Für die monotheistischen Religionen ist die Differenz zwischen dem absolut Guten und dem rein Bösen konstitutiv: Gott und Teufel. In der Welt findet so ein realer Kampf zwischen diesen beiden Größen statt, wobei aber darauf vertraut werden kann, daß letztendlich das Gute, Gott sich durchsetzt, weil in einem monotheistischen System das rein Böse immer dem absolut Guten, Gott also als subordiniert gedacht werden muß: Der Teufel kann nur wirken, weil es der allmächtig Gute zuläßt.
Gott allein ist so das rein Gute und der Teufel ist so das rein Böse. Deshalb ist es uns Menschen weder möglich, vollkommen gut zu sein (mit der Ausnahme von Jesus als wahrem Menschen und der Gottesmutter Maria), noch vollkommen böse. Das bedeutet für alle politischen Konflikte, daß in ihnen die rein gute gegen rein böse Menschen kämpfen. Gut und Böse sind im politischen Raum nur relative Gegensätze von besser oder schlechter als.Der Platz des absolut Guten wie des rein Bösen ist eben schon durch Gott und den Teufel besetzt. Wo nun der Glaube an den Teufel verschwindet, da erst können Menschen verteufelt werden, sodaß sie den Platz des Teufels einnehmen als die Quelle alles Bösen. Daß die Welt nicht in Ordnung ist, findet so im politischen Diskurs seine Antwort in der Verteufelung des politischen Feindes. Die Nationalsozialisten verteufelten so die Juden, die Kommunisten den Klassenfeind und die Demokraten? Auch sie kommen nicht ohne eine Verteufelung aus: Hitler und die „Nazis“ fungieren nun als Ersatzteufel. Der Kampf gegen den so verteufelten Feind wird so zu einer exorzistischen Praxis mit dem Ziel der Vernichtung des Feindes. Wo hingegen im politischen Gegner nicht das rein Böse gesehen wird, kann es auch noch einen humanen Umgang mit dem politischen Gegner geben.
Für alle monotheistischen Religionen gilt, daß sie das endgültige Heil von Gott erwarten, weil er nur endgültig das rein Böse als den Widersacher des Heiles besiegen kann. Wo dieser Glaube sich verflüchtigt, macht der Mensch es sich zu seiner Aufgabe, das von Gott erhoffte endgültige Heil selbst politisch zu realisieren. Aus der Verheißung des Himmels wird so eine menschliche und konkreter eine politische Aufgabe. Wo der Himmel auf Erden politisch erreicht werden soll, entstehen dann aber Konzentrationslager und Archipel Gulags, werden menschliche Höllen errichtet. Der Wille zum absolut Guten schlägt um in inhumane Praktiken zur Realisierung des absolut Guten. Monotheistische Religionen limitieren so die Möglichkeiten zum Guten und ermöglichen so eine Politik mit realistischen Zielen. Die Politik kann die Ordnung des Zusammenlebens der Menschen ändern, aber sie kann nicht aus den Menschen gute Menschen machen.
Aber diese Limitierung ermöglicht auch eine humane Politik, da sie der Politik ein Ziel aufweist, das sie nie realisieren kann, das ihr aber als regulative Idee eine Richtung für das politische Wirken aufweist. Man kann sagen, daß erst ob dieser Ausrichtung es Politik im emphatischen Sinne geben kann, daß Politik eben etwas anderes ist als bloße Verwaltungs- und Regierungskunst.
Wie aber konnte es dann zu der Meinung kommen, daß die Religion für die Politik etwas Gefährliches sein könne? Ein kurzer Blick in die Schweiz des Jahres 1530 gibt dafür eine Antwort. In der Schweiz hatten zu diesem Zeitpunkte einige Kantone die Reformation angenommen und durchgeführt, andere blieben altgläubig-katholisch. Da vertrat Zwingli die Position, daß es legitim sei, altgläubige Kantone militärisch anzugreifen, um dann dort die evangelische Predigt zu ermöglichen und die unwahre katholische zu unterbinden. Der religiöse Kriegszug scheiterte aber, Zwingli fand den Tod. Die schweizerische Reaktion: Religionsdifferenzen dürfen nicht dazu führen, daß Schweizer gegen Schweizer Krieg führen. Die nationale Verbundenheit ist wichtiger als die religiöse Differenz. Pfarrer müsse man so aus der Politik fernhalten, weil sie stattdessen die religiöse Differenz als wichtiger erachten als die nationale Verbundenheit der unterschiedlich Gläubigen und so den Krieg als letztes Mittel der Kirchenpolitik bejahen. Der 30 Jährige Krieg sollte diese Wahrheit aufs bitterste bezeugen. Daß in diesem Kriege die christliche Religion nur zu politischen Zwecken mißbraucht worden sei, ist eine spätere Legendenbildung, die schon die Domestikation der Religion durch die Aufklärung voraussetzt.
Die Religionskriege des 17. Jahrhundertes brachten so erst das Narrativ von den friedensgefährdenden Religionen hervor und machte so auch erst den Atheismus attraktiv: ohne Religion und nur ohne Religion könne es Frieden geben. Es muß aber konstatiert werden, daß da, wo politische Weltanschauungen an die Stelle der Religion traten, in ihrem Namen viel mehr Menschen getötet wurden und werden als im Namen einer Religion- es sei nur an die blutrünstigste Ideologie, die des Feminismus erinnert mit ihren Zigmillionen getöteter Kinder im Mutterleibe.
Brachten nicht erst Zeiten des Zerfalles der Religion so Blutrünstiges hervor?
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