Gott ist notwendig als allmächtig zu denken, denn ein „Gott“, der nicht allmächtig wäre, wäre kein Gott. (In der Science-Fiction Literatur, etwa den Perry Rhodan Romanen treten „Superintelligenzen“, „Kosmokraten“ und „Chaotarchen“ auf, fast allmächtige aber eben nicht allmächtige Subjekte, vorgestellt als Höchstformen evolutionärer Entwickelung. Deshalb sind sie keine Götter.) Wenn nun aber eine Mehrzahl von allmächtigen Göttern vorgestellt, die sich adversativ untereinander verhielten, dann limitierten sie sich wechselseitig in ihrer Macht und könnten so nur allmächtig wirken, wenn sie untereinander sich eins wären.
Im Monotheismus ist so Gott notwendigerweise als allmächtig zu denken. So darf auch nicht behauptet werden, daß der Satan als Antigott Gottes Allmacht limitierte. Die christliche Religion vertritt einen relativen Dualismus, daß das Negative, der Teufel Gott subordinert ist und so nur soweit wirken kann, wie es der Allmächtige zuläßt. Also kann Gott alle Gebete erhören, nur will er auch alle Gebete erhören?
Ein Bankräuber, ein Tag vor dem nächsten nächtlichen Einbruch, wenn der nun betete: Gott hilf mir, daß ich erfolgreich sein werde und eine gute Beute erziele!, ist es vorstellbar, daß Gott dies Gebet erhört? Der Gott der christlichen Religion gewiß nicht. Abstrakter formuliert: Verkehrte Gebete erhört Gott nicht. Aber was sind nun „verkehrte“. Die spontane Antwort, andere mögen vielleicht so verkehrt beten, ich aber gewiß nicht, ist die pharisäische Antwort auf diese Frage: nur die Gebete anderer erhört Gott nicht, denn die könnten auch verkehrt beten, was ich aber nie tue. Stattdessen ist zu fragen: Könnte mein Gebet in Gottes Urteil ein verkehrtes sein, sodaß es deswegen bei ihm keine Erhörung findet?
Ein magisches Mißverständnis liegt nun nahe: Bete ich richtig, dann wird Gott mich erhören. Gott würde dann, wenn richtig gebetet wird nicht gebeten sondern beschworen. Beschwören meint hier dann, daß der Mensch durch die magische Praxis Gott in seinen Dienst nimmt, daß Gott das dann wirken muß, was ich will. Durch magische Praktiken werden übernatürliche Kräfte instrumentalisiert. Dabei müssen diese Kräfte nicht unbedingt als apersonal vorgestellt werden, auch personal vorgestellter Wesen könnte der Mensch sich durch die Magie bemächtigen. Das Kind würde nun mit dem Badewasser ausgeschüttet, würde nun geschlußfolgert, um das Beten radical von jeder Magie zu unterscheiden, daß der allmächtige Gott keine Gebete erhören können. Der Beweisgang lautet dann im Kern so: Weil Gott als das vollkommen Gute immer nur das vollkommen Gute will und realisiert, kann er keine menschlichen Gebete erhören, weil er sein Wollen und Wirken nicht ändern kann. Er kann ja immer nur das vollkommen Gute wollen.
Damit erschließt sich nun ein weiteres Moment der Vorstellung des Gebetes, Nicht nur, daß Gott als Allmächtiger Gebete erhören kann, er kann auch ein Gebet zum Anlaß nehmen, etwas zu wollen und zu wirken, was er nicht wollte, wenn er nicht darum gebeten würde. Gott ist also so denknotwendig als nicht durch sich selbst determiniert zu denken, sodaß er nicht auf anderes als sich selbst kontingent reagieren könnte. Das Gebet ist also eine kommunikative Praxis, eine asymmetrische Kommunikation, in der aber das menschliche Gebet von Gott erhört werden kann, daß er nun etwas will, weil er darum gebeten wurde. Magisch verzehrt würde das Gebet aber, wenn gemeint wird: Bete ich nur richtig, dann muß mich Gott erhören.
Will Gott nun jedes Gebet erhören? Eine christliche Antwort könnte lauten, daß uns die Verheißung gegeben sei, daß Gott unser Beten erhören wird, beten wir nur im Namen Jesu. Aber offenkundig wird Gott gewiß unser Beten nicht erhören, beteten wir um etwas Unmoralisches, etwa: Gott hilf, daß ich erfolgreich betrüge! Aber die christliche Gebetspraxis kennt viele Fälle nichterhörter Gebete, die nicht Gebete um Unmoralisches waren- und jeder wird auch in seinem eigenen Gebetsleben diese Erfahrung gemacht haben.
Eine mögliche Antwort könnte lauten: Was immer ein Christ betet, er betet immer für sich und/oder für andere um etwas Gutes. Der Betende hat eine Vorstellung von dem,was für ihn oder den Anderen das Gute ist. Das, worum er als das Gute gebeten hat, erhört Gott dann nicht, weil das von uns als Gutes Vorgestelltes gar nicht das Gute war. So erfüllt Gott Gebete um etwas Gutes, indem er statt dessen, was der Beter als das Gute sich vorgestellt hatte, das wirklich Gute wirkt. So erhört Gott, indem er (scheinbar) nicht erhört . Hat so Gott etwa Jesu Gebet, laß den Kelch des Kreuzes an mir vorübergehen, nicht erhört, weil es das Gute gewesen war, daß Jesus gekreuzigt wurde und so hat er es doch erhört, weil Jesus um das Gute für ihn bat und das wirkte Gott, indem er den Sohn den bitteren Kelch auszutrinken gab?
Wenn aber Gott auf die Gebete des Königs Saul nicht mehr hört, er ihm nicht mehr durch die Priester eine Antwort auf seine drängenden Fragen gibt, sodaß er in seiner Verzweifelung zu einer Totenbeschwörerin seine Zuflucht nimmt, um sein Schicksal zu erkunden, dann ist das keine Erhörung. Die bittere Wahrheit: Gott hat seinen König Saul verstoßen ob dessen Sünden, er kommuniziert so nicht mehr mit ihm. Auch einen solcher Kommu-nikationsabbruch durch Gott ist so eine Möglichkeit im Gebetsleben.
Wir würden Gott zu einem Automaten degradieren, schlössen wir diese Möglichkeit völlig aus, als müßte Gott, wenn wir nur beteten und wenn es nicht gar offensichtlich etwas Unmoralisches ist, um das wir beten, immer unsere Gebete erhören. Gott ist der Herr über unsere Gebete, die er auch verwerfen kann. Es sei an König Davids Gebetsnacht erinnert: Eine ganze Nacht hindurch flehte er zu seinem Gott, verschone mein Kind, töte es nicht!, aber sein Gott tötete es als Strafe für Davids Sünde: Er hatte den Ehemann der Frau töten lassen, die er dann selbst ehelichen wollte.
Gott kann und will Gebete erhören. Nur, was muß bezüglich der Möglichkeit einer Gebetserhörung gedacht werden, damit das Erhören nicht mit einem Funktionieren oder gar Beherrschen Gottes verwechselt werden kann? Erhörte Gott jedes Gebet, wäre dann dies Erhören noch von einem Beherrschen Gottes, eines in Dienstnehmens, sodaß Gott wie ein perfekter Kaffeeautomat immer funktionierte, noch zu distinguieren?
Zu erwägen ist so diese These, daß notwendig zum Erhören das Nichterhören von Gebeten dazugehört, weil sonst das Beten faktisch zu einer magischen Praxis würde? Das Herrsein Gottes über alles menschliche Beten erwiese sich so gerade darin, daß Gott auch Gebete nicht erhört, damit dann auch wieder Gebete von ihm erhört werden und vom Beter als erhörte wahrgenommen werden können, daß Gott eben erhört und nicht magisch beschworen wird durch das menschliche Beten.
Corollarium 1
Vorherrschend ist aber in der nachkonziliaren Theologie der Trend, Gott das Vermögen, Gebete zu erhören, gänzlich abzusprechen. Vgl dazu mein Buch: Der zensierte Gott. Der Modernismus verträgt eigentlich nur noch einen Zuguckgott, der nur noch vor sich hinbrummelt: Euch alle hab ich lieb!
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