(auch ein Versuch einer Metaphysik des Staates- wozu ist er da?)
Soll die Bedeutung für das Heilsgeschehen des Karfreitages von Pontius Pilatus begriffen werden, nicht als Privatperson sondern als Amtsperson, als ein Subjekt, das im Namen des Römischen Staates agiert, dann ist ein sicherer Weg der, zu konstruieren, wie der Karfreitag ohne ihn ausgesehen hätte (und auch ohne den jüdischen Hohepriester Kaiaphas), denn dann können wir uns an der Steinigung des ersten christlichen Märtyrers, des hl. Stephanus orientieren.
Jesus predigte in Jerusalem und empörte Juden steinigten ihn darauf, aber nach drei Tagen stünde er dann, wie es uns der Erscheinungsberichte erzählen, von den Toten auf, um den Seinen zu erscheinen. Er wäre ein Mensch gewesen, der nach unserem heutigen Urteil aus religiöser Intoleranz gelyncht worden wäre, den Gott aber für sein mutiges Bekennen mit der Auferweckung belohnt hätte. Eine Heilsbedeutung hätte sein Tod nur insofern gehabt, als daß daraus die Hoffnungsbotschaft derivierbar wäre, daß Gott jeden, der um der Wahrheit willen sein Leben verliert als Märtyrer auf eine Auferweckung hoffen dürfe.
Was ändert sich nun aber durch das Mitwirken des Staatsbeamten Pilatus an diesem Geschehen? Jesu Tötung wird in den Raum des Rechtes eingezeichnet. Wo der Staat Recht spricht, kann er auch Unrecht sprechen, aber gerade das Urteil, hier sei jemand zu Unrecht zu Tode verurteilt, bestätigt ja, daß dies Geschehen nun in dem Raume des Rechtes verortet ist.
Ein Todesurteil setzt ein Verbrechen juristisch gesprochen voraus, das so schwer ist, daß dafür die Todesstrafe angemessen ist. Hat Jesus ein solches begangen und hat ihn dann der Staatsdiener rechtens zu Tode verurteilt? (Ich setze hierbei die Rechtmäßigkeit der Möglichkeit der Todesstrafe in Übereinstimmung mit der hl. Schrift und der Lehre der Kirche gegen Papst Franziskus voraus.) Die Antwort fällt spontan leicht: Es war ein eindeutiger Justizirrtum; Pilatus ließ sich durch die aufgebrachte Volksmenge zu diesem Fehlurteil verführen- wo Recht gesprochen werden sollte, lieferte er den Unschuldigen der Lynchjustiz aus.
Diese spontane Antwort ist wahr und doch auch unwahr. Denn der Unschuldige, der war der, der als „Sündenbock“ die ganze Schuld der Menschen auf sich nahm, sie zu seiner eigenen machte und daraufhin die Strafe erlitt. Das ist vergleichbar mit jemandem, der erklärt, daß er für alle Schulden seiner Freunde aufkomme und der sie dann auch bis zum letzten Pfennig abzuzahlen hat, obzwar es gar nicht die seinigen sind. Pilatus meint, einen Unschuldigen zu verurteilen, aber aus politischen Erwägungen heraus ist er bereit, diesen Unschuldigen als Bauernopfer dem Volke auszuliefern, um es ruhig zu stellen. Aber er verurteilt objektiv geurteilt genau den, der alle menschliche Schuld auf sich genommen hat, sie zu der seinigen gar gemachr hat. Der Staat ist nun mal die Schwertgewalt, die nach Gottes Ordnung die Vollmacht hat, mit dem Schwert der Gerechtigkeit zu dienen. Das heißt immer auch, den Verbrecher zu strafen und Schwerstverbrecher mit dem Tode.
So verurteilt Pilatus den Gerechten rechtens, weil der Gerechte sich selbst zum Ungerechten gemacht hat, indem er alle Schuld der Welt auf sich nahm und somit auch die Strafe, die eigentlich den Menschen als Sünder zu treffen hätte. Das ungerechte Urteil ist so geradezu das gerechteste, denn in Jesus straffte er ja alle menschlichen Verbrechen.
Daß der Staat organisierte Gewalt ist, ist offenkundig, sie erscheint uns als Polizei- und als Militärgewalt. Was weniger offenkundig ist, daß diese Gewalt Gott in den Dienst der Gerechtigkeit stellt. Am Kreuz Christi wird dies aber offenbar. Der Kreuzestod Jesu Christi gehört in die Sphäre des Rechtes, für das Gott die Ordnung des Staates eingesetzt hat. Daraus erst ergibt sich die spezifisch soteriolgische Bedeutung des Kreuzes: Gott spricht durch dies Todesurteil selbst Recht, indem er den, der sich die Sünde aller auflud, indem er sie ans Kreuz trug, strafte. Gottes Zorn über die Sünden der Menschen entlud sich so auf seinen eigenen Sohn, um die Menschen zu verschonen. Daraus wird deutlich, daß der Kreuzestod Jesu kein einfacher Märtyrertod war, sondern ein, nein das Sühnewerk schlechthin, daß Gottes Gerechtigkeit forderte.
Eine Präfiguration dieses göttlichen Todesurteiles findet sich im Alten Testament, 4.Mose 25,4, wo es heißt: Gott sagte zu Mose: „Nimm alle Häupter des Volkes, und hänge sie im Angesichte der Sonne an Galgen, damit mein Grimm sich von Israek abwende.“ „in patibulis“ könnte aber auch mit: an Kreuzen übersetzt werden, dann wird der präfigurative Charakter noch deutlicher. Gott will den Tod einiger, um die Vielen zu verschonen. So deutete ja schon der Hohepriester seinen Rat, Jesus den Römern auszuliefern, um das jüdische Volk vor dem Zorn der Römer zu schützen.
Daß Gott ein Gott der Gerechtigkeit und nicht einfach nur einer der Liebe ist, das beweist das Kreuz Christi. Darum übernimmt auch der Staatsdiener Pilatus in diesem Heilsgeschehen eine so gewichtige Rolle - er steht dafür, daß im Kreuz Recht gesprochen wird und zwar göttliches. Das zeigt aber auch, wie sehr die Ordnung des Staates selbst eine göttliche ist, daß Gott eben nicht nur durch seine Kirche sondern auch durch das Schwert des Staates die Welt regiert.
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