes Recht ist, staatliche Gesetze und Anordnungen als ungute zu kritisieren- aber gehorcht werden muß schon.

Man stelle sich einmal Folgendes vor: Ein echtes bayrisches Mannsbild, nach seiner 4. genossenen Maß Bier und ein paar Obstschnäpchen dazu erklärt, daß er noch gut Auto fahren könne; die allgemeine Straßenverkerkehrsordnung gälte eben allgemein und könne so ihm in seiner Individualität und seinem besonderen Vermögen. Auto zu fahren, deshalb nicht gerecht werden; er dagegen könne eigenverantwortlich am besten beurteilen, nach wie viel Alkohol er noch fahren könne. So entmündige ihn die allgemeine Straßenverkehrsordnung, verleugne seine individuelle Freiheit und Verantwortlichkeit. So darf er auch nach vielen Bieren noch Auto fahren, denn diese allgemeine Straßenverkehrsordnung ist eben, weil sie eine Allgemeingültigkeit beansprucht verrückt, da sie nie dem individuellen Einzelnen gerecht werden könne.

So bräuchte Niemand mehr irgendeinem staatlichen Gesetz zu gehorchen, weil jeder jedes als verrückt aburteilen könnte. Dann kann jeder Kinderschänder das Verbot der Pädophilie als unzumutbare Beeinträchtigung seiner Freiheit, wen er lieben will, selbst zu bestimmen, verurteilen und dies Verbot als verrückte staatliche Anordnung von Misanthropen verwerfen, die eben eine überalterte und inhumane Sexualmorallehre verträten.

So würde schlußendlich die staatliche Ordnung in Chaos und Anarchie aufgelöst, in der es nur noch das Recht des Stärkeren gäbe, der sich gewaltsam gegen die Schwächeren durchsetzt.

Nun könnte angefragt werden, ob es denn nicht Ausnahmen von der Gehorsamspflicht der Obrigkeit gegenüber geben könnte. Das ist prinzipiell zu bejahen. Zu fragen ist aber, ob jeder einzelne Christ für sich allein bestimmen darf, wann eine solche Ausnahme in Anspruch zu nehmen ist. Dürfte etwa jeder, insbesondere ein Besserverdiener angesichts der Höhe der von ihm zu zahlenden Steuern diese Zahlung verweigern mit der Begründung, daß die Höhe unzumutbar sei, ja nur von einer verrückten Obrigkeit festgesetzt worden sein kann? Wäre es für ihn nicht ein Leichtes, die hohen Steuern für die Gutverdiener als Frucht des Sozialneides zu diffamieren und sie so, gerade weil sie von einer demokratisch gewählten Regierung erlassen werden (die Mehrheit neidet den Reichen ihren Reichtum) als verrückt zu verurteilen?

Spätestens hier wird überdeutlich, daß diese Maxime „Bei einer verrückt gewordenen Obrigkeit ist Widerstand Pflicht“ eine Anarchistenparole ist. Wenn ein Widerstand gegen eine Obrigkeit tatsächlich erlaubt sein sollte, dann könnte das nie der Einzelchrist sondern nur die Kirche in der Autorität ihrer Bischöfe oder des Hirten der Kirche, des Papstes selbst festsetzen.


 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen