Dienstag, 6. April 2021

Aus Gesprächen mit postmodernen Christen

(was kann für uns noch wahr sein?)


Mit dem Alten Testament könne sie gar nichts anfangen. Der Gott sei da so grausam, er straft, er zürnt, er will Opfer, ja er tötet die Ägypter und erst die Sintflut, wo er fast die ganze Menschheit ausrottete...“

Bis vor einigen Jahren traute sich kaum noch jemand, so das AT abzuurteilen, zu präsent war noch die Forderung des radicalen Flügels der Reformbewegung der „Deutschen Christen“ in den 30 Jahren, das AT aus antisemitischen Gründen abzulehnen. In der Alten Kirche argumentierte Marcion schon mit den „unchristlichen“ Gottesaussagen des AT: Der Gott des AT sei unvereinbar mit dem Gott Jesu. Aber neuerdings revitalisiert sich diese These wieder. Der „Gott der Liebe“, den Jesus uns nahebringt, ist nicht der des AT.

Eine Zeitlang gefiel noch das „sozialkritische Engagement“ der Propheten und daß das AT nicht so jenseitsorientiert sei wie das NT. Aber jetzt überwiegt eher der Negativeindruck der Intoleranz des jüdischen Gottes gegen die Götzen der anderen Völker. Daß im AT auch gar nichts dem interreligiösen Dialog Ähnliches anklinge...nein, das kann nicht mehr unsere Welt sein.

Eine ganz gebildete Theologin erklärte mir gar, daß das 2.Vaticanum mit seinem Begriff der „Hierarchie der Wahrheiten“ zum Ausdruck bringen wolle, daß nicht alle Schriften der Bibel gleich bedeutungsvoll seien. Das AT sei nach diesem Reformkonzil als völlig unwichtig anzusehen und die Paulusbriefe, da sie so frauenfeindlich seien, als weniger wichtig als die Evangelien. Deshalb schätze sie dies Reformkonzil.

Generell enthalte das AT darüberhinaus vieles, was wir heute ob des Progresses der Wissenschaften als nicht mehr akzeptabel erachten müssen, so etwa alle Aussagen zur Sexualität, der Homosexualität isb. Auch sei das Gottesbild des AT oft sehr naiv, als wenn Gott Naturkatastrophen bewirke (die Sintflut etwa) oder daß er direkt in der Geschichte wirke.

Das AT präsentiere uns so eine Vielzahl von Gottesbildern , die uns Heutigen nicht gefallen können und so abzulehnen seien. Es gälte nämlich, unser Leben fördernde Gottesbilder zu kreieren. Das schlösse jede Rede von einem Zorn Gottes, einem strafenden Gott, einem Gott, der andere Religionen als Götzendienst herabwürdigt, aus.

Auf die Anfrage, wie man es dann mit der Johannesapolalypse hielte, erfolgt dann in der Regel die nun nicht mehr verblüffende Antwort, daß das wohl das „Letzte“ sei. Eine Theologin erklärte gar, daß die Kirche schwer irrte, als sie dies Buch in den Kanon aufnahm. Völlig inakzeptabel, da inkompatibel mit Jesu Liebesgott, lautet das Mehrheitsvotum.

Also bleibt uns nur noch Jesus. „Wenn eure Gerechtigkeit nicht viel größer ist als die der Pharisäer und Schriftgelehrten, dann werdet ihr nicht eingehen in das Reich Gottes.“- dieser Kernsatz der Bergpredigt Jesu, der könne aber auf keinem Falle von Jesus stammen, denn so etwas Liebloses hätte er nie gesagt. So seien dann auch alle Gerichtsreden Jesu nachösterliche Gemeindeerdichtungen, die auch nicht von ihm stammen können, denn er kenne nur den Gott der Liebe.

Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet, wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“-ein Diplomtheologe erklärte, daß das niemals in der Bibel stehen könne, und als ich ihm dann die Stelle anzeigte, Mk16,16, erklärte er ganz irritiert, daß das kein echtes Jesuswort sein könne und daß es so für uns belanglos wäre.Das NT enthalte eben viel für uns Heutigen Unzumutbares, aber wir seien eben auch keine Biblizisten.

So habe Paulus, dann aber auch der Hebräerbrief manches sehr Fragwürdiges über das Kreuz Christi als Sühnopfer geschrieben, eine damals wohl zeitgemäße Vorstellung, die für uns aber völlig inakzeptabel sei, denn der Gott der Liebe würde niemals ein Opfer wollen und somit auch kein Priestertum. Die ganze Geschichte der Kirche sei ja ein einziger Abfall von dem Liebesgott, den Jesus allein verkündigt hätte.

Eigentlich bestünde so die einzig relevante Aussage des NT in der, daß Gott als die Liebe alle Menschen und alle Tiere liebe. Alles andere der Bibel sei zeitbedingt und für uns nicht mehr relevant.


Das erkenntnistheoretische Prinzip dabei ist, daß als wahr nur gelten kann, was mir gefällt. Genauer gesagt ist es dann für mich wahr und das reiche ja aus, denn für jeden gäbe es andere Wahrheiten. Jeder habe jede zu tolerieren, denn keine Vorstellung dürfe verabsolutiert werden. Deshalb sei auch das Johannesevangelium mit Vorsicht zu genießen, zumal es ja schon so philosophisch (=antireligiös) anfange mit dieser himmelsstürmerischen Spekulation über den göttlichen Logos. Das sei nicht christlich, denn christlich sei nur der „Barmherzige Samariter“.

Die erschreckende Naivität dieses theologischen „Denkens“ ist die Meinung, daß nur das mir Gefallene auch wahr ist, daß wir eben eine Vielzahl von Gottesbildern haben, von denen jeder das ihm Genehme sich erküren könne, wie in einem Verbrauchermarkt, in dem ich ja auch nur das in meinen Warenkorb lege, was mir zusage. Genau so könne und solle sich ein jeder seinen persönlichen Glauben zusammenbasteln, auf daß er ihm auch wirklich gefalle.

 

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